Wann Selbstständige ein häusliches Arbeitszimmer geltend machen können

Ist die Erledigung von Büroarbeiten in den Praxisräumen eines Selbstständigen aufgrund der konkreten Umstände nicht zumutbar, steht kein anderer Arbeitsplatz “zur Verfügung”, sodass der Selbstständige ein häusliches Arbeitszimmer geltend machen kann.

Hintergrund

Der Kläger war als Logopäde selbstständig tätig und unterhielt 2 Praxen in angemieteten Räumen. Diese wurden weit überwiegend von seinen 4 Angestellten genutzt. In seiner Gewinnermittlung machte er Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, das sich in seiner Privatwohnung befand, geltend. Das Finanzamt erkannte die Arbeitszimmerkosten nicht als Betriebsausgaben an, da dem Kläger in seinen Praxisräumen ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der Kläger war jedoch der Ansicht, dass die Praxisräume nicht zur konkreten Erledigung aller beruflichen Schreibtischtätigkeiten geeignet sind, da dort Behandlungen durchgeführt und die taggenauen Patientenabrechnungen während der Behandlungszeiten erledigt werden.

Das Finanzgericht war der gleichen Auffassung und gab der Klage statt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof schloss sich dieser Meinung an.

Da die Praxisräume durch die Angestellten genutzt wurden und der Kläger dort keine vertraulichen Unterlagen aufbewahren oder bearbeiten konnte, waren die Praxisräume für ihn nur eingeschränkt nutzbar. Darüber hinaus war es ihm aufgrund der Größe der Räume und des offenen Praxiskonzepts für ihn auch nicht zumutbar, einen separaten Arbeitsplatz oder Raum zur ausschließlichen Nutzung für sich einzurichten.

Ein “anderer Arbeitsplatz” ist zwar grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Dieser Arbeitsplatz muss aber so beschaffen sein, dass der Steuerpflichtige auf das häusliche Arbeitszimmer nicht angewiesen ist. Insbesondere muss der Arbeitsplatz in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzbar sein.

Ein häusliches Arbeitszimmer ist dann nicht erforderlich, wenn es dem Selbstständigen zumutbar und aufgrund der räumlichen Situation auch möglich ist, in den Betriebsräumen einen büromäßigen Arbeitsplatz einzurichten. Dies war hier nicht der Fall, sodass der Kläger die Kosten für sein häusliches Arbeitszimmer steuerlich ansetzen konnte.

Juni 2017 

Dr. Rainer Schenk, Steuerberater