Versteuerung einer Renten Abfindung
Fragestellung
Guten Tag,
meine Frau kann von der Post eine Renten Abfindung in Höhe von ca. 16.000 € bekommen. Unser versteuertes Einkommen beträgt ca.14.850 €. Mit welcher Steuer müssen wir beim Ehegattensplitting rechnen?
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Mühle.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater, vBP Ingo Kneisel
Sehr geehrter Fragesteller,
im Rahmen einer Erstberatung, Ihres Einsatzes und den von Ihnen gemachten Sachverhaltsangaben, möchte ich Ihre Fragen gerne im Nachstehenden wie folgt beantworten:
Leider haben Sie mir bis zu der von Ihnen gesetzten Deadline meine erwünschten Zusatzangaben nicht gemacht, sodass ich doch nun recht umfassend erläutern möchte. Bitte entnehmen Sie meinen Ausführungen, dass für Sie in Frage kommende.
Nachgelagerte Besteuerung
Die Leistungen zur Altersversorgung für "Neuverträge" ab 2005 sind unter den Voraussetzungen des § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei zu behandeln. Es handelt sich somit um einen Tausch von Geld im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung. Der vom Barlohn gezahlte Betrag wird auf diese Weise der normalen Besteuerung entzogen und der nachgelagerten Besteuerung des § 22 Nr. 5 EStG unterworfen.
Die nachgelagerte Versteuerung funktioniert so, dass Aufwendungen für die Altersversorgung während des Arbeitslebens steuerfrei gestellt werden und erst während der Bezugszeit steuerpflichtig sind.
Bei Leistungen aus einer Direktversicherung, Pensionskasse und einem Pensionsfonds erfolgt die steuerliche Behandlung somit nicht nach § 19 EStG, sondern nach § 22 Nr. 5 EStG (der Umfang der Besteuerung hängt von der Förderung in der Ansparphase, z. B. Entgeltumwandlung nach § 3 Nr. 63 EStG, ab, s.o.). Im Fall von Teil- bzw. Einmal Kapitalauszahlungen handelt es sich nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF v. 24.07.2013, BStBl. 2013 I S. 1022 Rz. 371) nicht um außerordentliche Einkünfte i. S. des § 34 Abs. 2 EStG. Es läge weder eine Entschädigung noch eine Vergütung (Arbeitslohn) für eine mehrjährige Tätigkeit vor. Das war jedoch zunächst strittig und wurde später verworfen.
Das FG Rheinland-Pfalz hat entschieden (Urteil v. 19.05.2015, 5 K 1792/12), dass auch Kapitalauszahlungen, die § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG zuzuordnen sind, nach § 34 Abs. 1 EStG tarifbegünstigt sind, weil es sich auch hierbei um eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit i. S. v. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG handelt. Dies wird hauptsächlich damit begründet, dass der BFH bereits für Kapitalleistungen berufsständiger Versorgungswerke (sog. Basisvorsorge, (Voll-) Besteuerung nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG) entschieden hat (Urteile v. 23.10.2013, X R 33/10 und X R 3/12, Anwendung durch Finanzverwaltung geregelt in BMF vom 10.01.2014, BStBl. 2014 I S. 70 Rz. 204), dass sie nicht mit dem vollen Steuersatz, sondern nur nach der Fünftelregelung besteuert werden dürfen.
Da für eine unterschiedliche Behandlung der nach § 22 EStG zu versteuernden Kapitalleistungen aus der Basisvorsorge und der betrieblichen Altersvorsorge keine sachliche Rechtfertigung bestehe, verstoße die Auffassung der Finanzverwaltung gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Das FG Rheinland-Pfalz hat aber die Revision zugelassen, die auch eingelegt wurde (Az. des BFH: X R 23/15).
Vergleichbare Fälle sollten daher offen gehalten werden, bis der BFH entschieden hat. Einsprüche ruhen kraft Gesetzes nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO.
Fazit:
Übt man in den o. g. Fällen das Kapitalwahlrecht aus, sind bei Zufluss 74 % zu versteuern. Ob man nach der Fünftelregelung gem. § 34 Abs. 1 EStG zu versteuern sind sieht der BFH kritisch. Beantragen sollte man es auf jeden Fall.
Anders ist dies bei "Altverträgen" z. B. Kapitalauszahlung aus einer Pensionskasse. Diese soll gem. § 34 EStG begünstigt sein.(Fünftel Regelung) Da es sich hierbei um eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeit im Sinne von § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG handelt, kommt die Fünftelregelung zur Anwendung, entschied das FG Rheinland-Pfalz.
Voraussetzung für die Fünftelregelung: Die Kapitalzahlung muss zusammengeballt in einem Kalenderjahr zufließen. Nach Auffassung des Finanzgerichts ist es dazu auch erforderlich, dass wie bei Abfindungen eine Vergleichsrechnung durchzuführen ist: Die Einkünfte im Jahr der Einmalzahlung müssen höher sein als die Einkünfte, die bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erzielt worden wären. Lehnt das Finanzamt bei Einmalzahlungen aus einer Pensionskasse, Direktversicherung oder einem Pensionsfonds die Fünftelregelung ab, sollten Sie gegen den Steuerbescheid Einspruch einlegen.
Diese Abfindung (Kapitalwahlrecht) können Sie möglicherweise wie beschrieben steuerfrei erhalten. Dies gilt grundsätzlich für Kapitalabfindungen aus privaten Rentenversicherungen, die vor 2005 abgeschlossen wurden, wenn der Vertrag eine Laufzeit von mindestens zwölf Jahren hatte und mindestens fünf Jahre lang Beiträge gezahlt wurden. Dies gilt nicht für private Einmalbeitrags-Versicherungen. Dies gilt also generell für Kapitalauszahlungen aus privaten Rentenversicherungen, die ab 2005 abgeschlossen wurden.
Bei der nachgelagerten Besteuerung s.o. sind die Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung während der Ansparphase steuerlich gefördert. Dies kann über eine Steuerfreiheit der Beiträge nach § 3 Nr. 63 Einkommensteuergesetz oder ab 2008 für Umlagen auch über § 3 Nr. 56 Einkommensteuergesetz geschehen oder über die steuerliche Förderung nach §§ 10a, 79 ff. Einkommensteuergesetz (Riester-Förderung). Dafür sind die aus diesen Aufwendungen resultierenden Rentenleistungen voll zu versteuern (§ 22 Nr. 5 Satz 1 Einkommensteuergesetz).
Bei der Ertragsanteilsbesteuerung (altes System) werden bereits die Aufwendungen für die Altersvorsorge während der Anwartschaftsphase, also bis zum Renteneintritt, besteuert. Die Aufwendungen werden aus bereits versteuertem Einkommen an die Versorgungseinrichtung gezahlt. Hingegen sind die aus diesen Aufwendungen resultierenden Rentenleistungen nur zum Teil und zwar in Höhe des pauschal festgelegten Ertragsanteils zu versteuern.
Er wird nach dem bei Rentenbeginn bereits vollendeten Lebensjahr bestimmt und bemisst sich nach der voraussichtlichen Laufzeit der Rente. Je jünger ein Rentner bei Rentenantritt ist, desto höher ist der Ertragsanteil. Die Höhe des Ertragsanteils einer lebenslänglichen Leibrente bestimmt sich nach der Tabelle zu § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 4 Einkommensteuergesetz. Den für Sie geltenden Ertragsanteil legt das Finanzamt fest.
Kapitalabfindungen, die von berufsständischen Versorgungswerken ihren Versicherten gewährt werden, sind ab dem 1.1.2005 – dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Alterseinkünftegesetzes – steuerpflichtig. Seitdem werden die einmaligen Leistungen ebenso wie die laufenden Renten der berufsständischen Versorgungswerke mit dem sog. Besteuerungsanteil, der im Jahr 2005 50 % (2017 = 74 %) betrug und der jährlich ansteigt, der Besteuerung unterworfen. Vor Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes konnte die Kapitalleistung demgegenüber in den meisten Fällen steuerfrei vereinnahmt werden.
In einem vor dem Bundesfinanzhof ausgefochtenen Streitfall hatte ein Steuerpflichtiger im März 2009 eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe von 350.000 € von seinem Versorgungswerk erhalten. Diese wurde vom Finanzamt mit dem Besteuerungsanteil von 58 % der Einkommensteuer unterworfen. Dem stimmte auch der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung vom 23.10.2013 zu. Die gesetzliche Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte ist ausdrücklich auch auf andere als lediglich laufende Rentenleistungen – und damit auch auf einmalige Zahlungen – anzuwenden, die nach dem 31.12.2004 zugeflossen sind.
Da aber für den Bereich der Basisversorgung lediglich Rentenzahlungen typisch sind und die Versorgungswerke nur Abfindungen zahlen dürfen, die auf vor 2005 bezahlten Beiträgen beruhen, hat der BFH eine atypische Zusammenballung von Einkünften bejaht und insoweit auf die Kapitalleistung die sog. Fünftelregelung – also eine ermäßigte Besteuerung – angewendet.
Mit welcher Steuer Sie rechnen müssen ist hypothetisch nun schwer zu sagen. Bitte lassen Sie insoweit Ihren Steuerbescheid von einem Fachmann überprüfen, sobald er Ihnen vom Finanzamt zugegangen ist.
Ich hoffe Ihre Anfrage richtig verstanden und ausreichend beantwortet zu haben. Sollten Rückfragen bestehen, nutzen Sie bitte gerne die Nachfragefunktion.
Sollte meine Antwort zu Ihrer Zufriedenheit ausgefallen sein, würde ich mich sehr über eine Bewertung freuen. Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater
vereidigter Buchprüfer
Potsdamer Str. 148a, 33719 Bielefeld
Telefon (0521) 92420-0
E-Mail: info@ingo-kneisel.de
Internet: www.ingo-kneisel.de
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Gerne beantworte ich Ihre Frage.
Eine richtige Antwort auf Ihre Frage setzt allerdings gewisse Informationen zur Rente Ihrer Frau voraus. Bitte senden Sie mir umfassend alle wichtigen Infos hierzu. Insbesondere gibt es von derartigen Kassen eine Formular, welches zum Ausfüllen bei der Einkommensteuererklärung notwendig ist um festzulegen, um welche Art der Rente/Abfindung/Pension es sich handelt.
Da die Bearbeitung etwas umfangreicheren Aufwand erfordert, würde ich Sie bitten, Ihren Einsatz auf 89€ zu erhöhen. Ich würde mich freuen, Sie könnten sich dem anschließen.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater, vBP
waren Sie mit meiner Beratung zufrieden? Wenn ja, wäre ich Ihnen für eine Bewertung dankbar.
MfG
Ingo Kneisel
Steuerberater, vBP
Nochmals vielen Dank, Anna und Rainer Mühle.