Wohnen in der Schweiz Arbeiten in Deutschland
Fragestellung
Hallo YourXpert Team,
ich habe spezielle Fragen bzgl. Steuerrecht Deutscher wohnhaft und Lebensmittelpunkt Schweiz.
Ich beginne in Kürze eine neue Arbeit in Deutschland. Arbeitsstelle ist ca. 250 KM vom Lebensmittelpunkt Familie und Schweiz entfernt. Er wird sich deshalb eine Wohnung mieten und wird nur zum Wochenende Heim in die Schweiz, dort wo seine Familie lebt, fahren.
Frage:
Muss ich mich in D bei der Gemeinde anmelden?
Ich habe eine Wohnung in D gemietet. Wenn ja, wie muss ich mich anmelden? Nebenwohnsitz, 2.Wohnsitz oder überhaupt nicht.
Was muss mein Arbeitgeber beachten?
Welche Adresse soll auf die Gehaltsabrechnung die aus der Schweiz oder aus D.
Wie ist es mit der Steuer? Wie viel Tage muss ich in Deutschland arbeiten, um Steuerpflichtig zu werden?
Kann ich die Kosten Wohnung Fahrt usw. absetzen?
Dieses Jahr werde ich nur 3 Monate arbeiten, ist das Steuer relevant?
Welche Besonderheiten sind zu beachten. Meine Familie bleibt in der Schweiz wohnen, nur ich werde in D arbeiten. Wer kann mir dabei helfen die optimale Konstellation hier anzuwenden? Für eine kurzfristige Kontaktaufnahme würde ich mir sehr freuen. Wäre auch gut über Chat. Besten Dank im Voraus M.F.
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Antwort von Steuerberater Björn Balluff
Sehr geehrter Ratsuchender,
die Wohnung in Deutschland ist dann beim Einwohnermeldeamt der entsprechenden Gemeinde meldepflichtig, wenn ein dauernder Aufenthalt von mehr als zwei Monaten beabsichtigt ist. Somit müssen Sie die Wohnung in Deutschland als Zweit- oder Nebenwohnsitz anmelden.
Bei Ihnen ist die Grenzgänger Regelung nur bedingt anzuwenden, denn die Fahrtstrecke beträgt mehr als 110 km - hier 250 km. Die Abkommen zwischen der BRD und der Schweiz sehen dann ein Grenzgänger Eigenschaft, wenn sie an maximal 60 Arbeitstagen aufgrund dieser Fahrtstrecke nicht in die Schweiz zurückkehren. Wenn Sie jeweils am Freitag zwecks Wochenende zu Ihrer Familie zurückkehren, dürfte die folgende Regelung zumindest in diesem Jahr anzuwenden sein (4 Wochenenden x 3 Monate = 12 Tage):
Bei den Kombinationen mit Wohn- und Arbeitsort in Deutschland und der Schweiz wird der Lohnsteuerabzug im Arbeitsland - in der Regel begrenzt auf 4,5 Prozent des Bruttoarbeitslohns - vom Arbeitgeber abgeführt und der Rest der Steuern im Wohnland gezahlt.
Der Arbeitslohn wird zur Berücksichtigung der Abzugssteuer in der Schweiz lediglich zu 80 % der Besteuerung unterworfen.
Der deutsche Arbeitgeber kann von der Einbehaltung der vollen Lohnsteuer jedoch nur absehen, wenn ihm eine Ansässigkeitsbescheinigung des Schweizer Grenzgängers vorliegt. Die Ansässigkeitsbescheinigung ist vom Grenzgänger mit dem Vordruck Gre-1 in dreifacher Ausfertigung beim zuständigen kantonalen Steueramt zu beantragen. Das kantonale Steueramt bestätigt die Ansässigkeit und behält die dritte Ausfertigung des Vordrucks. Die beiden übrigen Bescheinigungen sendet es an den Grenzgänger zurück, der die erste Ausfertigung seinem Arbeitgeber übergibt und die andere behält.
Diese Ansässigkeitsbescheinigung gilt jeweils für ein Jahr. Die Bescheinigung wird für das jeweilige Folgejahr dem Grenzgänger ohne Antrag von der zuständigen Behörde erteilt (Vordruck Gre-2). Zu beachten ist jedoch, dass bei einem Arbeitgeberwechsel eine neue Ansässigkeitsbescheinigung beantragt werden muss.
Ich habe Ihnen die notwendigen Formulare für die Erstbeantragung hochgeladen.
Die Adresse auf der Gehaltsabrechnung kann wahlweise Ihre Schweizer Adresse und der deutsche Nebenwohnsitz sein. Für den Arbeitgeber wäre es bei Postversand sicherlich zweckmäßiger die deutsche Adresse zu verwenden.
Falls die Grenzgänger Eigenschaft (siehe oben) nicht vorliegt, erhält grundsätzlich der Tätigkeitsort (Deutschland) das Besteuerungsrecht. Folglich würde Ihr Arbeitgeber die volle normale Lohnsteuer einbehalten. Die Schweiz hätte dann kein Besteuerungsrecht. Aufgrund Ihres Familienwohnsitzes in der Schweiz müssten sie jedoch in der dortigen Einkommensteuererklärung entsprechende Angaben tätigen, damit die Schweiz diese Einkünfte von der Steuer freistellt.
Sollten die Arbeitstage jedoch im Kalenderjahr weniger als 183 Tage in Deutschland betragen, hat die Schweiz das volle Besteuerungsrecht. Dann müsste Deutschland freistellen. Ihr Arbeitgeber muss dann ggf. eine Freistellungsbescheinigung bei seinem Betriebsstättenfinanzamt beantragen. Sonst wäre dieser zum Einbehalt der normalen Lohnsteuer verpflichtet.
Die Grenzgänger Eigenschaft könnte günstiger sein, dies hängt jedoch vom Einzelfall ab. Hier wird jedenfalls ein sehr geringer Lohnsteuersatz in Deutschland fällig. In der Schweiz würden nur 80 % mit dem normalen Steuersatz besteuert. Dazu müssten Sie darauf achten, nicht mehr als 60 Tage als Nichtrückkehrtage (wegen u.a. der Fahrtstrecke) im Kalenderjahr haben.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen weitergeholfen zu haben. Über eine positive Bewertung würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Björn Balluff
Steuerberater
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Vielen Dank für die schnelle Antwort.
Es ist doch ein komplexes Thema für mich nicht so gut verständlich.
Nachfolgend noch Fragen:
1. Heut war ich beim Meldeamt. Die sagten mir, wenn ich in D nicht einen Hauptwohnsitz / Lebensmittelpunkt habe, dann gibt es keinen
Nebenwohnsitz bzw. Zweitwohnsitz.
- Das würde bedeuten ganz normal anmelden?
- Ist es relavant sich zum 28.09 oder zum 01.10.2015 anzumelden?
2. Regelung max.60Tg. bedeutet das am Stück 60 Tage nicht in der Schweiz oder ganzes Jahr unabhängig ob mind. 1Tag oder 3Wo. am Stck.
3. Grenzgängereigenschaft
183 Tg. Aufenthalt in D oder Arbeiten in der Fa. in D?
Kann man Urlaubstage und Feiertage abziehen?
Wenn man das rechnet ist das ordentlich Geld. Besteuerung D oder CH. Gibt es noch Möglichkeiten dies zu umgehen bzw. zu erreichen?
Was wird als Grundlage genommen um die Tage zu berechnen?
4. Wie ist das mit der Lohnsteuerkarte? Wo und mit welchen Kriterien kann/soll ich die beantragen?
Habe 2 Kinder 17J. & 3J. meine Frau geht nicht arbeiten.
Besten Dank im Voraus
Mit freundlichen Grüßen
M. F.
Mobil: 016096433368
zu den einzelnen Fragen:
1) Meldung
Wenn die zuständige Gemeinde keinen Nebenwohnsitz angemeldet haben möchte, dann geht es natürlich nicht.
Am Besten, Sie gehen nochmal zum Amt und erklären dem Sachbearbeiter, dass hier nur aus beruflichen Gründen während der Woche eine Wohnung angemietet haben. Zum Wochenende würden Sie dann in die Schweiz jeweils zurückkehren. Dadurch gibt es keinen Lebensmittelpunkt in Deutschland. Die sollen Ihnen bestätigen, dass Sie deshalb keine Meldepflicht haben oder erläutern, wie diese Konstellation zu melden ist.
Da dies von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich sein kann, kann ich Ihnen zunächst keine bessere Empfehlung geben.
2) 60 Tage
Man zählt die einzelnen Tage, an denen keine Rückkehr in die Schweiz erfolgte. Diese können, müssen aber nicht an einem Stück erfolgen.
3) 183-Tage Regelung
Urlaubs- und Krankheitstage sind in die Berechnung einzubeziehen. Grundlage der Ermittlung ist die Anwesenheit in Deutschland. Umgehen könnten Sie dies, wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen ggf. auch eine Art Home Office Arbeit anbietet.
Alternativ wäre eine Umgehung möglich (um die Grenzgängerregelung anzuwenden), wenn Sie weniger als 110 km entfernt von Ihrem Wohnort die Arbeitsstelle haben. Dann wäre die Nichtrückkehr privat veranlasst, und die Regelung über einen pauschalen 4,5%-Lohnsteuerabzug anwendbar.
4) Lohnsteuerkarte
Beim Betriebsstättenfinanzamt können Sie - ggf. auch - zusammen mit Ihrem Arbeitgeber einen Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug stellen. Falls für Sie die allgemeinen Regelungen gelten (kein Grenzgänger, mehr als 183 Tage anwesend in Deutschland pro Kalenderjahr), müssen sie die Aufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung (Wohnung in Deutschland!) eintragen lassen. Sie können dies später nicht mehr korrigieren, d.h. sie können keine Erklärung abgeben. Durch Eintrag dieser Aufwendungen sollte sich die Steuerlast beim Lohnsteuerabzug entsprechend reduzieren.
Mit freundlichen Grüßen,
Björn Ballluff