Scheidungsrecht-Ratgeber: Wichtige Informationen rund um den Versorgungsausgleich und den Ehegattenunterhalt
Verfasst von unserem Rentenberater Roland Schömann
(Lesezeit: ca. 5 Minuten)
Wenn Sie sich scheiden lassen, werden die Versorgungsansprüche, die während der Ehezeit erworben wurden gleichmäßig zwischen den Ehepartnern aufgeteilt. Nach diesem Ausgleich haben Sie dann beide gleich hohe Versorgungsansprüche aus der Ehezeit. Was es im Bezug auf den Versorgungsausgleich zu beachten gibt, erfahren Sie in diesem Ratgeber.
Inhalt
- Arten des Versorgungsausgleichs
- Zeitliche Bestimmungen und nicht ausgleichsfähige Leistungen
- Ausgleich nur für die Ehezeit
- Höhe der Rentenanwartschaft
4.1 Klärung des Versichertenkontos
4.2 Ermittlung der Entgeltpunkte
4.3 Neue und alte Bundesländer / Knappschaftliche Rentenversicherung
4.4 Rentenversicherungsträger und Familiengericht
4.5 Hin- und Her-Ausgleich
Das Wichtigste in Kürze
- Der Versorgungsausgleich berücksichtigt alle Versorgungen, die Sie durch Berufstätigkeit oder Vermögen erworben oder aufrechterhalten haben.
- Leistungen mit Entschädigungscharakter sind nicht ausgleichsfähig.
- Aufgeteilt werden nur die Versorgungsanrechte, die Sie und Ihr Ehepartner in der Ehezeit erworben oder aufrechterhalten haben.
- Der Ausgleichswert entspricht bei Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung genau der Hälfte des Ehezeitanteils.
- Die Entscheidung über den Versorgungsausgleich trifft das Familiengericht.
1. Arten des Versorgungsausgleichs
Alle Versorgungen, die Sie durch Berufstätigkeit oder Vermögen erworben oder aufrechterhalten haben werden in den Versorgungsausgleich mit einbezogen. Dazu zählen insbesondere:
- Renten oder Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung
- Versorgungsehe oder Versorgungsanwartschaften aus einem Beamtenverhältnis
- Ruhegehälter oder Versorgungsanwartschaften aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen (z.B. für Lehrer an privaten Schulen, Dienstordnungsangestellte)
- Renten oder Anwartschaften von berufsständischen Versorgungseinrichtungen (z.B. für Ärzte, Rechtsanwälte, Apotheker usw.) sowie Alterssicherung für Landwirte
- Sämtliche Versorgungsanrechte aus der betrieblichen Altersversorgung nach dem Betriebsrentengesetz, unabhängig von ihrer Leistungsform z.B. gegenüber
- dem öffentlichen Dienst (beispielsweise Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder)
- dem Arbeitgeber (Direktzusage)
- Lebensversicherungsgesellschaften
- Unterstützungskassen
- Pensionskassen
- Pensionsfonds
- Riester-Renten, Rürup-Renten und weitere Anrechte nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz, unabhängig von ihrer Leistungsform
- Sonstige Renten oder Rentenanwartschaften aus einem privaten Versicherungsvertrag zur Versorgung des Ehepartners
- Versicherungen wegen Berufs-, Erwerbs-, Dienstunfähigkeit oder Invalidität
- Altersrenten-, Leibrente- oder Pensionsversicherungen
- Lebensversicherungen auf Rentenbasis (keine Kapitallebensversicherungen)
2. Zeitliche Bestimmungen und nicht ausgleichsfähige Leistungen
Die genannten Versorgungen werden auch dann in den Versorgungsausgleich einbezogen, wenn bestimmte zeitliche Voraussetzungen für den Bezug dieser Versorgungen (wie beispielsweise eine Wartezeit) am Ende der Ehezeit noch nicht erfüllt sind. Es spielt also keine Rolle, ob für Sie oder Ihren Ehepartner bereits ein Leistungsanspruch besteht oder lediglich Anrechte darauf erworben wurden.
Nicht ausgleichsfähig sind dagegen Leistungen mit Entschädigungscharakter, zum Beispiel Renten aus der gesetzlichen oder privaten Unfallversicherung, nach dem Bundesversorgungsgesetz, Lastenausgleichsgesetz oder Bundesentschädigungsgesetz. Gleiches gilt für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.
Private Lebensversicherungen auf Kapitalbasis unterliegen ebenfalls nicht dem Versorgungsausgleich, wenn Sie nicht auf eine Rente gerichtet sind. Für diese Anrechte kommt lediglich ein güterrechtlicher Ausgleich (Zugewinnausgleich) in Betracht.
3. Ausgleich nur für die Ehezeit
Aufgeteilt werden nur die Versorgungsanrechte, die Sie und Ihr Ehepartner in der Ehezeit erworben oder aufrechterhalten haben. Die Ehezeit beginnt mit dem Monat, indem Sie geheiratet haben, und endet mit dem Monat, der dem Monat der Zustellung des Scheidungsantrages an den Ehepartner vorausgeht.
Beispiel:
Harry und Sally heiraten am 10.06.1998
→ Zustellung des Scheidungsantrages: 15.11.2016
→ Zeit für den Versorgungsausgleich: 01.06.1998 bis 31.10.2016.
4. Höhe der Rentenanwartschaft
Im Folgenden wird am Beispiel der Deutschen Rentenversicherung dargestellt, in welcher Höhe Rentenanrechte ausgeglichen werden.
4.1 Klärung des Versichertenkontos
Wenn das Familiengericht den Rentenversicherungsträger auffordert eine Ehezeitauskunft aus dem jeweiligen Versichertenkonto zu erteilen, muss das Versichertenkonto des Ausgleichsberechtigten und Ausgleichspflichtigen bis zum Ende der Ehezeit vollständig geklärt werden. Die Ehepartner sind zur Mitwirkung verpflichtet und müssen zu allen Fehlzeiten Angaben machen und ggf. notwendige Unterlagen einreichen.
4.2 Ermittlung der Entgeltpunkte
Anschließend ermittelt der zuständige Rentenversicherungsträger die Anzahl der Entgeltpunkte, die Sie in der Ehezeit erworben haben (Ehezeitanteil). Das geschieht in zwei Schritten:
In einem ersten Schritt werden die Entgeltpunkte für eine fiktive Altersrente berechnet, die am Folgetag des Endes der Ehezeit beginnen würde. In diese Berechnung werden alle rentenrechtlich bedeutsamen Zeiten und Daten bis zum Ende der Ehezeit eingezogen – einschließlich der vorehelichen Zeiten. Im zweiten Schritt werden die aus den vorehelichen Zeiten stammenden Entgeltpunkte herausgerechnet. Das Ergebnis ist der Ehezeitanteil Ihrer Rentenanwartschaft, der nur die auf die Ehezeit entfallenden Daten und Zeiten berücksichtigt.
4.3 Neue und alte Bundesländer / Knappschaftliche Rentenversicherung
Entgeltpunkte aus Zeiten in den neuen und alten Bundesländern und in der knappschaftlichen Rentenversicherung werden in der Auskunft an das Familiengericht getrennt ausgewiesen, da für die Berechnung des Geldwertes unterschiedliche Beträge Grundlage der Berechnung sind:
- Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung
- Entgeltpunkte Ost der allgemeinen Rentenversicherung
- Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung
- Entgeltpunkte Ost der knappschaftlichen Rentenversicherung
Ein Beispiel in 2017:
Entgeltpunkte West werden mit dem Rentenwert „West“ von 31,03 € berechnet, Entgeltpunkte Ost mit dem Rentenwert „Ost“ von 29,69 €.
Diese Ehezeitanteile teilt der Rentenversicherungsträger dem Familiengericht getrennt für jede Entgeltpunktart mit.
4.4 Rentenversicherungsträger und Familiengericht
Für die in der Auskunft ausgewiesenen Ehezeitanteile unterbreitet der Rentenversicherungsträger dem Familiengericht jeweils einen Vorschlag über die Höhe des auszugleichenden Wertes. Der Ausgleichswert entspricht bei Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung genau der Hälfte des Ehezeitanteils. Das Familiengericht kann diesen Wert für seine Entscheidung über den Versorgungsausgleich übernehmen.
Darüber hinaus nennt der Rentenversicherungsträger dem Familiengericht in seiner Auskunft auch den Einkaufspreis der vorgeschlagenen Ausgleichswerte - den sogenannten korrespondierenden Kapitalwert. Das ist der Kapitalbetrag, der für die Begründung der jeweiligen Ausgleichswerte in der gesetzlichen Rentenversicherung zum Ende der Ehezeit zu zahlen wäre. Das Familiengericht benötigt diesen Wert in bestimmten Fällen um die von den Ehepartnern in verschiedenen Versorgungssystemen erworbenen Anrechte miteinander vergleichen zu können.
Ziel des Versorgungsausgleichs ist es, dem Partner, der während der Ehezeit geringere Versorgungseherechte erworben hat – zum Beispiel, weil er wegen der Erziehung der/des Kinder(s) zuhause geblieben ist oder weniger gearbeitet hat – eine eigene, vom Ehepartner unabhängige Versorgung zu schaffen oder die bereits bestehende Versorgung zu erhöhen.
Die Entscheidung über den Versorgungsausgleich trifft das Familiengericht. Hierfür muss im Rahmen des Scheidungsverfahrens in der Regel kein gesonderter Antrag gestellt werden.
4.5 Hin- und Her-Ausgleich
Grundsätzlich werden sämtliche Versorgungsanrechte, die die Ehepartner in der Ehezeit erworben haben, aufgeteilt. Dabei erhält jeder Ehepartner die Hälfte aus den Anrechten des anderen Ehepartners.
Haben sowohl Sie als auch Ihr Partner in der Ehe entsprechende Versorgungsanrechte erworben, kommt es zu einem sogenannten Hin- und Her-Ausgleich der Anrechte. Beide Ehepartner geben die Hälfte ihrer in der Ehezeit erworbenen Anrechte ab und sind insoweit ausgleichspflichtig. Gleichzeitig erhalten sie auch die Hälfte der ehezeitlichen Anrechte vom anderen Partner und sind somit ausgleichsberechtigt.
Bildnachweis: © fotolia.com – kwarner
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