Anstellungsvertrag für Vertriebsmitarbeiter (Auskünfte)
Fragestellung
Sachverhalt
a) die M GmbH ist Handelsunternehmen, welches seit ca. 20 Jahren auf dem Markt (Kunden sind im Regelfall Gewerbekunden wie Porsche, Daimler, Krankenhäuser, Schulen, etc.) technisch innovative Produkte erfolgreich vertreibt
b) in der Vergangenheit wurden vornehmlich freie Handelsvertreter beschäftigt, die auf Provisionsbasis abgerechnet wurden
c) zwischenzeitlich kam mehrfach von Interessenten die Anfrage, ob nicht auch eine typische Anstellung (wg. der Risikoabsicherung) möglich wäre
d) hierzu wurde nun ein „Test-Mitarbeiter“ eingestellt, welcher seit März 2016 im Anstellungsverhältnis tätig ist.
e) Der Entwurf des Anstellungsvertrages liegt bei
Fragen:
1. Gibt es in diesem Vertrag (Standardvorlage) Passagen, die künftig Problem machen könnten
2. Wie oft darf ich eine Probezeit verlängern
3. Inwieweit hat ein Arbeitnehmer in dieser Branche dann Anspruch auf eine Vergütung bei Beendigung des Vertrages (z.B. Vertriebsaufbau)
4. Bestehen Bedenken, wenn diese Mitarbeiter später als „Freie“ ins selbständig machen, um dann am Erfolg des eigenen Marktaufbaus besser partizipieren zu können
5. Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Abfindung, wenn er aus dem Unternehmen ausscheidet und er in seiner Zeit als Mitarbeiter ein Gebiet weiter aufgebaut hat.
Beispiel: Im aktuellen Fall übernimmt der neue Mitarbeiter ein Gebiet mit ca. 500 Kunden (mit Jahresumsatz T € 120) und schafft es dann in 10 Jahren seiner Tätigkeit daraus einen Bestand mit 700 Kunden (Jahresumsatz T€ 180) zu generieren. Gibt es hierfür eine Berechnungsgrundlage
Für Ihre Unterstützung vielen Dank.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Sylvia True-Bohle
Sehr geehrte Damen und Herren,
sicherlich wäre es möglich, einen Mitarbeiter als Angestellten zu beschäftigen, so dass dann nicht das Handelsvertreterrecht, sondern das Arbeitsrecht gilt:
Beachten müssen Sie dabei, dass Sie bei einem Mitarbeiter nicht nur die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für sechs Wochen zu tragen haben, sondern auch Urlaubsansprüche bestehen und das Kündigngsschutzgesetz immer dann eingreift, wenn der Mitarbeiter länger als sechs Monate bei ihnen beschäftigt sind und Sie mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigen.
Bei Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes ist es dann ungleich schwerer, sich von einem Mitarbeiter zu trennen, als bei einem Handelsvertreter. Die Kündigung des Mitarbeitervertrages darf dann nach § 1 KSchG nicht sozial ungerechtfertigt sein.
Dieses gilt es also zunächst bei Ihrer Überegung zu beachten.
Da in dem Vertragsentwurf keine erfolgsabhängige Zusatzzahlung vereinbart ist, werden Sie also auch dann die Vergütung zahlen müssen (mehr aber nicht; dazu unten mehr), wenn der Mitarbeiter "unproduktiv" ist, also keine Neuaufträge abschließt.
Vorab also zu Ihren ansich schon recht guten Vertragsentwurf, der aber sicherlich noch optimiert werden kann:
§1
2) "Der Mitarbeiter hat wöchentlich einen Kurz-Bericht gemäß Muster über die von ihm getätigten Besuche dem Arbeitgeber vorzulegen"
Das sollte noch eingefügt werden, da Sie so nicht nur die Arbeit und die Umsetzung Ihrer Anweisungen kontrollieren können, sondern auch das mögliche feetback der Kunden nachvollziehen können.
So ein Muster kann als einfache Datei vorgegeben werden, in dem Zeit, Ort und Dauer genannt werden, der Gesprächspartner und der Inhalt des Gespräches kurz skizziert wird, z.B:
Datum, Ort, Uhrzeit Gesprächspartner, Inhalt
01.01 Ulm 10:45, Herr X. Artikel vorgestellt X wünscht noch ....
Das kann nach jedem Besuch dann schnell noch im Auto eingegeben werden, sollte also Teil der bezahlten Arbeit werden.
§2
Sofern es keine Ausschließlichkeit der gebietsbetreuung geben soll, sollte es lauten:
"Das auch diesem Mitarbeiter übertragene Verkaufsgebiet ...."
so dass Sie dann mit so einer Formulierung "auch" dann mehrere Mitarbeiter im gelichen Gebiet tätig werden lassen könnten. Das kann für Krankheit oder Urlaub wichtig sein.
§ 3
Ist in Ordnung und bedarf keiner Änderung.
§ 4
1)
Der zweite Satz sollte gestrichen werden. Denn einen "Wertansatz" gibt es so nicht, ein Festgehalt gezahlt wird, welches bei rund 9,80/Stunde liegt.
Hinzuzurechnen ist noch die PKW Nutzung.
2.)
Die Nutzung des Fahrzeuges wäre bei der derzeitigen Regelung allein auf Kosten des Mitarbeiters.
Das kann so nicht sein, so dass die Regelung anders gefasst werden muss:.
"Dem Mitarbeiter wird ein Firmenfahrzug zur verfügung gestellt. die Kosten trägt, soweit keine andere Regelung besteht, der Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer hat Tankquittungen vorzulegen; notwendige Reparaturen sind vorab mit dem Arbeitgeber zu besprechen
Die Nutzung zu Privatzwecken auf Kosten des Arbeitnehmers wird gestattet. Zur Abrechnung dieser Privatanteile und Abrechnung der vorgelegten Tankquittungen führt der Arbeitnehmen ein Fahrenbuch, welches monatlich vorzulegen ist."
§ 5
1.)
..bereits am ersten Tag mitzuteilen.
Das sollte nochmals deutlich gemacht werden, da viele Mitarbeiter sonst von der Drei-Tage-Regelung ausgehen
§ 6
Der letzte Satz ist unzulässig; erfolgt die Beenigung in der zweiten Jahreshälfte, ist nach dem BUrlG der volle Jahresurlaub zu gewähren.
§ 7
2.)
nur:
".. Die Kündigung hat schriftlich zu erfolgen."
Eine bestimmte Zustellart können Sie nicht vorschreiben.
§ 8
Sollte noch ergänzt werden:
"Der Firmenwagen ist am Sitz des Arbeitgebers ordnungsgemäß und gesäubert zurückzugeben".
§§ 9 und 10
sind in Ordnung und brauchen nicht geändert werden.
Soweit zum Vertrag; nun zu Ihren ergänzenden Fragen:
1. Gibt es in diesem Vertrag (Standardvorlage) Passagen, die künftig Problem machen könnten
Siehe oben.
2. Wie oft darf ich eine Probezeit verlängern
Gar nicht; die Verlängerung der Probezeit kann nur ausnahmsweise - einvernehmlich - dann erfolgen, wenn z.B. eine Krankheit die ursprüngliche Probezeit gehemmt hätte.
Ansonsten kommt eine Verlängerung nicht in Betracht.
3. Inwieweit hat ein Arbeitnehmer in dieser Branche dann Anspruch auf eine Vergütung bei Beendigung des Vertrages (z.B. Vertriebsaufbau)
Nach diesem Vertrag gar nicht, da ein monatliches Fixgehalt vereinbart worden ist.
Eine im Handelsvertretervertrag zulässige Nachwirkung der Tätigkeit kommt bei solchen Mitarbeitervertragen nicht in Betracht.
4. Bestehen Bedenken, wenn diese Mitarbeiter später als „Freie“ ins selbständig machen, um dann am Erfolg des eigenen Marktaufbaus besser partizipieren zu können.
Das ist natürlich immer möglich, könnten Sie dann nur mit einem Wettbewerbsverbot verhindern. Dazu muss es aber zeitlich eingegrenzt sein und Sie müssen dann eine sogenannte Karenzentschädigun g (in der Regel 1/2 Gehalt) zahlen.
Das sollte man hier aber vernachlässigen, da dieses halbe Gehalt die Existenz bedrohen würde, das Wettbewerbsverbot dann aber hifällig ist.
5. Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Abfindung, wenn er aus dem Unternehmen ausscheidet und er in seiner Zeit als Mitarbeiter ein Gebiet weiter aufgebaut hat.
Beispiel: Im aktuellen Fall übernimmt der neue Mitarbeiter ein Gebiet mit ca. 500 Kunden (mit Jahresumsatz T € 120) und schafft es dann in 10 Jahren seiner Tätigkeit daraus einen Bestand mit 700 Kunden (Jahresumsatz T€ 180) zu generieren. Gibt es hierfür eine Berechnungsgrundlage
Nein; da es kein Handelsvertretervertrag ist, gibt es solche Ausgleichsansprüche bei dieser Art der Zusammenarbeit nicht.
Für Rückfragen stehe ich zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle, Oldenburg
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