Erwerb und Abgeltung von Urlaubsansprüchen in der Probezeit
Wenn der Arbeitnehmer in der Probezeit kündigt (oder eine Kündigung erhält), stellt sich die Frage, wie es sich mit dem vorhandenen bereits erworbenen Urlaubsanspruch verhält, und er verfällt, ob Urlaub (teilweise) bewilligt bzw. genommen werden muss, oder ausnahmsweise nach § 7 Absatz 4 BUrlG „abzugelten“ ist.
Die Rechtslage ist dabei wie folgt
Nach § 4 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) *1) erwirbt ein neuer Arbeitnehmer erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten den vollen Urlaubsanspruch. Das BUrlG regelt aber, etwas unübersichtlich, davon einige Ausnahmen.
Vor Ablauf dieser Wartezeit in den ersten sechs Monaten erwirbt ein Arbeitnehmer nämlich unter gewissen Voraussetzungen Ansprüche auf Teilurlaub, wie sich aus § 5 BUrlG *2) ergibt.
Das ist der Fall für Zeiten eines Kalenderjahrs, in denen der Arbeitnehmer wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt; wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet; und wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahrs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Urlaub muss generell genommen werden, aber gem. § 7 Abs. 4 BUrlG *3) ist der Urlaub dann, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann, abzugelten. Es kommt dabei nicht darauf an, aus welchen Gründen das Arbeitsverhältnis beendet wurde (also z.B. durch ordentliche oder außerordentliche Kündigung seitens des Arbeitgebers oder Arbeitnehmers, bzw. durch Aufhebungsvertrag).
Praktisch wird dies häufig so geregelt, daß der Arbeitnehmer in solch einer Situation durch den Arbeitgeber von der Pflicht zur Arbeit freigestellt wird und aufgefordert wird, in dieser Zeit seinen Urlaub zu nehmen. Dagegen ist rechtlich nichts einzuwenden. Wenn der Arbeitgeber aber auf voller Arbeitsleistung bis zum letzten Tag besteht, wozu er berechtigt ist, dann muss in der Tat der erworbene Teilurlaub nach §§ 5, 7 BUrlG „abgegolten“ also ausgezahlt werden.
Der bisherige Arbeitgeber ist nach 6 Abs. 2 BUrlG in dieser Situation verpflichtet, dem Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub zu erteilen. Dadurch werden doppelte Urlaubsansprüche vermieden.
B.- Baden, den 19.01.2018
Verfasser: Andreas Fischer, Rechtsanwalt
Fußnoten und weiterführende Hinweise
*1) § 4 BUrlG Wartezeit
Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben.
*2) § 5 BUrlG Teilurlaub
(1) Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer
a) für Zeiten eines Kalenderjahrs, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt;
b) wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet;
c) wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahrs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.
(2) Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden.
(3) Hat der Arbeitnehmer im Falle des Absatzes 1 Buchstabe c bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hinaus erhalten, so kann das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden.
*3) § 7 Abs. 4 BUrlG Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs
(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.
(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.
(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.
(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.