Der Widerruf von Darlehensverträgen ist auch Jahre nach Vertragsschluss noch möglich, wenn keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erfolgt ist. Die sog. Gesetzlichkeitsvermutung könnte aber selbst offensichtlich fehlerhaften Widerrufsbelehrungen zur Wirksamkeit verhelfen.
Nach § 14 Abs. 1 der BGB-Informationspflichten-Verordnung (BGB-InfoV) und nunmehr Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB gilt eine Widerrufsbelehrung dann als wirksam, wenn für sie das Muster aus der Anlage 2 zur BGB-InfoV verwendet wurde. Dann nämlich ist dem Verwender bei Fehlern in der Widerrufsbelehrung kein eigenes Verschulden vorzuwerfen. Der Verwender darf auf die Richtigkeit der jeweilig geltenden Musterbelehrung vertrauen.
Die Rechtsprechung gesteht diese Vermutung jeder Widerrufsbelehrung zu, die das jeweilige zu dem Zeitpunkt der Belehrung gültige Muster umsetzte. Die Muster wurden im Laufe der Jahre mehrfach geändert und finden sich nunmehr in der Anlage 7 zum Art. 247 § 6 EGBGB. Wenn die Fiktion gilt, dann verbleibt es dabei selbst in dem Fall, dass eine Bestimmung in der Belehrung offensichtlich fehlerhaft ist.
Auf die Schutzwirkung des Musters kann sich der Verwender nicht stützen, wenn er von dem Muster inhaltlich oder in der äußeren Gestaltung abgewichen ist. Dabei führen nicht nur erhebliche Abweichungen zu dem Verlust der Gesetzlichkeitsfiktion.
Jeder inhaltliche Eingriff in den Mustertext führt zur Unwirksamkeit des Widerrufs. Dies ist eindeutig dann der Fall, wenn klare inhaltliche Veränderungen vorgenommen worden sind. Aber auch hinzugefügte Ergänzungen, Erläuterungen und Klarstellungen führen zu einer unwirksamen Belehrung. Dem Verbraucher könnte die Belehrung dadurch nämlich schwerer verständlich sein und nicht die Voraussetzungen und Folgen seines Widerrufsrechts erkennen.
Erlaubt sein können dagegen Veränderungen redaktioneller Art. So wurde es beispielsweise als unschädlich erachtet, wenn die Überschrift „Widerrufsbelehrung“ durch den Titel „Belehrung über das Widerrufsrecht“ ersetzt wurde. Auch erlaubt wurde es, den Begriff „Textform“ aus dem Muster mit dem Passus „schriftlich oder in lesbarer Form auf einen anderen beständigen Datenträger (z. B. per Telefax oder per E-Mail)“ zu ersetzen.
Aber auch eine Abweichung von der äußeren Form des Musters kann die Gesetzesfiktion zerstören. Einzig erlaubt ist die Abweichung bei Format und Schriftgröße. Die Belehrung muss aber weiterhin deutlich erkennbar von dem restlichen Vertragswerk abgesetzt sein, sodass es einem verständigen Verbraucher möglich ist, bei einem übersichtigen Durchblättern des Vertragswerkes den Abschnitt über sein Widerrufsrecht zu erkennen.
Letztlich ist es sowohl für den Verwender ratsam, sich bei der Ausarbeitung der zu verwendenden Widerrufsbelehrung durch einen kompetenten Rechtsanwalts, möglichst gar eines Fachanwalts für Wirtschaftsrecht, beraten zu lassen, damit bei etwaigen Anpassungen der Belehrung keine erheblichen Abweichungen vom Muster erfolgen. Aber auch für Verbraucher lohnt es sich immer, die Widerrufsbelehrungen alter Darlehensverträge durch einen Rechtsanwalt prüfen zu lassen, da nach einer Studie der Verbraucherzentrale Hamburg rund 80% der geprüften Altverträge fehlerhafte Widerrufsbelehrungen enthielten.
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Arthur R. Kreutzer (Rechtsanwalt)
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Widerruf Darlehensvertrag
08.09.2015
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