Der Bundesgerichtshof hat am 19.01.2023, Az. VII ZR 34/20, im Wege des Urteils entschieden, dass die AGB-Kontrolle eines VOB/B-Vertrags bedingt, dass § 4 Abs. 7 iVm. § 8 Abs. 3 Nr. S. 1 Alt. 1 VOB/B zu einer unwirksamen Kündigung führen kann.

Sofern die VOB/B nicht als Ganzes, sondern mit Abweichungen zwischen den Vertragsparteien vereinbart wird, ist eine AGB-Kontrolle gemäß der §§ 305 ff. BGB zulässig.

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes aus 01/2023 besteht bei Kündigungen wegen Mängeln des Gewerks nur noch BGB-Recht. D.h. es sind grundsätzlich keine Kündigungen vor Fälligkeit der Bauleistung möglich.

Es gilt allgemein, es ist zügig und ohne wesentliche Verzögerungen zu bauen.

Es kann ausnahmsweise aber auch auf den jeweiligen Vertragspartner ankommen. Sofern in Kenntnis dessen, dass eine Rentnertruppe bestellt wurde, ist keine schnelle Errichtung zu erwarten. Das bedeutet aber gleichwohl, dass große Pausen am Bau ausgeschlossen sind. Daher ist ein vereinbarter Fertigstellungstermin wichtig.

Nach der VOB/B kann ein Vertrag gekündigt werden, wenn ein Mangel während der Bauzeit nicht fristgerecht beseitigt wird. Hierin begründen sich Beschleunigungsmaßnahmen und Mängelbeseitigungsaufforderungen vor dem Fertigstellungstermin. Der Auftraggeber kann nach Fristsetzung den Vertrag wegen eines einzigen Mangels, der nicht beseitigt wurde, kündigen.

Es ist dabei zwischen wesentlichen und unwesentlichen Mängeln zu unterscheiden. Wesentliche Mängel berechtigen jedenfalls zur Kündigung, wie, wenn es nachgewiesen wird, dass das Bauwerk zum Fertigstellungstermin nicht geleistet werden kann. Unwesentliche Mängel können aber eine Kündigung des Vertrags nicht begründen. Das lässt sich aus §§ 307 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §648a BGB herleiten. Dem gesetzlichen Grundgedanken.

Nach der vorzitierten Entscheidung des BGH aus 01/2023 beschränkt sich die Grenze der Kündigungsmöglichkeit der Bauleistung auf § 323 Abs. 4 BGB. Das bedeutet, dass grundsätzlich, sofern eine Inhaltskontrolle der Regelungen der VOB/B stattfindet, dass keine Kündigung des Vertrags möglich ist, solange der Fertigstellungstermin nicht erreicht ist. Verzögertes Arbeiten ist kein Mangel der Bauleistung.

Eine Kündigung des Vertrags durch den Auftraggeber kann gegebenenfalls auf eine freihändige Kündigung hinauslaufen, die den großen Schadensersatz des Auftragnehmers begründet.

Die Mängelrechte allgemein können aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch vor der Fälligkeit geltend gemacht werden. Dies nunmehr in den Grenzen der BGB-Regelung. Fachlich gesehen, handelt es sich hierbei aber um Schadensersatz.

Ausnahmsweise kann der Vertrag wegen wesentlicher Mängel gekündigt werden, wenn abzusehen ist, dass die Fertigstellung nicht fristgerecht erreicht werden kann, vgl. § 323 Abs. 4 BGB. Es bestehen hier hohe Hürden, da auch kleine Unternehmen plötzlich erhebliche Personalaufstockung leisten können, um Termine zu halten.

Es ist nach einigen Auffassungen möglich, die VOB/B-Regelung aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes 01/2023 auch als Allgemeine Geschäftsbedingung wirksam zu vereinbaren.

Hierbei ist eine Modifikation des Gesetzestextes notwendig.

Die hier zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes hat auch für andere VOB/B-Regelungen Relevanz.

Zu empfehlen ist, grundsätzlich in jeder Phase des Bauvorhabens anwaltlich beraten zu sein, sei es der Auftraggeber oder Auftragnehmer.

Frederik Neumann
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
NEUMANN Fachanwaltskanzlei
Offenbach a.M., 21.02.2025