Erbrecht-Ratgeber: Gesetzliche Erbfolge - Wer erbt was, wenn kein Testament vorliegt?
(Lesezeit: ca. 4 Minuten)
Die gesetzliche Erbfolge orientiert sich am Abstammungsprinzip und ordnet die Erben nach Verwandtschaftsgraden. Die Standardlösung des Gesetzes führt in klassischen Familienkonstellationen oft zum gewünschten Ergebnis. In vielen Fällen ist aber eine testamentarische Verfügung nötig, um den Ehe- oder Lebenspartner abzusichern und zu verhindern, dass entferntere Verwandte miterben.
Inhalt
- Was ist die gesetzliche Erbfolge und wann tritt sie ein?
- Erben der ersten Ordnung
- Erben der zweiten, dritten und vierten Ordnung
- Erbrecht für Ehegatten und Lebenspartner
- Nachteil der gesetzlichen Erbfolge
- Wer sollte Anordnungen treffen?
Das Wichtigste in Kürze
- Wenn der Erblasser keine testamentarische Verfügung hinterlässt, tritt die gesetzliche Erbfolge nach §§ 1924 ff. BGB ein.
- Es gilt ein Ordnungsprinzip nach Verwandtschaftsgraden: Kinder und Enkelkinder zählen zur ersten Ordnung, die zweite Ordnung bilden die Eltern und ihre Nachkommen, die dritte Ordnung die Großeltern und ihre Abkömmlinge.
- Ein Erbe der kleineren Ordnung schließt die entfernteren Verwandten aus. Wenn ein Erbe bereits verstorben ist, treten dessen Kinder an seine Stelle (Repräsentationsprinzip).
- Daneben haben auch Ehegatten und eingetragene Lebenspartner ein gesetzliches Erbrecht von mindestens einem Viertel neben Kindern und mindestens der Hälfte neben Erben der zweiten Ordnung.
1. Was ist die gesetzliche Erbfolge und wann tritt sie ein?
Wenn jemand verstirbt, ohne ein Testament oder einen Erbvertrag zu hinterlassen, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Das BGB enthält in den §§ 1924 ff. detaillierte Bestimmungen zur Rangfolge, nach der die Verwandten und Ehegatten dann Erben werden und welche Quoten sie erhalten. Das Gesetz teilt die Verwandten in mehrere Ordnungen ein, die erste Ordnung schließt die zweite aus, die zweite wiederum die dritte. Sofern also ein Erbe der kleineren Ordnung vorhanden ist, kommen die weiter entfernten Verwandten nicht als Erben in Betracht.
2. Erben der ersten Ordnung
An erster Stelle stehen die Erben der ersten Ordnung, das sind die Kinder und Enkelkinder des Verstorbenen (§ 1924 BGB). Adoptivkinder und uneheliche Kinder haben die gleiche Rechtsstellung wie leibliche, eheliche Kinder. Nach dem sogenannten Repräsentationsprinzip schließen die Personen der vorigen Generation die der nachfolgenden aus. Wenn also jemand ein Kind und Enkelkinder hat, erbt nur das Kind, nicht aber die Enkelkinder. Nur falls ein Erbe bereits verstorben ist, treten dessen Kinder an seine Stelle.
Beispiel: Witwer Paul stirbt. Er hatte zwei Söhne, Karl und Gustav. Gustav ist bereits tot, seine zwei Kinder Gerda und Grete leben noch. Paul wird zur Hälfte von seinem Sohn Karl und zu je einem Viertel von den Enkelinnen Gerda und Grete beerbt.
3. Erben der zweiten, dritten und vierten Ordnung
Ist kein Erbe der ersten Ordnung vorhanden, kommen die Erben der zweiten Ordnung zum Zug, das sind die Eltern und deren Abkömmlinge, also die Geschwister, Neffen und Nichten des Verstorbenen (§ 1925 BGB). Wenn jemand unverheiratet und kinderlos stirbt, erben seine Eltern je zur Hälfte. Ist ein Elternteil schon tot, treten die Geschwister an dessen Stelle. Entsprechend geht es mit den Erben der dritten Ordnung weiter, dazu zählen die Großeltern und deren Abkömmlinge (§ 1926 BGB). Schließlich bilden die Urgroßeltern und deren Nachkommen die Erben der vierten Ordnung. Wenn kein Ehepartner und keine Verwandten vorhanden sind, fällt der Nachlass an den Staat, das heißt, an das Bundesland, in dem der Erblasser seinen Wohnsitz hatte.
4. Erbrecht für Ehegatten und Lebenspartner
Auch Ehegatten und eingetragene Lebenspartner haben ein gesetzliches Erbrecht (§ 1931 BGB, § 10 LPartG), dessen Höhe sich danach richtet, in welchem Güterstand die Partner gelebt haben und welche weiteren Erben vorhanden sind. Der Ehegatte erbt grundsätzlich ein Viertel neben den Kindern. Im Regelfall der Zugewinngemeinschaft wird das Viertel verdoppelt, um den Zugewinnausgleich zu vollziehen. Dann erbt der Ehepartner die Hälfte, die Kinder erben die andere Hälfte. Sind keine Kinder vorhanden, aber Verwandte der zweiten Ordnung, erbt der Ehegatte mindestens zur Hälfte.
5. Nachteil der gesetzlichen Erbfolge
Viele Ehegatten oder Lebenspartner möchten, dass der Überlebende weiterhin im gemeinsamen Haus wohnen kann. Da nach der gesetzlichen Erbfolge die Kinder neben dem Ehegatten erben, gelangt das Haus nicht automatisch ins alleinige Eigentum des anderen Partners. Im schlimmsten Fall muss die Immobilie veräußert werden, damit der Erbteil der Kinder ausbezahlt werden kann. Paare, die sich gegenseitig absichern möchten, sollten daher einen Erbvertrag aufsetzen und die gemeinsamen Kinder erst als Schlusserben nach dem Tod des zweiten Ehegatten einsetzen.
6. Wer sollte Anordnungen treffen?
Die gesetzliche Erbfolge bietet eine Standardlösung an, die in vielen Fällen zu einer gerechten Verteilung führt. Wer etwa zwei Kinder und keinen Ehepartner mehr hat und damit einverstanden ist, dass jedes Kind die Hälfte erbt, muss sich keine Gedanken um ein Testament machen. Wenn aber ein Ehegatte oder Lebenspartner voraussichtlich neben Kindern oder Eltern und Geschwistern des anderen erben wird, ist eine Regelung zur Sicherung des überlebenden Partners sinnvoll. Unverheiratete Paare, die kein gegenseitiges gesetzliches Erbrecht haben, müssen unbedingt testamentarische Anordnungen treffen, um sich etwas zu hinterlassen.
Bildnachweis: © fotolia.com - M. Schuppich
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