Fragen zum Erbrecht
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Joachim,
Im März 2014 verstarb plötzlich und unerwartet mein Vater. Zum Zeitpunkt seines Todes war er 9 ¾ Jahren in 2. Ehe verheiratet. Kinder gibt es nur meine Schwester und mich aus 1. Ehe. Es gibt weder einen Ehevertrag noch ein Testament, so dass die gesetzliche Erbfolge gilt. Da seine 2. Frau meiner Schwester und mir die Auskunft über die Erbmasse verweigerte und ohne Zustimmung das Auto aus dem Nachlass verkaufte, beantragten wir einen Erbschein und forderten sie auf, uns anhand eines Formulars vom Nachlassgericht Angaben zu den verschiedenen Positionen der Erbmasse zu machen. Ich möchte überprüfen, ob ihre Angaben vollständig sind.
Dabei treten für mich folgende Fragen auf:
1. Vor seiner 2. Ehe erhielt mein Vater eine Abfindung. Ist für Erbmasse relevant
wie viel er davon mit in seine 2. Ehe brachte?
2. Mein Vater hat sich innerhalb der 9 ¾ Ehe(vermutlich 2008/2009) eine Lebensversicherung auszahlen lassen. Hätte seine Frau die ihm ausgezahlte Summe mit aufführen müssen und über den Verbleib des Geldes Auskunft geben müssen? Sie hat diese Position durchgestrichen und geschrieben nicht vorhanden.
3. Mein Vater hat sich von seiner Lebensversicherung ein Auto gekauft. Seine Frau ist der Meinung, dass vom Wert des Autos nur 50% zur Erbmasse gehören da es innerhalb der Ehe gekauft wurde. Stimmt das?
4. Mein Vater hat meinem Schwager 2009 (vermutlich aus der ausgezahlten Lebensversicherung oder der Abfindung) einen zinslosen Kredit gegeben. Dazu gibt es eine schriftliche Vereinbarung nur zwischen meinem Vater und meinem Schwager. Für die Rückzahlung wurde vereinbart, das mein Schwager bis März 2015 die vereinbarten monatlichen Raten auf ein, extra dafür eingerichtetes Sparvertragskonto einzuzahlen und im Anschluss daran eine Einmalzahlung von 3500€. Das Konto ist als Gemeinschaftskonto eingerichtet worden. Zählt das Guthaben auf dem Sparvertragskonto bis Zeitpunkt seines Todes in voller Höhe zur Erbmasse? Seine Frau meint, das nur 50% davon in die Erbmasse gehören da es ein Gemeinschaftskonto ist. Zählt nicht die Gesamtsumme des Kredits zur Erbmasse?
5. Mein Vater hatte ein Girokonto (seine 2. Frau war unterschriftsberechtigt), auf das seine Rente eingezahlt wurde und von dem alle Unkosten abgebucht und bezahlt wurden. Über die Höhe zum Zeitpunkt seines Todes hat sie uns Auskunft gegeben. Wenn nun Sparrücklagen nur auf einem ihrer Konten gebildet wurden (auf denen mein Vater ebenfalls nur unterschriftsberechtigt war) und dort alle Rücklagen zum Sparen eingezahlt wurden, muss sie darüber auch Auskunft geben oder zählt davon gar nichts in die Erbmasse?
6. Welche Möglichkeiten gibt es für mich, außer die Banken anzuschreiben, die Angaben seiner 2. Frau auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüfen zu lassen?
7. Überprüft das Nachlassgericht die Angaben auf dem ausgefüllten Formular? Oder werden nach den Angaben nur die Gebühren für den Erbschein berechnet?
8. Was ist wenn ich später erfahre, dass uns etwas verschwiegen wurde?
9. Haben Sie noch einen Tipp zur Vorgehensweise?
Vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Rechtsanwalt und Mediator Christian Joachim
Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Fragen darf ich nunmehr wie folgt beantworten:
Maßgeblich für den Zeitpunkt der Auskunftserteilung ist der Zeitpunkt des Todes Ihres Vaters.
Dies bedeutet, dass die Erbmasse, die zu diesem Zeitpunkt bestand, Einfluss in das Nachlassverzeichnis finden muss, sowie die Passiva, d.h. die Ausgaben, die nach dem Tod aufgrund des Todes des Vaters, zum Beispiel Beerdigungskosten, entstanden sind.
Aus diesem Grund ist es zunächst nicht maßgeblich, was mit der Abfindung passiert ist und wo auch die Auszahlung der Lebensversicherung verblieben ist. Nur wenn diese noch im Vermögen des Erblassers vorhanden gewesen wäre, muss diese im Nachlassverzeichnis angegeben werden. Der Erblasser kann diese auch zu Lebzeiten ausgegeben haben. Dann wäre sie auch de facto nicht mehr vorhanden und würde nicht in die Erbmasse hineinfließen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn zum Beispiel entspreche Zuwendungen mit diesen Geldern erfolgt sind. Dann müsste man prüfen, in welcher Höhe und weshalb diese Zuwendungen erfolgt sind und an wen diese Zuwendungen erfolgt sind. In das Nachlassverzeichnis gehören nämlich auch entsprechende Schenkungen, die der Erblasser zu Lebzeiten getätigt hat.
Wenn Zweifel darüber bestehen, dass das Nachlassverzeichnis falsch ist und die Erbschaftsbesitzerin hier nicht alle Angaben regelgerecht gemacht hat und Angaben verschwiegen hat, ist dies gerichtlich nachprüfbar und der Auskunftsanspruch könnte auch gerichtlich geltend gemacht werden. Hierzu müssten sie allerdings zumindest ansatzweise Tatsachen mitteilen, die belegen, dass größere Geldsummen durch die Erbschaftsbesitzerin verschwiegen worden sind. Auf Antrag muss die Erbschaftsbesitzerin sodann auch die Auskunft aus dem Nachlassverzeichnis eidesstattlich versichern.
Hinsichtlich des Kraftfahrzeugs kommt es darauf an, für welche Zwecke es gekauft worden ist und ob es sich um einen Gegenstand des täglichen Bedarfs handelt, also durch beide Ehegatten genutzt worden ist. Wenn das Fahrzeug ausschließlich vom Erblasser genutzt worden ist und insbesondere auch auf seinen Namen lief, dürfte das Fahrzeug auch ihm gehören, so dass hier der gesamte Wert des Fahrzeuges in die Erbmasse einfließt.
Hinsichtlich des Darlehens dürfte die gesamte Darlehenssumme zur Erbmasse gehören, auch wenn die Darlehensrückzahlung auf ein Gemeinschaftskonto geflossen ist. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die entsprechenden Zahlungen sich aus dem Gemeinschaftskonto separat ergeben und dem Darlehensvertrag zwischen dem Vater und dem Schwager zuordnen lassen. Daraus ergibt sich sodann, dass die Zahlungen selbst alleine für den Vater und Erblasser bestimmt gewesen sind und nicht für beide Ehegatten, so dass eine 50-prozentige Berücksichtigung nicht stattfindet.
Sofern auf das alleinige Girokonto des Erblassers nur Zahlungen des Erblassers eingegangen sind und hiervon sodann Sparrücklagen zu Gunsten der Ehefrau gebildet worden sind, so ist auch darüber Auskunft zu geben, da es sich hier gegebenenfalls um vorweggenommene Zahlungen im Rahmen eines Erbes handeln kann. Allerdings ist dies eher unwahrscheinlich, da dies möglicherweise auch ehebedingte Zuwendungen sind. Auf der anderen Seite könnte aber hier zumindest eine 50-prozentige Berücksichtigung stattfinden, wenn die Zahlungen des Erblassers auf das Konto der Ehefrau für eine gemeinsame Rücklage entsprechend geplant waren und im Zweifel beiden zustehen sollten. Hier kommt es allerdings dann auf Einzelheiten an, wie und wie viele Zahlungen erfolgt sind und auch wie in der Vergangenheit über diese Sparkonten verfügt worden ist.
In der Tat sind die Überprüfungsmöglichkeiten sehr gering. Einige hatte ich eben oben genannt, wichtig ist, dass Sie so viel wie möglich Unterlagen, auch gegebenenfalls Kontoauszüge und Kontobewegungen nachvollziehen können und dadurch gegebenenfalls Ungereimtheiten aufdecken könnten. Sodann würde sich gegebenenfalls der Auskunftsanspruch auch erweitern und die entsprechenden verbundenen Konten oder andere Zahlungen, die durch den Erblasser noch veranlasst worden sind, einbeziehen.
Allerdings ist dies im Nachhinein immer sehr schwierig einerseits eben nachzuweisen und andererseits überhaupt herauszufinden, für wen und zu welchem Zweck Zahlungen erfolgt sind und ob diese auch dem Erblasser zuzuordnen sind.
Hierzu müsste man auch konkret in die Unterlagen, die bereits jetzt vorhanden sind Einsicht nehmen, um zumindest einige Ansatzpunkte für weitere Ermittlungen zu finden.
Man könnte auch einen Ermittler daran setzen, der versucht, entsprechende Dinge ausfindig zu machen, was allerdings teuer ist.
Das Nachlassgericht überprüft grundsätzlich nur sehr pauschal die entsprechendenden Angaben der Erbschaftsbesitzerin, es sei denn, es würden von Ihnen Einwendungen erhoben werden. In der Regel werden dann tatsächlich auch diese Werte lediglich zur Berechnung der Gebühren herangezogen.
Ansonsten müsste man eben das Nachlassverzeichnis bzw. die Auskunft dazu eingehend gerichtlich einfordern. Hier würde das Gericht dann eingehender prüfen, insbesondere auch mögliche Einwendungen.
Sofern Sie später noch herausfinden sollten, dass hier Dinge zur Erbmasse verschwiegen worden sind, können Sie hier gegebenenfalls einen Schadensersatzanspruch gegen den Erbschaftsbesitzer geltend machen in Höhe der dann erhöhten Erbschaftsanteile. Allerdings gibt es auch hier entsprechende Verjährungsfristregelungen, so dass man hierauf nicht allzu lange warten sollte.
Sofern eine gütliche Einigung nicht möglich ist, sollten Sie in jedem Fall einen Rechtsanwalt, der sich vorwiegend im Bereich des Erbrechts beschäftigt, mit hinzuziehen, um ihre Ansprüche prüfen zu lassen.
Andernfalls können Sie zunächst nur anhand der herausgegebenen Unterlagen schauen, ob die Werte so einigermaßen stimmig sind und gegebenenfalls schauen, ob noch andere Personen Kenntnis von den wirtschaftlichen Dingen des Erblassers hatten und hier gegebenenfalls auch Auskünfte in Bezug auf die von der Erbschaftsbesitzerin dargereichten Auskunft geben können.
Ich hoffe, dass ich Ihnen bis hierhin hilfreich antworten konnte und stehe Ihnen bei weiterem Nachfragebedarf gerne zur Verfügung.
Über eine anschließende positive Bewertung freue ich mich.
Viele Grüße
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vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen:
Folgende Fragen sind dabei jedoch für mich noch offen:
1. Verstehe ich zu Frage 2 Ihre Ausführungen richtig, dass die 2. Frau meines Vaters Auskunft über die Höhe der seinerzeit ausgezahlten Lebensversicherung meines Vaters geben muss und auch darüber, ob daraus noch Gelder vorhanden sind, auch wenn diese Gelder sich auf einem ihrer Konten befinden, da diese dann dem Nachlass zugeordnet werden?
2. Wie versteht sich der Begriff „ nutzen“ ( meine Frage 3)beim Kraftfahrzeug? Bedeutet nutzen mitfahren, z. Bsp. Zum Einkaufen oder in den Urlaub? Das Auto wurde von meinem Vater gekauft, ( höchstwahrscheinlich von seiner Lebensversicherung bezahlt), war nur auf ihn zugelassen, versichert und angemeldet. Er nutze es ausschließlich, da seine Frau nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis ist. Fließt es somit zu 100% in die Erbmasse?
3. Frage 5: Wenn aus den Kontobewegungen meines Vaters deutlich wird, dass von seinem Konto alle Unkosten für den Lebensunterhalt der beiden beglichen wurden und alle übrigen Einkünfte auf den Konten seiner Frau angesammelt wurden, dass sich dabei um gemeinsame, geplante Sparrücklagen handelt und deshalb diese Guthaben auch zu 50% in die Erbmasse einfließen auch wenn sie sich auf ihrem Konto befinden?
Vielen Dank für Ihre Mühe
aufgrund der anstehenden Feiertag bitte ich um Verständnis, dass ich Ihre Nachfrage spätestens am nächsten Montag, ggf. am Samstag dieser Woche ausführlich beantworte.
Vielen Dank für Ihr Verständnis und frohe Festtage.
Viele Grüße
Die zweite Frau ist Erbschaftsbesitzerin, d.h. sie hatte die entsprechenden Unterlagen über die Erbmasse und die Erbmasse selbst in Besitz. Sie muss daher auch allen potentiellen Erben entsprechend Auskunft darüber geben, in welchem Umfang Erbmasse vorhanden ist, damit diese ihre Ansprüche berechnen können.
Wenn zu vermuten ist, dass sich Gelder des Erblassers auf diesem Konto befinden, dann muss die Frau auch Auskunft geben. Sofern es sich hier um ein Konto der Frau alleine handelt, ist diese Vermutung allerdings schwierig zu belegen, da hier möglicherweise die Versicherung verbraucht sein kann und andererseits möglicherweise auch eine Schenkung an die Frau vorliegen könnte. Es kommt daher darauf an, ob hier noch die Erbmasse auf dem Konto vermutet werden kann oder ob es sich hier möglicherweise auch um eine rechtlich relevante Schenkung handelt, die zu Lebzeiten bereits auf den Todesfall vorgenommen werden worden ist. Aber auch dies dürfte schwierig nachzuweisen sein, was allerdings im Fall einer möglichen gerichtlichen Geltendmachung tun müssten.
Sofern das Fahrzeug dem Vater gehört hat, fällt es in die Erbmasse. Nur, wenn eine entsprechend überwiegende Nutzung durch die Ehefrau möglicherweise geschehen ist, was diese dann allerdings nachweisen müsste, könnte hier eine Art Beteiligung vorliegen, die allerdings auch eigentumsrechtlich nicht vorliegt.
Wenn die Frau allerdings nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis ist, gehört es auf jeden Fall zu 100 % die Erbmasse.
Ja, wenn insofern nachweisbar ist, dass die Sparrücklagen beiden zugute kommen sollten, was aufgrund der Lebensführung und der entsprechende Ausgabenverteilung hier möglich ist, müsste auch hier gelten, dass 50 % der Sparrücklagen in die Erbmasse fließen und ihrem Vater gehört haben.
Ich hoffe, dass ich auch Ihre Nachfragen hilfreich beantworten konnte.
Viele Grüße