Familienrecht: unbegleiteter Umgang trotz häuslicher Gewalt?
Fragestellung
Sehr geehrte Frau True-Bohle,
Frau A ist mit ihren zwei kleinen Kindern vor ihrem gewalttätigen Ehemann B in eine Kinderschutzambulanz geflüchtet. Sie hatte zusätzlich den Verdacht das Ehemann B die 5 jährige Tochter sexuell misshandelt. Verschiedene Personen aus dem familiären Umfeld und der Nachbarschaft haben ebenfalls den auffälligen Umgang des Vaters mit der Tochter beobachtet und auch Verhaltensauffälligkeiten bei dem Mädchen festgestellt und bezeugt. Der Gewaltschutz vor dem Gesetz wurde ihr jedoch nicht zugestanden und das bestand das Familiengericht auf einem unbegleiteten Umgang der beiden Kinder 2 und 5 Jahre mit dem Vater. Sie musste wochenlang bei einer Freundin wohnen, weil der Vater die gemeinsame Eigentumswohnung erst nach 3 Monaten verlassen musste.
Das 5-jährige Mädchen sprach immer wieder von Geheimnissen zwischen dem Vater und ihr, die sie niemanden erzählen dürfe. Auch wurde bei einer ärztlichen Untersuchung ein kleiner Riss im Vaginalbereich des Kindes bestätigt. Eine weitere Untersuchung einer anderen Ärztin bestätigte eine ungewöhlich starke Schleimbildung, in der Vagina der 5-jährigen, die auf keinerlei Infektionen zurückzuführen war und die sich die Ärztin nicht erklären konnte. Hinzu kamen ständige Harnwegsinfekte.
Während der Umgangskontake verstärkten sich die Verhaltensauffälligkeiten beim Kind: Einässen, sich mit Kot beschmieren, mutwillig Puppen zerstören, sich nicht ausziehen lassen wollen, plötzliche Angst vor männlichen Familienmitgliedern. Nach einem Besuchstag äußerte das Kind unvermittelt, dass es mit Papa Doktor gespielt hätte und der "Papa mit dem Finger ihre Mumu untersucht hat." Dies beunruhigte Frau A stark. Es kam auch bei den folgenden Besuchskontakten zu Äußerungen des Kindes, bei denen es sehr konkrete sexuelle Handlungen beschrieb. Zum Teil wurden andere Familienmitglieder mit derartigen Äußerungen konfrontiert. Auch der Kindergarten wurde aufmerksam, weil das Kind Erziehern gegenüber entsprechende Aussagen machte. Bei einem weiteren Besuch beim Vater B, stellte Frau A, die inzwischen sehr sensibel auf die Äußerungen ihres Kindes reagierte, Hämatome im Bereich der Vagina ihrer Tochter fest. Die Hämatome wurden vom örtlichen Krankenhaus dokumentiert. Auf ihre Frage, wo sie sich weh getan hätte, antwortete das Kind, das war Papa als wir wieder Doktor gespielt haben. Auf Anraten der Kitaleiterin ihrer Tochter setzte Frau A. den Umgang mit dem Vater aus, informierte das Jugendamt und machte eine Anzeige gegen den Ehemann B.. Trotzdem wurde ihr vom Jugendamt und Familiengericht kein Glauben geschenkt. Sie muss sich einem Erziehungsfähigkeitsgutachten unterziehen und von dem Kind soll ein aussagepsychologisches Gutachten erstellt werden. Auch wurden der gering verdienenden Frau A die weitere Prozesskostenhilfe verweigert und Verfahrenskosten auferlegt. Darüber hinaus wurde ihr angedroht, die Eigentumswohnung verlassen zu müssen, wenn sie weiteren Umgang verweigere. Es wurde in einem weiteren Beschuss ein Umgangspfleger bestellt, der die Umgangskontakte durchsetzen soll.
Allerdings stellte sich heraus, dass statt des im Schreiben genannten Umgangspflegers ein anderer Mann erschien und die Kinder mitnahm. Auch brachte dieser Mann die Kinder nicht zurück, sondern statt dessen stand ihr Ehemann B, vor dem Frau A panische Angst hat, vor der Tür und gab die Kinder ab. Die Ermittlungen der Kripo dauern an und auch das aussagepsychologische Gutachten ist noch nicht fertig. Der "falsche" Umgangspfleger scheint wenig Zeit zu haben und auch nicht sehr zuverlässig zu sein. Kann Frau A eine zuverlässige Umgangspflegschaft vom Gericht fordern. Muss sie überhaupt einem falschen, ihr nicht bekannt gegebenen Umgangspfleger die Kinder geben? Was kann Frau B noch tun, um ihre Kinder wenigstens bis zum Abschluss der polizeilichen Ermittlungen oder der Fertigstellung des Gutachtens vor möglicher weiterer Gewalt durch den Kindsvater zu schützen, der übrigens auch keinen Cent Unterhalt zahlt.
Danke für Ihre Mühe
Chris
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Antwort von Rechtsanwältin Sylvia True-Bohle
Sehr geehrter Ratsuchender,
der von Ihnen geschilderte Sachverhalt zeigt leider wieder einmal, dass die Gericht und die Jugendämter vielfach nicht in der Lage sind tatsächliche Vorkommnisse sachgerecht zu behandeln.
Allein nach Ihrer Darstellung ist schon nicht nachvollziehbar, dass weiterhin unbegleiteter Umgang eingeräumt wird.
Die derzeitig offenbar bestehende Umgangsregelung muss abgeändert werden. Gegen die Entscheidungen des Familiengerichts kann Beschwerde eingelegt werden und dann entscheidet das zuständige Oberlandesgericht.
Das bisherige Verhalten des Gerichts ist wenig nachvollziehbar. Unter Umständen ergeben sich auch dem gesamten Verfahrensablauf Hinweise darauf, dass der Richter oder die Richterin befangen sein könnte.
Sollte gegen den Beschluss, mit dem der Umgangspfleger bestellt wurde und der begleitete Umgang abgelehnt wurde, die Beschwerde nicht mehr möglich sein, sollte ein erneuter Antrag auf Abänderung der Regelung gestellt werden, um die Möglichkeit der Beschwerde zu eröffnen.
Es ist für mich wenig nachvollziehbar, dass eine Beschwerde bisher nicht eingelegt worden ist.
Dass ein aussagepsychologisches Gutachten eingeholt wird, ist in Ordnung. Im Fall des Verdachts auf sexuellen Missbrauch von Kindern ist dieses Gutachten auch erforderlich. Sie weisen natürlich darauf hin, dass die Erstellung einige Zeit in Anspruch nehmen wird.
Die Drohung, die Wohnung verlassen zu müssen, erscheint mir bereits sehr zweifelhaft zu sein. Eine Wohnungszuweisung oder ähnliches hat nichts mit dem Umgang zu tun, ebensowenig die Tatsache, dass kein Unterhalt gezahlt wird.
Die Umgangspflegschaft ist nur dafür da, eine reibungslosen Übergabe und Rückführung der Kinder zu gewährleisten. Es wird auf den Beschluss ankommen, wie dieser gefasst ist. In der Regel holt der Pfleger die Kinder ab und bringt diese auch zurück. Dem Pfleger sind dann auch die Kinder zu übergeben.
Dass dieses hier aber eben nicht reibungslos geklappt hat, sollte dem Gericht mitgeteilt werden und Frau A sollte erst einmal auf einen anderen Pfleger bestehen.
Es wird sich eine weitere Auseinandersetzung nicht vermeiden lassen. Ein erneuter Antrag ist unbedingt erforderlich.
Ich wünsche Frau A und natürlich in erster Linie auch den Kindern alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle
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vielen Dank für ihre aufbauende Antwort. Ich möchte noch soviel ergänzen, bzw. näher erläutern, dass der erste Beschluss zunächst einmal ohne Beschwerde akzeptiert wurde.
Nach dem Aussetzen des Umgangs wegen der Äußerungen der Tochter von Frau A und dem Verdacht weiterer Missbrauchsvorfälle wurde ein Antrag auf Änderung des Beschlusses gestellt.
Dieser Antrag wurde abgelehnt und Frau A. wurde die Möglichkeit genommen, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Trotzdem wurde über ihre Anwältin Beschwerde eingelegt. Doch auch die Beschwerde wurde vom OLG abgelehnt. Als Frau A sich weiterhin weigerte, den Umgang ohne Begleitung zu gewähren, wurde ihr ein Zwangsgeld auferlegt. Gegen dieses Zwangsgeld wurde erneut Beschwerde eingelegt. Auch diese Beschwerde wurde vom OLG abgelehnt.
Nun hat jedoch das Amtsgericht signalisiert, dass es zunächst abwarten wolle und Erkundigungen bei Polizei und Staatsanwaltschaft nach dem Stand des Verfahrens einholen wolle. Das Gutachten, welches zunächst nur ein Erziehungsfähigkeitsgutachten von Frau A umfassen sollte, wurde auf das Kind (Glaubwürdigkeitsgutachten) ausgedehnt.
Allerdings wurde in einer weiteren Anhörung signalisiert, dass die Bewilligung eines begleiteten Umgangs trotz des offenen Gutachtens und des laufenden Ermittlungsverfahrens weiterhin abgelehnt und statt dessen der besagte Umgangspfleger eingesetzt wird. Dann kam der Beschlusstext, in dem Frau A unterschwellig gedroht wurde, sie solle daran denken, dass auch die Zuweisung der Wohnung nur befristet sei.
Gegen diesen Beschluss kann noch Beschwerde eingelegt werden. Allerdings werden Frau A wieder alle Kosten auferlegt.
Die Anwältin von Frau A hat signalisiert, dass sie genügend Anhaltspunkte für einen Befangenheitsantrag hat und stellt diesen.
Die Eltern von Frau A sind sehr besorgt, schalten sich ein und bemühen sich um eine zusätzliche erfahrene Anwältin, da der Eindruck entstanden ist, dass die Anwältin von Frau A zwar fachlich kompetent, aber auch noch relativ jung ist und möglicherweise vom Richter nicht ernst genommen wird. Die Familie hofft, dass so der entscheidende Durchbruch gelingt.
Vielen Dank nochmal und auch Ihnen alles Gute und viel Erfolg.
hier sollten in der Tat alle möglichen Vorgehensweisen ausgeschöpft werden. Ersichtlich ist, dass die Anwältin von Frau A die Beschwerdemöglichkeiten ausgeschöpft hat; bis auf den letzten Beschluss.
Auch hier sollte Frau A wie angedacht Beschwerde einlegen.
Insgesamt sind für mich die Entscheidungen nach wie vor nicht nachvollziehbar.
Nochmals alles Gute und viel Erfolg.
MIt freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle