Frage zum zukünftigen Erbe, wenn der Bruder verstorben ist.
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Neumann,
gerne möchte ich mich wieder vertrauensvoll an Sie wenden, um eine aktuelle Sachlage bezüglich einer Erbsache durch Ihr Wissen untermauern zu lassen. Es geht dabei um einen Bekannten. Bei diesem Bekannten leben noch beide Elternteile, die jeweils über 80 Jahre alt sind. Sein einziger und jüngerer Bruder (es gibt keine weiteren Geschwister sonst mehr), ist letzte Woche unerwartet an einem Schlaganfall verstorben.
Es gab schon vor dem Tod des jüngeren Bruders Streitigkeiten um das zukünftige Erbe und wem was wohl zustehen würde und sollte, sobald die beiden Eltern nicht mehr am Leben wären. Dies konnte die letzten 20 Jahre nie richtig zwischen den Eltern und den beiden Geschwistern geklärt werden, was zu ständigem Unfrieden zwischen den beiden Brüdern führte. Denn es war nichts richtig vorab zu regeln und abzustimmen, da es eben auch um Grundstücke und Gebäude ging, sprich um einen landwirtschaftlichen Betrieb und die dazugehörigen Felder, etc. auf die die beiden Brüder jeweils denselben Anspruch erhebten.
Und im Zuge all dieser Erbauseinandersetzungen ist nun der jüngere Bruder, wie schon erwähnt, verstorben. Und nun ist die Frage für den Bekannten, ob die Ehefrau seines verstorbenen Bruders einen Anspruch auf das zukünftig zu erwartende Erbe der Eltern Ihres Gatten hat? Bzw. Erbauseinandersetzungen im Namen Ihres Gatten weiterführen kann?
Wir hätten dazu von Ihnen gerne eine Stellungnahme, mit den dazugehörigen Paragrafen, wie sich die aktuelle rechtliche Sachlage dazu darstellt? Und unter welchen Umständen wäre das dann juristisch darzustellen, dass die Ehefrau des verstorbenen Bruders keinen Anspruch auf dieses zukünftige Erbe hat? Also auf welchen Paragrafen müsste sich der Bekannte da beziehen?
Falls Sie noch weitere Frage zu dem Sachverhalt haben sollten, schreiben Sie mich diesbezüglich gerne an. Ich werde dann meinen Bekannten dazu kontaktieren und befragen.
Herzlichen Dank für Ihre Ausführungen dazu.
Mit freundlichen Grüßen, A. M. aus C.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Roger Neumann
Sehr geehrter Fragesteller,
gern beantworte ich Ihre Fragen. Wenn etwas unklar bleibt oder im Falle von Missverständnissen können wir das im Rahmen der Rückfragefunktion schnell und unkompliziert klären.
1. Es gibt zunächst einmal von vornherein keinen Anspruch darauf, dass zu Lebzeiten Regelungen hinsichtlich eines künftigen Erbes getroffen werden. Solange also die Eltern Ihres Bekannten noch leben, hat die Witwe seines Bruders schon aus diesem Grund keinen Anspruch auf eine wie auch immer geartete Regelung.
2. Bei meiner weiteren Antwort unterstelle ich, dass keine Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) existiert und dass der Bruder Ihres Bekannten keine Abkömmlinge (Kinder oder Enkel) hinterlassen hat.
3. Beim Tod der Eltern oder eines Elternteils gehört die Witwe des Bruders nicht zu den gesetzlichen Erben. Nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils ist Ihr Bekannter gemeinsam mit dem länger lebenden Elternteil Erbe. Nach dem Tod des länger lebenden ist er allein gesetzlicher Erbe. Die Witwe des Bruders hat keine Ansprüche.
Dies ergibt sich aus den Regeln über die gesetzliche Erbfolge nach § 1924 ff BGB und das Ehegattenerbrecht nach § 1931 BGB.
Gesetzliche Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers. Das ist hier nach dem Tod des Bruders ausschließlich Ihr Bekannter.
Es gibt keine Regelung, wonach die Witwe des Bruders an seine Stelle treten würde. Sie ist zwar Erbin des Bruders, erbt aber von diesem nur das, was ihm bereits bei seinem Tod gehörte. Der Erbanspruch auf das Erbe nach dem Tod der Eltern entsteht erst mit deren Tod. Er kann daher vorher nicht vererbt werden. Die Witwe hat daher keine Ansprüche auf ein späteres Erbe nach dem Tod der Eltern. Das ist eine eindeutige Sache.
4. Bei den Streitigkeiten zwischen den Brüdern handelte es sich streng genommen nicht um „Erbstreitigkeiten“, es ging dabei - so wie ich es verstehe - um den Versuch bereits vor dem Tod der Eltern eine Regelung zu treffen. Noch einmal: es gab bereits zu Lebzeiten des Bruders weder eine Verpflichtung Ihres Bekannten noch eine Verpflichtung seiner Eltern, auf den Wunsch nach einer lebzeitigen Regelung einzugehen.
Weil die Witwe zudem keinen Erbanspruch hat, gibt es keinerlei Veranlassung, mit ihr weiter über diese Dinge zu reden.
5. Das Fazit ist also, dass Ihr Bekannter etwaige Diskussionen zu dem Punkt schnell beenden kann. Sofern kein die Witwe begünstigendes Testament vorhanden ist oder noch erstellt wird, hat sie keine Ansprüche.
Ich hoffe, Ihre Fragen beantwortet zu haben. Wenn noch etwas unklar ist und Sie noch Fragen haben, zögern Sie bitte nicht, von der kostenlosen Rückfragemöglichkeit Gebrauch zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Roger Neumann
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herzlichen Dank für Ihre schnelle Antwort und die ausführliche Erkkärung. Danke auch für die Möglichkeit einer Nachfrage. Habe tatsächlich noch eine Frage. Der Verstorbene Bruder meines Bekannten hat doch 2 leiblich Kinder mit seiner Ehefrau. Entschuldigen Sie bitte, dass ich daran nicht gedacht hatte, dies in meinem ersten Schreiben an Sie zu erwähnen.
Inwiefern wirkt sich dies in der aktuellen Situation aus, beziehungsweise, wie gestalten sich der Ablauf und die Erbansprüche, sobald der erste Eltenteil der beiden Brüder stirbt und dann der andere. Welche Ansprüche hätten da die Kinder des verstorbenen Bruders auf das Erbe der Großeltern?
Herzlichen Dank für Ihre Antwort dazu. In Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
A. M.
gern beantworte ich Ihre Nachfrage.
Solange die Eltern ihres Bekannten noch leben, ändert sich nichts: kein Beteiligter hat einen Anspruch darauf, dass zu Lebzeiten Regelungen hinsichtlich eines künftigen Erbes getroffen werden.
Beim Tod der Eltern Ihres Bekannten oder eines Elternteils treten die beiden Kinder des Bruders in der Erbfolge an dessen Stelle, § 1924 Abs. 3 BGB. Für den Fall einer Enterbung hätten sie auch Pflichtteilsansprüche nach § 2303 BGB. Sie sind bei Vorliegen der Voraussetzungen auch pflichtteilsergänzungsberechtigt nach § 2325 BGB.
Früher oder später wird also das Problem der Auseinandersetzung auf die Beteiligten zu kommen.
Das hauptsächliche Interesse in Konstellationen wie der von Ihnen geschilderten liegt häufig darin, den überlebenden Ehegatten durch geeignete testamentarische Regelungen so weit wie möglich vor Erb- und Pflichtteilsansprüchen der nächsten Generation zu schützen. Den Eltern Ihres Bekannten kann daher nur empfohlen werden, hierfür umfassenden anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen. Dies sollte nach der ersten Phase der Trauer, die für gewöhnlich einige Wochen dauern kann, ernsthaft erwogen werden.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben, wenn noch etwas unklar ist, fragen Sie einfach noch einmal nach.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Roger Neumann