WEG Recht - Anfechtung eines Beschlusses
Fragestellung
Lieber Herr Schröter,
Nachdem ich ihre Hilfe ja schon in Anspruch genommen habe und Sie immer wärmstens empfehle, habe ich jetzt mal wieder eine Frage in eigener Sache:
Wir haben in einer ETG mit ca. 40 Parteien eine Hausverwaltung, bei der jetzt alle Ansprechpartner und die Geschäftsführung gewechselt haben. Seither hat sich die Hausverwaltung auf die Fahne geschrieben, dass die Teilungserklärung und Hausordnung von 1973 minutiös befolgt werden muss.
Hierzu jetzt einige brennende Fragen:
1)
Wir hatten bei der erneuten Einsetzung der Hausverwaltung ins Protokoll aufnehmen lassen, dass wir diese wieder bestellen, wenn der Geschäftsführer und die Ansprechpartner exakt dieselben bleiben (namentlich benannt). Nur unter dieser Bedingung wurde von vielen Bewohnern zugestimmt.
Jetzt kam das Schreiben, dass sie eine neue Geschäftsführung haben, mit neuen Ansprechpartnern auf allen Positionen.
Kann man den Vertrag somit als nichtig ansehen / anfechten, weil die Voraussetzungen, unter denen er geschlossen wurde, nicht mehr zutreffen?
2)
In der letzten ETV vom 24.05.17 wurde in meiner Abwesenheit (Krebserkrankung) beschlossen, dass alle Satelitenschüsseln zum 30.09. abgebaut werden müssen. Man könne über Internet fernsehen.
Anmerkung:
Unsere Hausantenne funktioniert seit mindestens 2008 nicht, hierzu gibt es ein Gutachten, in der letzten ETV wurde sich wieder auf keine Lösung geeinigt, weil unverhältnismäßig teuer.
In der Teilungserklärung/Hausordnung von 1973 steht, wir dürfen keine eigenen Antennen anbringen und sind verpflichtet, uns an die Hausantenne anzuschließen...
Am 14.07.17, also ca. 7 Wochen später, wurde mir das Protokoll der Versammlung zugeschickt.
Ich habe direkt eine Mail an die Verwaltung gesandt, dass ich gerade (14.07.) das Protokoll erhalten habe und dem Beschluss widerspreche, weil mein Mann als Niederländer ohne die Satelitenschüssel keine Niederländischen Sender empfangen kann.
Dies ist durch Geoblogging im Internet nicht möglich.
BVN, der holländisch/vlämische Sender sendet überwiegend vlämisch.
Hier bleibt er weder bezüglich der Entwicklungen im Niederländischen Gesundheitssektor auf der Höhe, noch hilft der Sender, seine Niederländischkenntnisse zu erhalten (seine Sprachkenntnisse werden schlechter und es ist für uns jetzt sehr wichtig, dass er fit bleibt für den Niederländischen Arbeitsmarkt.
Zudem hängt die besagte Schüssel aufgrund des nicht vorhandenen Empfangs sicher seit über 25 Jahren an jener Stelle, eventuell wurde sie mal genehmigt, weil über die Antenne kein Empfang besteht, sie hängt zwischen zwei Wohnungen im EG. Wir haben die Wohnung mit der existierenden Schüsselverbindung gekauft (ich glaube aber, wir haben sie nicht genehmigen lassen, da kamen wir nicht drauf..).
Die Antwort der Hausverwaltung war, dass wir eine schwierige ETG sind.
Als ich weiter nichts hörte, schrieb ich zurück, dass ich dies so interpretiere, dass die Schüssel bleiben kann. Darauf kam keine Antwort.
Am 09.10. wurde im Hausflur am schwarzen Brett ein Aushang vorgefunden:
Datum 05.10.:
Bei der heutigen Begehung wurde festgestellt, dass nicht alle SAT-Schüsseln entfernt wurden.
Wir bitten Sie daher, alle SAT-Schüsseln bis spätestens zum 15.10.2017 zu entfernen, ansonsten müssen wir gerichtliche Schritte einleiten.
Jetzt meine Fragen:
2a)
Ist das Protokoll anfechtbar, weil es entgegen einem Passus im Verwaltervertrag nicht innerhalb 4 Wochen beim Eigentümer war und wir somit nichts mehr anfechten konnten?
Oder ist
2b)
dadurch das Ganze doch noch anfechtbar?
2c)
Darf man in unserer Anlage überhaupt übers Internet fernsehen?
2b) Muss nicht die Gemeinschaftsantenne zwingend instand gesetzt werden?
Bevor man uns jegliche Möglichkeit entzieht, ohne Internet und somit ohne Zusatzkosten zu schauen?
2d) Fordert mich die Verwaltung und die ETG uns nicht indirekt zum Rechtsbruch auf, wenn sie behauptet, wir könnten alles über das Internet sehen? Wegen Verletzung der Geoblocks und gegen die eigenen Hausregeln?
2e)
Die Hausverwaltung kann nicht ohne einen extra Beschluss der ETG "gerichtliche Schritte einleiten", oder? Wird das dann in der folgenden ETV beschlossen?
Uns, mir und einigen anderen Eigentümern, geht es vorallem darum, Zeit zu bekommen, bis es technisch und rechtlich möglich ist, alle benötigten Sender zu empfangen. Danach sind wir alle bereit, abzubauen.
Zudem haben wir Sorge, weil in der Teilungserklärung steht:
§4 Instandsetzung und Instandhaltung Seite 20 Ziff. 3:
Die äußere Gestaltung des Gebäudes darf nicht verändert werden.
Und wir wurden schon aufgefordert "von der Verwaltung nicht genehmigte Sichtschutzelemente" zu entfernen.
Unter Ziff. 3 Reinhaltungs-und Reinigungspflicht wörtliche Wiedergabe:
Das Halten von Hunden und sonstigen Tieren bedarf der vorgängigen schriftlichen Erlaubnis des Verwalters.
Wer weiß, was da alles noch auf unsere Hundehalter und Katzenbesitzer zukommt...
Ganz lieben Dank für Ihre wie immer kompetente Hilfe im Voraus,
Ihre
A. K.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Marcus Schröter
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfragen, die ich nachfolgend beantworte:
1) Wir hatten bei der erneuten Einsetzung der Hausverwaltung ins Protokoll aufnehmen lassen, dass wir diese wieder bestellen, wenn der Geschäftsführer und die Ansprechpartner exakt dieselben bleiben (namentlich benannt). Nur unter dieser Bedingung wurde von vielen Bewohnern zugestimmt.
Jetzt kam das Schreiben, dass sie eine neue Geschäftsführung haben, mit neuen Ansprechpartnern auf allen Positionen.
Kann man den Vertrag somit als nichtig ansehen / anfechten, weil die Voraussetzungen, unter denen er geschlossen wurde, nicht mehr zutreffen?
Zu unterscheiden ist zwischen der Beschlussfassung der Eigentümerversammlung zur Bestellung des Verwalters und dem eigentlichen Verwaltervertrag. Nur wenn der Verwaltervertrag eine entsprechende Regelung enthält, dass die Ansprechpersonen ausschlaggebend für den Abschluss des Verwaltervertrages waren, könnte der Verwaltervertrag vorzeitig gekündigt werden, wenn die Ansprechperson das Verwalterunternehmen verlassen. Fehlt in dem Verwaltervertrag eine entsprechende Regelung kann der Vertrag nur unter Einhaltung der Kündigungsfrist beendet werden.
2)
Die Frage zur Anbringung einer Satellitenschüssel möchte ich insgesamt beantworten. Auch wenn die Eigentümerversammlung durch Mehrheitsbeschluss die Entfernung aller Satellitenschüsseln beschlossen hat, besteht gleichwohl ein Recht auf mediale Information. Dieses Recht steht hier im Konflikt zum äußeren Erscheinungsbild des Gemeinschaftseigentums. Das äußere Erscheinungsbild wurde in den letzten Jahren nicht moniert. Insoweit wird dieser ästhetische Anspruch hinter den Informationsanspruch zurücktreten.
Dies gilt umso mehr als die Hausantenne nicht funktioniert und Fernsehen über einen Internetanschluss nicht immer möglich ist. Nach einer Entscheidung des BGH, Urteil v. 13.11.09, Az. V ZR 10/09) haben Sie bzw. Ihr Mann einen Anspruch auf Information per Satellitenfernsehen. Danach kann die Wohnungseigentümergemeinschaft lediglich bestimmen, wo die Parabolantenne angebracht wird, kann diesen Anspruch auf nicht verhindern. Nach einer Entscheidung des Landgerichtes Hamburg, Urteil vom 5. August 2015 – 318 S 145/14 dürfte der Beschluss nichtig sein, wenn die Entfernung der Satellitenschüsseln grundsätzlich geregelt wurde und nicht zwischen Satellitenschüsseln im Gemeinschafts- und Sondereigentum unterscheidet. Erschwerend ist hierbei, dass es an einer medialen Grundversorgung aufgrund der fehlenden Hausantenne fehlt.
Zudem besteht auch Bestandsschutz, wenn die Wohnung mit entsprechender Satellitenschüssel erworben wurde.
Die Einleitung von gerichtlichen Schritten bedarf eines Beschlusses der Hausverwaltung, wenn hierüber nicht bereits entscheiden wurde.
Ich hoffe ich konnte Ihnen einen hilfreichen Überblick verschaffen. Im Hinblick auf die weitere Korrespondenz sollte die Hausverwaltung daher ihre Ansicht durch ein juristisches Gutachten, z.B. eines Rechtsanwaltes überprüfen lassen.
Mit besten Grüßen
Marcus Schröter
Rechtsanwalt
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Danke noch einmal!
ganz lieben Dank für die super informative Antwort!
Leider hat die ETG im Protokoll spezifiziert: "die unrechtmäßig durch Eigentümer / Mieter am Gemeinschaftseigentum angebrachten Satellitenschüsseln sind zu entfernen".
Ansonsten wäre das noch ein tolles Argument gewesen. Aber ich denke, auch die anderen Argumente sollten ausreichen, damit wir unsere Schüsseln wie gehofft behalten können, bis der Informationsnotstand beendet ist..
Ganz liebe Grüße und nochmals sehr herzlichen Dank,
Ihre A. K.