Vereinsrecht, Generalversammlung,Anträge an die Generalversammlung
Fragestellung
Vorstandschaft(Fischereiverein) lässt einen frist- und formgerecht gestellten schriftlichen Antrag in der Generalversammlung nicht zur Abstimmung zu. Bei dem Antrag handelte es sich um die Zulassung von Booten zur Ausübung der Fischerei. Der Antrag verstieß nicht gegen rechtliche Vorschriften(z. B. bestehende Naturschutzverordnungen). Ist die Vorstandschaft berechtigt diesen Antrag zur Abstimmung nicht zuzulassen? Die Vereinssatzung entspricht den allgemein üblichen Mustersatzungen.
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Antwort von Rechtsanwältin und Mediatorin Nicole Koch, LL.M.
Sehr geehrter Fragesteller,
wie hat der Vorstand es denn begründet, dass er den Antrag nicht zur Abstimmung zugelassen hat? Wie haben die Antragsteller und wie haben die übrigen Mitglieder hierauf reagiert?
Weigert sich nun der Vorstand, eine Mitgliederversammlung einzuberufen oder, wie hier, bestimmte Anträge auf die Tagesordnung zu setzen, bietet das BGB einen Schutz der Mitglieder, das Minderheitenbegehren, an.
Nach § 37 Abs. 1 BGB ist die Mitgliederversammlung zu berufen, wenn der durch die Satzung bestimmte Teil oder in Ermangelung einer Bestimmung der zehnte Teil der Mitglieder die Berufung schriftlich unter Angabe des Zweckes und der Gründe verlangt. Diese Norm wird auch angewendet, wenn der Vorstand sich weigert, bestimmte Punkte auf die Tagesordnung zu setzen.
Bei § 37 BGB handelt es sich um eine zwingende Vorschrift, welche durch die Satzung nicht abgeändert werden kann. Die Satzung kann jedoch die erforderliche Minderheit definieren. Diese kann entweder als absolute Zahl oder einem bestimmten Verhältnis vorgesehen werden. Allerdings darf die Satzung die Minderheitenrechte nicht vollständig ausschließen. Eine absolute Zahl ist hier jedoch nicht empfehlenswert, da sich durch Veränderungen im Mitgliederbestand ergeben kann, dass dann die vorgesehene Zahl nicht mehr der Minderheit entspricht.
Fehlt eine Regelung in der Satzung oder ist sie unwirksam, gilt die gesetzliche Regelung des § 37 Abs. 1 BGB, wonach der „zehnte Teil der Mitglieder“ die Einberufung verlangen kann.
Der Antrag auf Einberufung ist schriftlich an den Vorstand des Vereins zu richten. Der Antrag muss durch die erforderliche Anzahl von Mitgliedern selbst unterzeichnet werden. Hier besteht aber auch die Möglichkeit, dass diese Mitglieder einen Vertreter bestimmen.
In dem Antrag sind der Zweck und die Gründe für die Mitgliederversammlung anzugeben. Es empfiehlt sich daher, schon die gewünschten Tagesordnungspunkte zu formulieren.
Der Vorstand kann die formalen Voraussetzungen überprüfen, ob ein schriftlicher Antrag vorliegt und ob der Zweck und die Gründe angegeben wurden. Darüber hinaus kann er nur überprüfen, ob genügend Mitglieder den Antrag unterstützen.
Ein weitergehendes Prüfungsrecht steht dem Vorstand hier grundsätzlich nicht zu.
Der Vorstand kann den Antrag allenfalls ablehnen, wenn ohnehin eine Mitgliederversammlung einberufen werden soll und die gewünschten Tagesordnungspunkte aufgenommen werden können.
Kommt der Vorstand dem Minderheitsverlangen nicht nach, können sich die antragstellenden Mitglieder durch das Gericht nach § 37 Abs. 2 BGB ermächtigen lassen, eine Mitgliederversammlung einzuberufen.
Ihr Weg geht also über eine außerordentliche Mitgliederversammlung! In dieser kann z.B. auch beantragt werden, den amtierenden Vorstand abzusetzen.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Ich hoffe, dass ich Ihnen hiermit zunächst weiterhelfen konnte und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Dr. Nicole Koch, LL.M.
Rechtsanwältin
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Kann die Vorstandschaft also, aus eigenem Ermessen heraus, Anträge ablehnen?
Das "Minderheitenbegehren" ist in der Satzung geregelt(20% der Mitglieder).
Haben Sie ein Beispiel für "Zweck und Gründe".
Ich möchte bei einem evtl. "Minderheitenbegehren" keine Fehler begehen, der Vereinsvorsitzende ist als Polizeioberkommissar auch rechtlich bewandert.
Zweck und Gründe für eine aoMV wäre dann z.B. die ungerechtfertigte Ablehnung von Anträgen! Sie misstrauen dem Vorstand und wollen ihn absetzen und durch einen neuen Vorstand ersetzen.
Ingesamt ist das Thema "Minderheitenbegehren" komplex und formell anspruchsvoll.
Sie sollten sich aber nicht einschüchtern lassen. Ich wüsste nicht, weshalb ein Polizist mehr Kenntnissse im Vereinsrecht haben sollte, als jeder andere. Er beschäftigt sich jedenfalls beruflich nicht mit dem Thema.
Wenn Sie den Antrag auf Durchführung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung unangreifbar machen wollen, würde ich Ihnen raten, einen Anwalt hinzu zu ziehen, der Sie begleitet und berät.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. N. Koch, LL.M.
Rechtsanwältin
Hat die Vorstandschaft das Recht, einen ordnungsgemäß eingegangenen Antrag bei der GV nicht zu behandeln? Ist die Vorstandschaft dazu berechtigt oder nicht?
Wenn ja, bleibt wirklich nur der Weg über ein Minderheitsbegehren um einen Antrag zur Abstimmung zu bringen.
ja, der Vorstand ist dazu verpflichtet! Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Nicole Koch, LL.M.
Rechtsanwältin