Bundessozialgericht, Urteil vom 27.9.2019 -B 11 AL 17/18 R-

Lehnt ein Arbeitsloser wiederholt Beschäftigungsangebote ab oder verweigert die Teilnahme an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (versicherungswidriges Verhalten), kann deshalb eine zweite und dritte Sperrzeit mit einer Dauer von sechs und zwölf Wochen nur eintreten, wenn dem Arbeitslosen zuvor konkrete Rechtsfolgenbelehrungen erteilt worden sind und zudem bereits ein Bescheid über eine vorausgegangene Sperrzeit ergangen ist.

Sachverhalt

Im Verlauf des Leistungsbezugs wies das Arbeitsamt den Kläger unter Hinweis auf § 45 Abs 1 Satz 1 SGB III einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung "Langzeitarbeitslosigkeit vermeiden (LAV)" zu. Das Schreiben enthielt die Rechtsfolgenbelehrung, dass eine Sperrzeit eintrete, wenn die Teilnahme an der Maßnahme ohne wichtigen Grund abgelehnt werde, die Sperrzeit im Falle des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens drei Wochen sowie im Falle des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens sechs Wochen dauere, während der Sperrzeit der Anspruch auf Leistungen ruhe und die Anspruchsdauer sich um die Tage einer Sperrzeit mindere. Der Kläger trat die Maßnahme nicht an, die Anhörung der Beklagten zum Eintritt einer dreiwöchigen Sperrzeit blieb unbeantwortet. Wiederum unter Hinweis auf § 45 Abs 1 Satz 1 SGB III wies die Beklagte den Kläger erneut der Maßnahme LAV zu. Das Schreiben enthielt die gleiche Rechtsfolgenbelehrung wie die vorhergehende Zuweisung. Der Kläger trat auch diese Maßnahme nicht an und wurde von der Beklagten zum Eintritt einer weiteren Sperrzeit angehört, die sechs Wochen dauern sollte. Hierauf teilte er mit, dass ihm die Maßnahme ungeeignet erschiene. Das Arbeitsamt hob die Entscheidung über die Bewilligung von Alg wegen der unterbliebenen Teilnahme des Klägers an der ersten angebotenen Maßnahme für den Zeitraum von drei Wochen mit der Begründung ganz auf, der Anspruch ruhe wegen des Eintritts einer Sperrzeit. Mit Bescheid vom gleichen Tage hob sie zudem die Bewilligung von Alg wegen der unterbliebenen Teilnahme des Klägers an der zweiten angebotenen Maßnahme für den Zeitraum sechs Wochen ganz auf. Die Widersprüche des Klägers gegen diese Bescheide wies das Arbeitsamt zurück. Klage und Berufung blieben erfolglos. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, beide Sperrzeiten seien zu Recht festgestellt worden und auch die Aufhebung der Leistungsbewilligung sowie der geltend gemachte Erstattungsanspruch seien berechtigt. Die Revision des Klägers richtet sich gegen die zweite Sperrzeit.

Entscheidung

Mit Erfolg! Eine Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme setzt, ebenso wie eine Sperrzeit bei Arbeitsablehnung zunächst ein hinreichend benanntes, zumutbares Maßnahmeangebot voraus, versehen mit einer zutreffenden Rechtsfolgenbelehrung. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann hier offenbleiben, denn der Kläger wendet sich nicht gegen die Sperrzeit an sich, sondern nur gegen deren Dauer, soweit diese über drei Wochen hinausgeht. Eine Sperrzeit von sechs Wochen kommt indes nur als zweite Sperrzeit (nach § 159 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB III) in Betracht und setzt - entgegen der Auffassung der Vorinstanzen - voraus, dass eine erste Sperrzeit von drei Wochen nicht nur eingetreten, sondern der Eintritt dieser Sperrzeit dem Betroffenen auch durch Bescheid mitgeteilt worden ist. An einem solchen Bescheid fehlt es hier. Eine ausdrückliche Regelung dazu, ob der Eintritt einer zweiten oder weiteren Sperrzeit mit längerer Sperrzeitdauer eine solche Mitteilung der früheren Sperrzeit voraussetzt, fehlt zwar in § 159 Abs 4 SGB III. Doch folgt dies aus der systematischen Regelungsstruktur der Sperrzeitvorschriften und den zu deren verfahrensrechtlicher Umsetzung entwickelten Grundsätzen. Wegen der vom Gesetz geforderten zeitlichen Abfolge von erstem, zweitem und weiterem versicherungswidrigen Verhalten muss diese Umsetzung auch zeitlich gestaffelt stattfinden, darf also nicht - wie hier - gleichzeitig erfolgen.