Unentgeltliche Übertragung eines Kommanditanteils nach § 6 Abs. 3 EStG
Beantwortet von Dipl.-Finanzwirt Steuerberater Michael Mertens
Fragestellung
Gegenstand meiner Fragen ist eine GmbH Co. KG, deren einzige und allein gewinnberechtigte Kommanditistin meine Frau ist. Ich bin einziger Gesellschafter Geschäftsführer der GmbH. Meine Frau hat sich von mir getrennt. Die Ehe soll im 2. Halbjahr 2017 einvernehmlich geschieden werden. Im Juni 2017 wird meine Frau 55 Jahre alt, ich selbst bin älter. Wir suchen nach der steuer günstigsten Alternative, den Kommanditanteil meiner Frau im Ganzen oder alle Wirtschaftsgüter einzeln auf mich und/oder Dritte zu übertragen/zu verkaufen. Im Anlagevermögen sind ein Betriebsgrundstück und 3 Fotovoltaikanlagen jeweils mit hohen stillen Reserven, die im Falle eines Verkaufs aufgedeckt und versteuert werden müssten. Ggf. sollen beim Verkauf die Steuerbegünstigungen für Betriebsveräußerung oder -aufgabe nach § 34 Abs. 3 EStG genutzt werden.
Frage 1: Ist eine sofortige unentgeltliche Übertragung des Kommanditanteils auf mich ohne Aufdeckung der stillen Reserven unter Fortführung der Buchwerte nach § 6 Abs. 3 EStG und ohne Grunderwerbssteuerpflicht möglich? Falls ja, gäbe es für mich eine Haltefrist für die Entnahme oder Weiterveräußerung einzelner Wirtschaftsgüter oder des gesamten Kommanditanteils?
Steht der unentgeltlichen Übertragung entgegen, dass sich dadurch der Zugewinn Ausgleichsanspruch meiner Frau bei der Scheidung erhöht?
Falls nein, wäre für den Freibetrag übersteigenden Wert Schenkungssteuer fällig? Werden hierfür vom Finanzamt auch die stillen Reserven ermittelt? Falls ja, wäre es dann möglich, den Kommanditanteil zu Buchwerten an mich zu verkaufen und diese fortzuführen, sodass für die Schenkungssteuer nur die stillen Reserven berücksichtigt würden, die unterhalb des Freibetrags liegen?
Frage 2: Ist alternativ eine steuerbegünstigte Betriebsaufgabe nach § 34 Abs. 3 EStG möglich, wenn meine Frau nach Vollendung ihres 55. Lebensjahrs in engem zeitlichen Zusammenhang (wenige Monate) das Betriebsgrundstück an einen Dritten verkauft und den verbleibenden Kommanditanteil mit den PV-Anlagen oder nur die einzelnen Wirtschaftsgüter (und anschließender Liquidation der KG) an mich jeweils unter Aufdeckung der stillen Reserven veräußert?
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Dipl.-Finanzwirt Steuerberater Michael Mertens
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
vielen Dank für Ihre Anfrage. Gerne möchte ich im Nachfolgenden Ihre Fragen beantworten. Aufgrund dessen, dass es sich hierbei um einen Vorgang handelt, der der Steueroptimierung dient, ist dies in einem ersten Schritt aufgrund der begrenzten Zeit nur eine erste Einschätzung.
Dem Sachverhalt kann ich entnehmen, dass Ihre Frau die einzige Kommanditistin der GmbH & Co. KG ist. Sie wiederum sind Geschäftsführer der Komplementär GmbH. Ich unterstelle im Nachfolgenden, dass Sie auch Gesellschafter dieser GmbH sind.
Frage 1 - unentgeltliche Übertragung des Kommanditanteils
Ihre Frau ist als Kommanditistin steuerrechtlich gesehen Mitunternehmerin, da Sie lt. Sachverhalt Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 2. HS EStG bezieht.
Nach § 6 Abs. 3 EStG kann ein Mitunternehmeranteil unentgeltlich übertragen werden
Eine unentgeltliche Übertragung ist jedoch nur möglich, wenn sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen übergeben werden. Die Zurückbehaltung wesentlicher Betriebsgrundlagen führt stets dazu, dass sämtliche stillen Reserven aufzudecken sind.
Sofern dies der Fall ist, sind bei der Ermittlung des "Veräußerungsgewinnes" die Buchwerte anzusetzen, so dass für den Übertragenden kein Veräußerungsgewinn ensteht.
Demnach müsste Ihre Frau Ihnen den Mitunternehmeranteil inkl. sämtlichen wesentlichen Betriebsgrundlagen im Sonderbetriebsvermögen unentgeltlich übertragen.
Sie haben sodann die Buchwert auf Ebene der KG weiterzuführen
Im Falle der vollständigen Übertragung des Kommanditanteils inkl. Sonderbetriebsvermögen, sind bei Ihnen keine Sperrfristen zu beachten. Bei einer Veräußerung hätten Sie sodann den Veräußerungsgewinn zu besteuern. Bei einer Entnahme hätten Sie so dann den Entnahmegewinn gem.§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu besteuern. In beiden Fällen erfolgt keine rückwirkende Besteuerung im Hinblick auf die unentgeltliche Übertragung.
Sofern Ihre Frau jedoch wesentliche Betriebsgrundlagen zurückbehält, ist gem. § 6 Abs. 3 S. 2 EStG eine unentgeltliche Übertragung nur anzunehmen, wenn Sie als Übernehmer des Anteils Ihren Anteil binnen 5 Jahren nicht veräußern/übertragen (Bindungs bzw- Sperrfrist).
Eine Grundewerbsteuerpflicht entsteht nicht, da eine Schenkung vorliegt. Ferner würde auch bei einer entgeltlichen Übertragung keine Grunderwerbsteuer entstehen, da Übertragungen zwischen Ehegatten von der Grunderwerbsteuer gem. § 3 Nr. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes befreit sind.
Allerdings kann diese unentgeltliche Übertragung Schenkungsteuer auslösen, sofern der Freibetrag von 500.000,- überschritten wird.
Der Kommanditanteil ist dabei im vereinfachten Ertragswertverfahren gem. §§ 199 ff. Bewertungsgesetz zu bewerten. Der durchschnittliche Jahresertrag der letzten drei Jahre wird hierbei kapitalisiert.
Darüberhinaus kann die Übertragung auch Auswirkungen auf den Zugewinnausgleich haben. So wird ihr Endvermögen erhöht und das Ihrer Frau wird deutlich geringer, so dass Ihre Frau im Falle der Scheidung eine höherere Zugewinnausgleichsforderung geltend machen könnten. Daher wäre es auch möglich, dass Sie mit Ihrer Frau in eine sog. Meditation gehen, um eine Gütertrennung herbeizuführen und die Vermögensverhältnisse in einer Art Vergleich zu klären. Dann hätte die Übertragung keine Auswirkung auf den Zugewinnausgleich.
Wenn Sie nunmehr jedoch den Kommanditanteil zu Buchwerten an Sie veräußern (also auch somit ein Veräußerungspreis zahlen) liegt ein sog. teilentgeltlicher Erwerb vor. Dies führt ertragsteuerlich dazu, dass bei Ihrer Frau ein Veräußerungsgewinn entsteht. Dieser ist zwingend zu besteuern. Schenkungsteuerlich liegt eine gemischte Schenkung vor, so dass der Verkehrswert des Kommanditanteils um die Zahlung gemindert wird und nur der verbleibende Betrag der Schenkungssteuer zu unterwerfen ist.
Frage 2 - Betriebsaufgabe
In diesem Falle würde die KG liquidiert werden. Es liegt eine Betriebsaufgabe gem. § 16 Abs. 3 S. 1 EStG i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG vor. Dabei ist auf den Aufgabegewinn der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG sowie die begünstigende Besteuerung nach § 34 Abs. 3 EStG anzuwenden, da der Aufgabegewinn außerordentliche Einkünfte darstellt. Eine Veräußerung des Grundstückes und der PV ist allerdings nur unter Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven möglich. Auch die Überführung dieser Wirtschaftsgüter wäre nur unter Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven möglich.
Ich hoffe ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen, so dass Sie mit Ihrem Scheidungsanwalt weitere Punkte besprechen können. Eine ausführliche Ausarbeitung mit weiteren Ausgestaltungen etc. ist leider aufgrund der kurzen Zeit nicht möglich. Auch müsste hier für die steuerliche Ausarbeitung ein Zeitaufwand von 3-5 Stunden angesetzt werden.
Bei Fragen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Über eine Bewertung von Ihnen freue ich mich sehr.
Beste Grüße
Michael Mertens
Dipl.Finw. Steuerberater
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bitte verlängern Sie die Deadline, so dass ich Ihnen eine umfangreiche Ausarbeitung zu kommen lassen kann.
Viele Grüße
Michael Mertens
Dipl.-Finw. Steuerberater
danke für die schnelle Antwort! Das meiste, was Sie geschrieben haben, ist mir bereits bekannt gewesen bzw. auch in meinem Sachverhalt erwähnt. Meinen Fragen ist zu entnehmen, dass ich mich bereits eingehend mit der Materie beschäftigt habe, so dass einführende Erklärungen nicht nötig gewesen wären.
Offen geblieben sind für mich zwei wesentliche Fragen:
1. Dass sich der Zugewinnanspruch meiner Frau erhöht, ist ja selbstverständlich. Meine Frage zielte darauf ab, ob ich damit rechnen muss, dass das Finanzamt mir diesen erhöhten Zugewinnausgleichsanspruch so auslegt, dass die Übertragung eben nicht unentgeltlich erfolgt ist, sondern der Gegenwert im Zugewinnausgleich liegt, mit der Folge, dass § 6 Abs. 3 EStG nicht zur Anwendung kommt und die stillen Reserven zu versteuern seien.
2. Ich habe Ihnen ein Dokument hochgeladen, das das Thema ausgiebig erläutert. Auf Seite 16 steht ein Diagramm, dem ich entnehme, dass bei einer teilentgeltlichen Übertragung zu Buchwerten § 6 Abs. 3 EStG anzuwenden ist und die Buchwerte fortzuschreiben sind. Dies steht im Widerspruch zu Ihrer Aussage, dass in diesem Fall die stillen Reserven aufzudecken wären. Bitte dies nochmals zu überprüfen. (Dies wäre die erstrebenswerteste Alternative, weil in diesem Fall keine Schenkungssteuer anfallen würde.)
Mit freundlichen Grüßen
L. Tolksdorf
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.
Gerne nehme ich zu Ihren Punkten wie folgt Stellung.
Der Zugewinnausgleich ist eine reine zivilrechtliche Forderung. Die im Rahmen des Zugewinnausgleichs geleisteten Beträge unterliegen grundsätzlich weder der Schenkungsteuer noch der Einkommensteuer.
Die Zugewinnausgleichsforderung ensteht im Scheidungszeitpunkt. Zu diesem Zeitpunkt ist die Übertragung bereits erfolgt.
Erst wenn Sie nunmehr zur Erfüllung dieser Zugewinnausgleichsforderung Immobilien oder Wirtschaftsgüter auf Ihre Frau (in diesem Falle Ex-Frau) übertragen, würde eine Steuerbelastung entstehen.
Die einkommensteuerrechtliche Neutralität entfällt bei der Übertragung von Betriebsvermögensteilen (z.B. Privatentnahmen, § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) zur Ausgleichsforderungserfüllung. Schon die Anschaffung oder Veräußerung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsguts (Vermögensgegenstands) hat einkommensteuerrechtliche Wirkungen. Bei Gewinnsteigerungen wird der Wert der Einlagen und Entnahmen korrigiert und unterliegt der Einkommensteuer. Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und demjenigen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres
Demnach wird die zukünftige Zugewinnausgleichsforderung m.E. nach nicht als Entgelt für die Übertragung angesehen, da die Zugewinnausgleichsforderung erst zu einem späteren Zeitpunkt entsteht.
Da jedoch eine erhebliche Steuerbelastung entstehen könnte, empfehle ich hier die Einholung einer verbindlichen Auskunft beim Finanzamt, so dass Sie Rechtssicherheit haben.
Es handelt sich hierbei um einen Fall der sog. vorweggenommenen Erbfolge. Hier ist der Erlass vom 13.01.1993 (BMF IV B 3 - S 2190 - 37/92) anzuweden.
Ein Veräußerungs- und Anschaffungsgeschäft liegt vor, wenn der Übernehmer zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrages an den Übergeber verpflichtet ist (Rz. 7 des BMF Schreibens).
Für die Übertragung des Mitunternehmeranteils wenden Sie ein Veräußerungsentgelt bis zur Höhe des Kapitalkontos (also Übertragung zu Buchwerten) auf. In diesem Falle greift Rz 38 des BMF Schreibens. Sofern Sie Anschaffungskosten bis zur Höhe des steuerlichen Kapitalkontos aufwenden, haben Sie die Buchwerte fortzuführen. Auf Ebene Ihrer Frau liegt dabei kein Veräußerungsverlust vor. Vielmehr ist § 6 Abs. 3 EStG anzuwenden, so dass eine unentgetliche Übertragung vorliegt.
Allerdings ist gerade dieses Thema der "Teilentgeltliche" Übertragung in der Literatur und der Rechtssprechung sehr strittig, so dass hier ggfs. eine Anpassung seitens der Finanzverwaltung erfolgen wird. Somit empfehle ich auch hier um Rechtssicherheit zu haben, eine verbindliche Auskunft einzuholen oder ein Gutachten ausarbeiten zu lassen.
Schenkungssteuerlich liegt weiterhin eine gemischte Schenkung vor. Somit ist der Verkehrswert des Kommanditanteils zu ermitteln (vereinfachtes Ertragswert). Dieser ist um das von Ihnen bezahlten Entgelt zu mindern. Sofern der Verkehrswert abzgl. Ihrer Zahlung unter dem Freibetrag liegt, würde schließlich keine Schenkungssteuer entstehen.
Ich hoffe diese Ausführungen haben Ihre weiteren Fragen beantworten können.
Beste Grüße
Michael Mertens
Dipl.-Finw. Steuerberater