Das BMF veröffentlichte am 10.12.2019 den ersten Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD-UmsG). Mit dem Gesetzentwurf sollen neben anderen Regimen die Hinzurechnungsbesteuerung mit Blick auf Art. 7 und 8 der ATAD reformiert werden.
Die Hinzurechnungsbesteuerung sanktioniert bestimmte Einkünfte ausländischer Gesellschaften, deren Anteile von steuerpflichtigen Personen in Deutschland gehalten wird. In der Rechtsfolge werden dem Anteilseigner eine fiktive Dividende zugerechnet.
Die neuen Regelungen sollten zunächst ab dem 1. Januar 2020 Anwendung finden. Sie knüpfen inhaltlich im Wesentlichen an einen zuvor „durchgesickerten“ Arbeitsentwurf der Finanzverwaltung aus dem Dezember 2018 (sog. „kleine Lösung“) an, der dem Hörensagen nach „in der Berliner Straßenbahn vergessenen wurde“. Das federführende BMF hatte ursprünglich geplant, dass das Bundeskabinett noch am 18.12.2019 den Regierungsentwurf beschließt. Denn dann hätte nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG kein Vertrauensschutz mehr bestanden und nicht nur die zwingend ab 2020 umzusetzenden Regelungen hätten auch bereits 2020 Anwendung finden können. Dies ist jedoch nicht geschehen. Aufgrund der Nichteinhaltung der Umsetzungsfrist hat die EU-Kommission am 24.1.2020 bereits ein Verfahren nach Art. 258 AEUV gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet.
Seitens der Regierungsparteien von CDU/CSU und SPD im Bundestag wurde die Dringlichkeit einer Umsetzung der ATAD-Richtlinie zuletzt – trotz der sich bereits abzeichnenden Corona-Krise – bis Ende 2020 nochmals gesondert betont. Das BMF hat dann in Mitten der Corona Krise am 25.3.2020 einen in Teilen überarbeiteten Referentenentwurf vom 24.3.2020 den anderen Bundesministerien zur Ressortabstimmung zugeleitet. Nach diesem zweiten Referentenentwurf sollen die neuen Regelungen über die Hinzurechnungsbesteuerung nunmehr erst ab dem Veranlagungszeitraum 2021 zur Anwendung kommen. Eine Beschlussfassung am 8.3.2020 scheiterte zunächst aufgrund der fehlenden Einigung der Ressorts. Auch kam es angesichts der aktuellen Prioritäten bei der darauffolgenden Kabinettsitzung am 22.4.2020 nicht zu einem Beschluss. Insbesondere der aktuell noch unveränderte Niedrigsteuersatz von 25 % (§ 8 Abs. 2 AStG / § 8 Abs. 5 AStG-E) sei so umstritten, dass hierzu bisher noch keine Einigung erzielt werden konnte.
Nach aktuellen Äußerungen der Finanzverwaltung befindet sich der zweite Referentenentwurf immer noch in der Ressortabstimmung, deren Ende nicht abgesehen werden kann. Sobald die Abstimmung abgeschlossen ist, rechne man jedoch mit einer schnellen Kabinettbefassung und anschließendem parlamentarischen Verfahren.
Es bleibt abzuwarten, ob an den bisherigen Reformvorschlägen festgehalten wird.
Ihr
Salar Rechid, LL.M
Steuerberater