Bis zu 15 Milliarden Dollar muss VW als Folge des Abgasskandals in den USA zahlen. Noch nicht eingerechnet sind dabei Forderungen geschädigter Aktionäre. Die könnten auch in Deutschland auf Volkswagen zukommen. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt inzwischen wegen des Anfangsverdachts der Marktmanipulation gegen den ehemaligen Vorstandschef Martin Winterkorn und ein weiteres Vorstandsmitglied. Anzeige hatte die Finanzaufsicht BaFin erstattet.
Der Staatsanwaltschaft liegen offenbar Anhaltspunkte vor, dass VW seinen Informationspflichten nicht nachgekommen ist. Demnach könnte die Konzernspitze schon früher von den manipulierten Abgaswerten gewusst und dies verschwiegen haben. Erst nachdem die US-Behörden den Abgasskandal an die Öffentlichkeit gebracht hatte, gab VW einige Tage später eine entsprechende Meldung heraus. Das könnte allerdings zu spät gewesen sein. Denn nach dem Wertpapierhandelsgesetz müssen Insiderinformationen, die den Kurs einer Aktie nachhaltig beeinflussen können, unmittelbar als Ad-hoc-Meldung veröffentlicht werden. Hat VW zu spät reagiert, dürfte sich der Konzern gegenüber seinen Aktionären schadensersatzpflichtig gemacht haben.
Rechtliche Einschätzung der Kanzlei Kreutzer, München: VW-Aktionäre haben in Folge des Abgasskandals beträchtlichen Schaden erlitten. Die Aktie ist nach wie vor weit von dem Kurs, den sie vor Bekanntwerden der Abgasmanipulationen hatte, entfernt. Ob sie sich angesichts der zu erwartenden Strafzahlungen in den USA und möglicherweise auch in Europa sowie des beträchtlichen Imageschadens auf absehbare Zeit wieder erholen wird, ist fraglich. Schon seit längerer Zeit gibt es Vermutungen und Indizien, dass der damalige Vorstand nicht erst im September 2015 von den Manipulationen erfahren hat. Durch die staatsanwaltlichen Ermittlungen haben sich diese Vermutungen erhärtet. Für die Aktionäre bedeutet dies, dass ihre Chancen auf Schadensersatz gestiegen sein dürften. Entsprechende Klagen können gegen den VW-Konzern eingereicht werden. Nachdem das Landgericht Braunschweig bereits den Weg für ein Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG-Verfahren) geebnet hat, besteht auch die Möglichkeit, sich dem Musterverfahren anzuschließen. Das spart Zeit und reduziert das Prozesskostenrisiko.