Verzugsschaden
Beantwortet von Rechtsanwältin Jenny Weber in unter 2 Stunden
Fragestellung
Ich habe bei dem Stromlieferanten für mein Mietshaus eine Abrechnung zum 31.03.2013 verlangt, da meine Mieter ausgezogen sind und ich abrechnen muss. Diese habe ich Anfang April angefordert.
Nach etlichen E-Mails und zig anrufen habe ich bis heute keine Abrechnung erhalten. Um die ein wenig unter Druck zu setzen, habe ich im Mai den Abschlag zurück gehen lassen. Am nächsten Tag bekam ich schon die Mahnung. Am 31.05.2013 habe ich dann den Abschlag an den Stromlieferanten überwiesen. Und heute bekam ich die Rechnung von einem Inkassobüro über 110,47 Euro. Muss ich das bezahlen? Was soll ich tun?
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Antwort von Rechtsanwältin Jenny Weber
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich hiermit wie folgt beantworte:
Indem Sie die Abschlagszahlung für Mai reduzierten, gerieten Sie leider um diesen reduzierten Betrag in Verzug. Sind Abschlagszahlungen zu dem vom Versorgungsunternehmen bestimmten Zeitpunkt spätestens an einem bestimmten Kalendertag zu bezahlen, kommt der Kunde auch ohne Mahnung in Verzug, wenn er nicht zu diesem Zeitpunkt leistet. Dies ist bei jedem mir bekannten Stromlieferungsvertrag der Fall. Den genauen Termin, wann die Abschlagszahlungen fällig sind, können Sie den Vertragsunterlagen entnehmen. Der Stromlieferant war dementsprechend auch nicht verpflichtet, Ihnen zunächst eine Mahnung zuzuschicken. Da Sie sich bereits in Verzug befanden und eine verzugsbegründende Mahnung nicht mehr notwendig war.
Sie hatten leider auch keinen Anspruch darauf, die Abschlagszahlung zu kürzen, da der Stromlieferant nicht verpflichtet war, eine Zwischenabrechnung zu erstellen. Vertraglich hat sich der Stromlieferant Ihnen gegenüber dazu verpflichtet, ein Mal im Jahr abzurechnen. Eine entsprechende Aufschlüsselung bzw. Aufteilung der Kosten Ihren Mietern gegenüber obliegt Ihnen. Sie sind auch Ihren alten Mietern gegenüber nicht verpflichtet, unmittelbar nach Auszug abzurechnen. Vielmehr dürfen Sie sich damit Zeit lassen, bis auch Ihnen gegenüber abgerechnet wurde. Ob Ihnen jedoch in den Vertragsbedingungen, was ich für sehr unwahrscheinlich halte, evtl. doch ein Recht auf Zwischenablesung eingeräumt wurde, müssten Sie selbst aus den Vertragsbedingungen entnehmen.
Wenn sich nun der Vertragspartner in Verzug befindet, Neben können grundsätzlich die weiteren Kosten der Rechtsverfolgung als Verzugsschaden geltend gemacht werden. Dazu zählen auch die Kosten für ein Inkassounternehmen. Demnach wären Sie auch grundsätzlich dazu verpflichtet, diese Kosten für das Inkassounternehmen als Verzugsschaden zu erstatten, soweit diese nicht überhöht sind. In Ihrem Falle dürfte müsste hier genau geprüft werden, ob eine Überhöhte Forderung vorliegt. 110 Euro erscheinen mir auf den ersten Blick für einen fälligen Teilabschlagsbetrag doch überhöht. Letztendlich ist für eine genaue Auskunft jedoch notwendig zu wissen, welchen Betrag Sie zunächst einbehalten haben.
Dennoch würde ich Ihnen zunächst anraten, dem Stromlieferanten gegenüber abzustreiten, dass die Einschaltung des Inkassounternehmens und die damit verbundenen Kosten erforderlich waren, denn ein Inkassounternehmen darf nicht ausschließlich zur Erhöhung der Kosten eingeschaltet werden. Ein solches Unternehmen darf nach der Rechtsprechung nur eingeschaltet werden, um den Schuldner zur Zahlung zu bewegen. Sie haben hier letztendlich doch „freiwillig“ gezahlt. Sie waren also zahlungswillig und auch zahlungsfähig. In einem solchen Falle hätte der Stromlieferant im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht zunächst selbst versuchen müssen, Sie zur Zahlung zu bewegen. Eine Beauftragung des Inkassounternehmens war demnach hier weder erforderlich, noch zweckmäßig. Das Amtsgericht Brandenburg urteilte exakt so in seinem Urteil vom 23.07.2012 (Az: 37 C 54/12). Auch und gerade nach den Grundsätzen, die in diesem Urteil aufgestellt wurden, lohnt sich die Beitreibung von Geldforderungen mittels eines Inkassobüros in einem Fall wie Ihrem nicht, da die Beauftragung wirtschaftlich nicht sinnvoll war. Hierzu ein Zitat aus dem Urteil:
“Erforderlich wäre die Einschaltung eines Inkassounternehmens nämlich nur, wenn ohne die Einschaltung des Inkassounternehmens die Zahlung des Schuldners ausbleiben würde bzw. nicht die anderen preiswerteren Methoden ebenso erfolgversprechend sind.
Es ist also der gedankliche Gegenversuch anzustellen, ob bei Fortsetzung der Mahnbemühungen des Gläubigers, der Einleitung eines Mahnverfahrens oder der Einschaltung eines Rechtsanwaltes die Erfolgschancen geringer wären. Dies muss verneint werden. Vielmehr wird man sagen, dass gerade zahlungsfähige und -willige Schuldner dann erst recht gezahlt hätten.
Denn der Druck durch ein Rechtsanwaltsschreiben oder durch einen gerichtlich zugestellten Mahnbescheid, die auf den real drohenden Zwang durch ein gerichtliches Verfahren mit anschließender Zwangsvollstreckung verweisen, dürfte deutlich höher sein als das Schreiben eines seriösen Inkassounternehmens.”
Ob Sie nun die Kosten im Hinblick auf die Höhe und die Erforderlichkeit angreifen oder doch lieber bezahlen, hängt davon ab, wie und über welchen Zeitraum Sie sich mit dem Stromlieferanten noch auseinander setzen möchten. Sie haben hier die Möglichkeit, in den sauren Apfel zu beißen und die Inkassokosten zu zahlen, dafür aber „Ihre Ruhe“ zu haben. Sie können jedoch auch mit guten Gründen den Kostenansatz angreifen, müssen jedoch damit rechnen, dass der Stromlieferant die oben erfolgte Argumentation zumindest nicht sofort akzeptiert und sich mit Ihnen darum „streitet“. Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung besitzen, könnte auch geprüft werden, ob diese in einem solchen Fall die Kosten für einen Rechtsanwalt übernehmen würde.
Ich sehe hier gute Chancen, den Betrag für das Inkassounternehmen anzugreifen.
Ich hoffe, mit der Beantwortung Ihrer Anfrage, weitergeholfen zu haben
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Mit freundlichen Grüßen
Jenny Weber
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58 Euro erscheinen mir als berechnete Gebühr, welche sich bei Inkassounternehmen nach den fiktiven Rechtsanwaltsgebühren richten, korrekt. Dennoch bietet auch dieser Betrag wieder einen Anlass, die Notwendigkeit der Einschaltung, bzw. deren wirtschaftlichen Unsinn, anzugreifen. Man könnte hier argumentieren, dass es nicht gerechtfertigt sein, ein Inkassounternehmen ohne vorherige Mahnung einzuschalten, da die Kosten dafür nahezu die selbe Höhe erreicht haben, wie die eigentliche Forderung. Es sollte nicht Sinn und Zweck der Beitreibung von Beiträgen sein, dass die Rechtsverfolgungskosten die selbe Höhe Erreichen, wie der geschuldete Betrag.
Nun wenn bisher die Abschläge immer abgebucht wurden, eine Abbuchung also als Zahlungsmethode vertraglich vereinbart wurde und dies für Juni bisher nicht geschah, würde ich zunächst dort nachfragen. Die Gebühren abzubuchen obliegt allein dem Stromlieferanten. Wenn er dies nicht tut, geraten Sie auch nicht in Verzug mit der Zahlung. Sprechen oder schreiben Sie das Unternehmen freundlich darauf an und erfragen, wo nun das Problem mit dieser Abschlagszahlung liegt. Wenn Sie jetzt überweisen und der Stromlieferant seinen Fehler bemerkt und zusätzlich noch abbucht, haben Sie quasi 2 Mal gezahlt und müssten zunächst umständlich den zu viel gezahlten Betrag zurückfordern oder mit einer künftigen Forderung aufrechnen. Dies bereitet erstmal mehr Aufwand, als eine Aufforderung zur Abbuchung.
Mit freundlichen Grüßen
Jenny Weber
vielen Dank für die weitere Rückmeldung und verzeihen Sie bitte die verspätete Antwort darauf.
Nun diese Praxis, dass weitere Abbuchungen erst vorgenommen werden, wenn noch geschuldete Beträge gezahlt werden, erscheint zumindest äußerst fragwürdig. Dennoch scheint bezüglich des Julibetrages ja weder eine Mahnung erfolgt, noch ein Inkassounternehmen eingeschaltet worden zu sein. Fordern Sie den Stromlieferanten bitte auf, die zukünftig fälligen Forderungen wie gehabt von Ihrem Konto abzubuchen und weisen Sie Ihn darauf hin, dass die geschuldeten Forderungen aus dem Stromlieferungsvertrag (Teilabschlagszahlung für Mai) bereits ausgeglichen sind.
Bezüglich der Einschaltung des Inkassounternehmens kann ich grundsätzlich nur sagen, dass es auch trotz vorheriger Ankündigung gute Chancen gibt, dass Sie diese letztendlich nicht zahlen müssen. Das oben genannte Urteil bietet eine sehr solide Argumentationsgrundlage, die Einschaltung eines Inkassounternehmens in einem Fall wie Ihren grundsätzlich in Frage zu stellen. Zusammenfassend kann man sagen, dass das Gericht der Meinung ist, dass die Einschaltung eines solchen Unternehmens erst als letzte Möglichkeit zur Durchsetzung der Forderung dienen sollte und erklärt, dass es eher eine Ausnahme als die Regel darstellen sollte, sich eines solchen Unternehmens zu bedienen. Es ist allerdings zu erwarten, dass das Unternehmen versuchen wird, diese Kosten bei Weigerung zur Zahlung, gerichtlich geltend zu machen. Sie gehen daher schon ein finanzielles Risiko ein (Gerichtskosten, evtl. Anwaltskosten). Denn eine Garantie, dass Sie vor Gericht obsiegen werden, kann Ihnen niemand geben. Wären Sie rechtsschutzversichert, würde ich persönlich das Risiko eingehen und die Kosten nicht zahlen. Wenn Sie keine Rechtsschutzversicherung haben, würde ich den noch relativ geringen Betrag zahlen. Es ist sicherlich nicht "die feine Art", derartig zügig ein Inkassounternehmen einzuschalten, wenn Sie die Überweisung 1 Tag vor Ablauf der Frist vornahmen. Aber letztendlich ist es eine Kosten-Nutzen-Frage, wie man nun weiter verfährt.
Mit freundlichen Grüßen
Jenny Weber