steuerliche Berücksichtigung in der ESt des Gesellschafters
Beantwortet von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Klüsener,
hier meine Fragen mit der Bitte um Klärung:
Zum Sachverhalt:
Über das Vermögen einer GmbH wurde 2012 ein Insolvenzverfahren eröffnet, welches noch nicht abgeschlossen ist - Vermögenslosigkeit zeichnet sich ab.
A ist zu 50% beteiligt und hat für 2 Darlehen der Gesellschaft gebürgt und wird von den Banken in Anspruch genommen.
Als Schriftverkehr liegt die Inanspruchnahme als Bürge von den Banken mit einer Ratenzahlungsvereinbarung vor. Die Verbindlichkeit wird mit Zinszahlungen laufend beglichen .
Fragen:
Steuerliche Behandlung in 2016 bei der Est des Gesellschafters (Bitte unter Nennung der Formularzeile in der Est-Erklärung, und der Rechtsgrundlage (Est-§)):
1) In welchem Jahr ist der Verlust der einzahlten Stammeinlage, wo das Insolvenzverfahren noch nicht abgeschlossen ist, zu erklären?
(Idee: Anlage G Zeile 43 mit 60% der eingezahlten Einlage im Jahr des Abschlusses des Insolvenzverfahrens?)
2) Zahlung der Bürgschaftsverpflichtung
3) Zahlung der Zinsen auf die Bürgschaftsverpflichtung
Danke schonmal
Mit freundlichem Gruß
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Sehr geehrter Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage.Ich möchte Ihnen Ihre Fragen nachfolgend im Rahmen einer Erstberatung beantworten:
Die Antworten zu
Frage 1 zum Zeitpunkt des Verlustabzuges
Grundsätzlich ist anzumerken, dass die Auflösung einer GmbH ist ein veräußerungsgleicher Tatbestand ist und grundsätzlich dazu führt, dass der Verlust aus der Beteiligung an der GmbH steuerliche geltend gemacht werden kann.
...und einzutragen dann in Anlage G Zeile 43.....
Problematisch ist allerdings häufig die Frage in welchem Jahr der Verlust steuerlich geltend gemacht werden kann.
Ein Veräußerungs- bzw. Auflösungsverlust ist in dem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem der Gesellschafter nicht mehr mit eine Rückzahlung aus der Gesellschaft rechnen kann und feststeht, ob bzw. in welche Höhe nachträgliche Anschaffungskosten entstehen.
Dies ist in der Regel der Zeitpunkt in dem die Liquidation der Gesellschaft abgeschlossen ist. Die Liquidation ist dann abgeschlossen, wenn die Gesellschaft aufgelöst ist.
Zivilrechtlich wird eine GmbH durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst; § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG.
Wird das Insolvenzverfahren mangels Masse eingestellt, so erfolgt die Löschung aus dem Handelsregister aufgrund Vermögenslosigkeit gem. § 394 FamFG. Mit Löschung der GmbH aus dem Handelsregister gilt diese ebenfalls als aufgelöst; § 60 Abs. 1 Nr. 7 GmbHG.
Daraus wird deutlich, dass nicht bereits der Insolvenzantrag einen Auflösungsgrund darstellt. Erst der Beschluss des zuständigen Amtsgerichts über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. die Ablehnung des Antrags mangels Masse führt zu einem Auflösungsgrund.
Frage 2 und 3
Gehört die Beteiligung an der GmbH zum Privatvermögen eines Gesellschafters, können die Aufwendungen aus der Inanspruchnahme als nachträgliche Anschaffungskosten geltend gemacht werden. Sie wirken sich daher lediglich als Veräußerungs- oder Liquidationsverlust steuerlich aus (§ 17 Einkommensteuergesetz [EStG]). Voraussetzung ist, dass die Bürgschaft Eigenkapital ersetzenden Charakter hatte und der Rückgriffsanspruch gegen die GmbH wertlos ist.
Beispiel
Hans Meyer ist alleiniger Gesellschafter der mit einem Stammkapital von 25.000 € ausgestatteten „Auto Meyer GmbH“. Schon bei der Gründung hat er persönlich für Bankdarlehen der GmbH gebürgt, die der Anschaffung der Betriebsausstattung dienten.
Nachdem die GmbH insolvent geworden ist, hält sich die Bank schadlos: Hans Meyer muss 150.000 € auf das Darlehen, 22.000 € aufgelaufene Zinsen sowie 3.000 € Bankkosten zahlen.
Seinen Gesamtverlust von 200.000 €
(25.000 € Anschaffungskosten für die GmbH-Anteile + 175.000 € aus der Bürgschaftsinanspruchnahme)
kann Hans Meyer zur Hälfte steuerlich absetzen.
Entscheidend für den Abzug aus der Inanspruchnahme als Bürge ist im Beispiel, dass die Bürgschaft durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und Eigenkapital ersetzenden Charakter hat (BFH, Urteil vom 12.12.2000, Az: VIII R 36/97, Abruf-Nr. 010702). Das ist der Fall, wenn
es sich um eine „Finanzplanbürgschaft“ handelt. Das ist eine Bürgschaft, die im Rahmen der Finanzierungskonzeption der GmbH zwingend war, damit diese ihren Geschäftsbetrieb überhaupt erst aufnehmen bzw. erweitern konnte.
eine krisenbestimmte Bürgschaft vorliegt. Das setzt voraus, dass der Bürge bereits vor dem Eintritt der Krise gegenüber den Gläubigern oder der GmbH erklärt, dass er seine Bürgschaft auch im Fall einer Krise bestehen lässt.
die Bürgschaft erst in der Krise gewährt wurde, also zu einem Zeitpunkt, in dem die GmbH bereits rechnerisch überschuldet war, nicht mehr über ausreichende finanzielle Mittel zur Fortführung des Unternehmens verfügte und von einem fremden Dritten keine neuen finanziellen Mittel mehr erhalten hätte.
Beachten Sie: Wenn die Bürgschaft nicht von vornherein Eigenkapital ersetzenden Charakter hatte, sondern in guten Zeiten übernommen wurde und in die GmbH-Krise hineingewachsen ist, kann nicht der volle Betrag der Inanspruchnahme abgesetzt werden. Nur der gemeine Wert der Rückgriffsforderung kann als nachträgliche Anschaffungskosten angesetzt werden. Dieser liegt bei einer insolventen GmbH allerdings nahe Null.
Allein daraus, dass der Gesellschafter eine Bürgschaft unentgeltlich übernimmt, das heißt ohne Zahlung der dafür üblichen Avalprovision, kann nicht geschlossen werden, dass die Bürgschaft gesellschaftsrechtlich veranlasst ist und damit Eigenkapital ersetzenden Charakter hat (BFH, Urteil vom 6.7.1999, Az: VIII R 9/98, BStBl 1999 II, 342).
Während der Betrag, den der bürgende Gesellschafter zahlen muss, sich steuerlich in Form eines abzugsfähigen Verlusts auswirkt, bleibt er auf den Zinsen für ein Darlehen, das er zur Finanzierung der Bürgschaftsverpflichtung aufgenommen hat, steuerlich sitzen. Diese Zinsen sind weder nachträgliche Anschaffungskosten noch nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn die Beteiligung an der zwischenzeitlich liquidierten GmbH nicht mehr besteht. Besteht die GmbH dagegen weiter, sind die Zinsen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zur Hälfte abzugsfähig.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen Ihre Fragen ausreichend beantworten und
verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Jeannette Klüsener, Steuerberaterin
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