Mängelbeseitigung
Fragestellung
Sehr geehrtere Herr Flock,
wir haben von einer Firma sämtliche Fenster und die Hauseingangstür geliefert bekommen. Dieses Bauvorhaben ist längst abgeschlossen, die Rechnung bezahlt und eine Bankbürgschaft hinterlegt.
Im Abnahmeprotokoll steht, das die Hauseingangstür Mängel aufweist (Türblatt zu kurz, eine Dichtungsebene fehlt). Die Firma hat schon zwei Mal die Möglichkeit gehabt nachzubessern, bis heute ohne Erfolg.
Nach der letzten Aufforderung von unserem Bauleiter an die Firma, die Tür nun endgültig in Ordnung zu bringen, bekamen wir stattdessen von der Firma eine 2. Abmahnung geschickt, zu einem anderen Fenster, welches seperat von uns, sprich zu einer gesonderten Auftragsnummer, in Auftrag gegeben worden war.
Allerdings haben wir vorher weder eine Rechnung, noch eine 1. Mahnung dazu bekommen. Nun verweigert die Firma die Mängelbeseitigung bei der Haustür mit der Begründung, dass wir zuerst die offene Rechnung zu zahlen hätten.
Unsere Frage ist nun, ob die Firma die Mängelbeseitigung an der Tür (ursprünglicher Auftrag) verweigern kann, weil eine andere Rechnung zu einer anderen Auftragsnummer noch nicht beglichen ist?
Laut unseres Bauleiters hätten wir nun aber auch das Recht eine Drittfirma zu beauftragen und dies mit der Bankbürgschaft zu begleichen. Dies soll aber langwierig sein und auch nochmals Kosten verursachen. Darum hat der Bauleiter uns den Rat gegeben, dass wir den offenen Betrag zahlen sollen.
Würden Sie dem zustimmen?
mfg
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Antwort von Rechtsanwalt Thore Flock
Sehr geehrter Fragesteller,
kurz mein Ergebnis für Sie vorab:
Aus rein rechtlicher Sicht gebe ich Ihnen tendenziell Recht, vermutlich steht Ihnen ein Zurückbehaltungsrecht zu, dem Handwerker wohl nicht. Aus praktischer bzw. wirtschaftlicher Sicht würde ich die offene Rechnung bezüglich des zweiten Auftrages aber dennoch begleichen.
Hier meine sehr ausführlichere Antwort:
1. Vorbemerkungen
In Ihrem Fall wäre es für eine vollständige Prüfung sicherlich sinnvoll, die Handwerkerrechnung bzw. die Kostenvoranschläge Ihres Handwerkers vorliegen zu haben. Oftmals sind hier durch die Handwerker AGB bzw. die VOB mitvereinbart, die hier in den Fall reinspielen können. Ohne diese Unterlagen fehlen mir wichtige Informationen.
Hinzu kommt, dass Ihre rechtliche Anfrage diverse Aspekte beinhaltet, die den Rahmen einer E-Mail-Beratung ein wenig sprengen.
Deswegen ist meine folgende Einschätzung ein wenig pauschal und handstreichartig. Ich bitte das unbedingt zu beachten! Bei kleinsten Abweichungen im Sachverhalt kann die rechtliche Bewertung auch erheblich abweichen. Ohne Einsicht in die Unterlagen kann ich auch nicht erkennen, ob mir alle entscheidungserheblichen Unterlagen vorliegen. Deswegen behandeln Sie meine Einschätzung bitte nur als grobe Richtlinie. Ggf., sollte es hier noch zu weiteren Auseinandersetzungen kommen, würde ich die vollständige Abgabe des Vorgangs an einen Rechtsanwaltes für geboten halten.
2. Grundsätzliche Wertung
Grundsätzlich sehe ich Ihren Fall so: Sie haben den Handwerker ganz offenbar nicht als Generalunternehmer für den Bau des Hauses beauftragt, sondern als einen einzelnen Handwerker/Lieferanten neben anderen, d.h. als sogenannten Alleinunternehmer.
Einschlägig für die einzelnen Aufträge ist in Ihrem Fall das Werkvertragsrecht gemäß § 631ff BGB, bzw. möglicherweise auch Werklieferungsvertragsrecht gemäß § 651 BGB. In Betrachte kommen hier somit spezielle Zurückbehaltungsrechte aus dem Werkvertragsrecht, sowie solche aus dem allgemeinen Schuldrecht (§§ 273, 320 BGB)
Da der Handwerker hier als Alleinunternehmer auftritt, dürften Sie in Ihrem Fall offenbar zwei vollständig getrennte und unterschiedliche Aufträge an diesen Handwerker vergeben haben. Zwar stehen die beiden vergebenen Aufträge in einer größeren Verbindung zu einer einzigen Baumaßnahme (hier: der Bau Ihres Hauses). Dennoch halte ich, zumindest nach Ihrer Schilderung, die zwei getrennten Aufträge für rechtlich vollständig getrennt. (Rechtlich ausgedrückt: Es liegt kein "selbes rechtliches Verhältnis" im Sinne des § 273 BGB, sondern zwei getrennte rechtliche Verhältnisse) Normalerweise dürften hier keine Zurückbehaltungsrechte aus dem einen Auftrag für den anderen Auftrag geltend gemacht werden.
3. Leistungsverweigerungs- / Zurückbehaltungsrechte
Im vorliegenden Fall ist Ihre Frage so dass sich hier zwei Zurückbehaltungsrechte "kreuzen": Sowohl Sie, als auch Ihr Handwerker wollen die Leistung an verschiedenen Stellen zurück behalten, bzw. verweigern. Grundsätzlich sind Leistungsverweigerungsrechte im Bau- / Werkvertragsrecht in der Praxis immer problematisch zu bewerten. In so fern kommt es immer auf eine Einzelfallbetrachtung eines Richters an. Meine Einschätzung ist hier deshalb vorläufig, da ich da nicht der entscheidende Richter sein werde:
a) Leistungsverweigerungsrecht bzw. Zurückbehaltungsrecht des Handwerkers
Einerseits will Ihr Handwerker die Leistung zurück behalten (d.h. er will die Mängelbeseitigung von Ihrer Rechnungs-Zahlung abhängig machen). In so fern sehe ich ein Zurückbehaltungsrecht kritisch. Zwar gibt es laut Werk- / Kaufvertragsrecht einige Fälle, in denen ein Auftragnehmer berechtigt sein könnte, die Leistung zu verweigern, allerdings treffen diese Fälle im vorliegenden Fall alle nicht so recht zu. Dies gilt insbesondere, da Sie hier keine zusätzlichen Leistungen fordern, sondern lediglich bezüglich des ersten Auftrages Ihre Gewährleistungsrechte (=Mängelbeseitigung) geltend machen wollen. Hinzu kommt die Unterscheidung, dass der Handwerker Ihnen hier die Leistung auf Grund eines ANDEREN Auftrages zurückbehalten will. Damit steht Ihr Handwerker rechtlich auf sehr dünnem Eis.
b) Ihr Leistungsverweigerungsrecht bzw. Zurückbehaltungsrecht
Andererseits wollen auch Sie ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen, indem Sie die Rechnungszahlung aus einem Auftrag blockieren wollen, um den Gewährleistungsanspruch aus dem anderen Auftrag durchzusetzen. Grundsätzlich gibt es Rechtsprechung, die dem Auftraggeber ein Zurückbehaltungsrecht an Werklohnzahlungen bei noch offener Mangelbeseitigung zugesteht. In so fern liegen Sie mir Ihrer Zurückbehaltung gar nicht falsch. Grundsätzlich würde ich allerdings auch, wie oben dargestellt, darauf ausgehen, dass die Aufträge hier vollständig getrennt laufen, d.h. das sie nicht die Leistung für Vertrag A auch in Vertrag B zurück behalten dürfen. ABER: Im vorliegenden Fall wird genau diese Verknüpfung auch durch den Handwerker selbst aufgebaut, weshalb ich davon ausgehen würde, dass er sich selbstwidersprüchlich verhalten würde, wenn er später behaupten würde, dass die beiden Aufträge ja nicht miteinander zu tun hätten. (§ 242 BGB)
Käme es in dieser Sache zu einem Rechtsstreit vor Gericht würde ich mir auf Grund dieser Einordnung tendenziell gute Chancen für Sie ausrechnen: Sie als Auftraggeber dürfen unter bestimmten Umständen Forderungen einbehalten, der Handwerker bezüglich der Gewährleistungsrechte eher nicht. ABER: Diese Einschätzung ist nur vorläufig, hängt von der Beweislage und dem jeweiligen Richter ab. Deswegen ist es nicht möglich hier eine endgültige Aussage zu treffen, im Sinne von "sie werden zu 100% gewinnen". Ich würde Ihnen, obwohl ich Ihnen grundsätzlich Recht gebe, deshalb nur bedingt zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung raten.
4. Praktisches Vorgehen
Letztendlich dürfte die praktische bzw. wirtschaftliche Entscheidung hier auch an den finanziellen Beträgen hängen, die hier im Raum stehen, die ich aber ja nicht kenne. Dennoch würde ich es tendenziell für sinnvoll halten, die zweite Rechnung zu bezahlen, um der Mängelbeseitigung Fortgang zu geben:
Dass der Handwerker die Verknüpfung der beiden getrennten Verträge hergestellt hat, halte ich inhaltich für falsch. Nur weil sich der Handwerker falsch verhält, denke ich nicht, dass Sie sich auch falsch verhalten sollten.
Sofern der Handwerker im zweiten Vertrag die Leistung erbracht hat, steht ihm dort der Lohnanspruch zu. Umgekehrt ist es so, dass sie bezüglich des ersten Auftrages ja auch weiterhin ein Sicherungsmittel in Form der Gewährleistungsbürgschaft haben. D.h. sollte die Gewährleistungsarbeiten des ersten Auftrages auch in Zukunft nicht erfolgreich verlaufen, können Sie auch dann ggf. noch auf diese zugreifen.
Eine gerichtliche Auseinandersetzung bezüglich irgendwelcher Zurückbehaltungsrechte wäre für mich ein zeit- und kostenintensiver "Nebenkriegsschaufplatz", den ich mir nicht aufmachen würde. Schließlich haben Sie ja ein begründetes Interesse an der zeitnahen Fertigstellung Ihres Hauses.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner pauschalen Einschätzung ein wenig weiter helfen.
Sollten Sie Rückfragen haben, scheuen Sie sich nicht diese zu stellen. Sollten Sie zu einem Punkt eine konkrete Gerichtsentscheidung benötigen bitte ich um eine Rückmeldung.
Mit freundlichen Grüßen
RA Thore Flock
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Vielen dank und herzlichen Gruß
leider kann ich Ihnen diese Frage derzeit nicht seriös beantworten.
Das Hintergrundproblem ist, dass sich die Thematik der Gewährleistungsbürgschaft in eine Vielzahl von Unterfällen aufgliedert. In so fern kommt es ganz wesentlich auf die Vereinbarung bzw. die AGB an, die Ihrer Gewährleistungsbürgschaft zu Grunde liegt. Ohne die schriftlichen Unterlagen zu einer solchen Vereinbarung gesehen zu haben, kann ich mich dazu leider überhaupt nicht äußern. Diese Vereinbarungen geben insbesondere die Vorgaben, wann die Gewährleistungsbürgschaft eingreift und wie das zugehörige Verfahren ist.
Wenn Sie dafür beispielsweise den Mangel erst einmal gerichtlich im Rahmen eines Beweisverfahrens feststellen lassen müssten, wären Sie sicherlich mindestens mit 4-9 Monate dabei. Das muss aber auch nicht so sein.
Ohne eine konkrete rechtliche Prüfung Ihrer konkreten Unterlagen sind Sie leider erstmal auf die Angaben Ihres Bauleiters angewiesen.
Wenn Sie möchten können wir die Unterlagen auch gerne per Mail prüfen. Dafür müssten Sie mir diese aber diese Unterlagen zusammen stellen und wir müssten, nachdem ich die Unterlagen gesehen habe, eine Nachtragsvereinbarung treffen, da die Prüfung der Vereinbarung ein wenig umfangreicher sein könnte (aber nicht sein muss).
Ich weiß, dass diese Antwort ein wenig unbefriedigend ist, hoffe aber, dass Sie damit eine Idee für Ihre nächsten Handlungen bekommen haben.
Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
RA Thore Flock