Insolvenz – Antrag, Ablauf und Kosten
Ratgeber: Insolvenz – Antrag, Ablauf und Kosten
(Lesezeit ca. 15 Minuten)
Insolvenzen sind ein Massenphänomen. Die Gründe für eine Regelinsolvenz, auch Firmeninsolvenz genannt, sind fehlerhaftes Management, falsche Investitionen, Bilanzmanipulationen oder globale Krisen. Sie sind oft sehr misslich und tragisch, sowohl für Arbeitgeber*innen als auch für Beschäftigte. Jedoch bieten sie neben der Möglichkeit Unternehmen aufzulösen und somit noch möglichst viele Forderungen erfüllen zu können, auch die Chance Unternehmen am Leben zu halten, zu sanieren und in Zukunft fortzuführen. Für private Personen bietet eine Privatinsolvenz die Chance durch die Restschuldbefreiung schuldenfrei zu werden.
Im folgenden Ratgeber erhalten Sie alle wichtigen Informationen zum Thema „Insolvenz“, die Auswirkungen von Corona auf das Insolvenzrecht und wann es sinnvoll ist, sich anwaltlich unterstützen zu lassen.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Insolvenz hat das Ziel, die Gläubiger*innen aus dem noch vorhandenen Schuldnervermögen gemeinschaftlich zu befriedigen.
- Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung sind die drei Insolvenzgründe für einen Insolvenzantrag.
- Ablauf eines Insolvenzverfahrens: Insolvenzantrag, Insolvenzeröffnungsverfahren, Insolvenzverfahren, Aufhebung des Insolvenzverfahrens.
- Lange arbeitsrechtliche Kündigungsfristen werden im Insolvenzverfahren auf maximal drei Monate gekürzt.
- Der Insolvenzantrag ist beim sachlich und örtlich zuständigen Gericht zu stellen und muss begründet sein.
- Organschaftliche Vertreter (z.B. Geschäftsführer) haben eine Antragspflicht.
- Die Antragspflicht für überschuldete Unternehmen kann gesetzlich ausgesetzt werden (z.B. wurde diese zu Zeiten von Corona bis zum 31. Januar 2021 ausgesetzt).
- Bei einer Insolvenzverschleppung drohen strafrechtliche Konsequenzen.
- Der Insolvenzverwalter erhält Verwaltungs- und Verfügungsmacht über die Insolvenzmasse.
- Insolvenzbekanntmachung werden im Interesse der Gläubiger*innen im Insolvenzregister veröffentlicht.
- Ein Insolvenzplan erlaubt Abweichungen vom gesetzlichen Insolvenzverfahren.
- Eine Privatinsolvenz ist ein Insolvenzverfahren einer natürlichen Person.
Inhaltsverzeichnis
- Das Insolvenzverfahren
- Welchen Sinn hat ein Insolvenzverfahren?
- Welche Insolvenzgründe gibt es?
- Wie ist der Ablauf eines Insolvenzverfahrens?
- Wer ist am Insolvenzverfahren beteiligt?
- Wie viel kostet ein Insolvenzverfahren?
- Was sind die Folgen für Arbeitnehmer*innen?
- Der Insolvenzantrag
- Was ist ein Insolvenzantrag und was sind seine Voraussetzungen?
- Für wen besteht eine Antragspflicht?
- Was sind die Rechtsfolgen bei einem Verstoß?
- Das Insolvenzeröffnungsverfahren
- Der*Die Insolvenzverwalter*in
- Was ist ein*e Insolvenzverwalter*in und welche Aufgaben hat er*sie?
- Was ist die Insolvenzmasse?
- Was ist eine Insolvenzanfechtung?
- Insolvenzbekanntmachungen
- Was ist eine Insolvenzbekanntmachung?
- Wie und welche Informationen werden veröffentlicht?
- Welchen Zweck hat eine Insolvenzbekanntmachung?
- Wann wird eine Insolvenzbekanntmachung wieder gelöscht?
- Das Verteilungsverfahren
- Welche Verteilungsarten gibt es?
- Was ist eine Aussonderung?
- Was ist eine Absonderung?
- Was sind Masse- und Insolvenzgläubiger*innen?
- Was ist ein Insolvenzplan?
- Was ist eine Privatinsolvenz?
- Fazit: Kostenlose anwaltliche Ersteinschätzung
Das Insolvenzverfahren
Welchen Sinn hat ein Insolvenzverfahren?
Man spricht von einer Insolvenz, wenn nicht mehr genügend Vermögenswerte vorhanden sind, um alle Forderungen zu erfüllen. Das Insolvenzverfahren hat dabei das primäre Ziel, alle Gläubiger*innen gemeinschaftlich zu befriedigen und wenn möglich, eine Auflösung des Unternehmens zu verhindern und es zu erhalten. Da in der Regel nicht mehr genug Vermögenswerte in dem insolventen Unternehmen vorhanden sind, um alle Forderungen der Gläubiger*innen in voller Höhe zu befriedigen, findet eine quotale Befriedigung statt. Ein Unternehmen kann infolge einer Insolvenz liquidiert oder saniert werden.
Welche Insolvenzgründe gibt es?
Es gibt insgesamt drei Insolvenzgründe, auf deren Grundlage ein Insolvenzantrag gestellt werden kann:
- Zahlungsunfähigkeit § 17 InsO: Die Unfähigkeit des*der Schuldner*in, fällige Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Eine Zahlungsunfähigkeit ist zu vermuten, wenn der*die Schuldner*in nicht in der Lage ist, seine*ihre am Stichtag fälligen Zahlungsverpflichtungen binnen spätestens drei Wochen zu mindestens 90 % zu erfüllen.
- Drohende Zahlungsunfähigkeit § 18 InsO: Eine drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der*die Schuldner*in nicht in der Lage sein wird, bestehende Zahlungsverpflichtungen im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen.
- Überschuldung § 19 InsO: Eine Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des*der Schuldner*in die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.
Alle Voraussetzungen sind natürlich stark von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängig. Holen Sie sich bei Zweifeln anwaltliche Unterstützung, auch um strafrechtliche Konsequenzen (Stichwort: Insolvenzverschleppung) zu vermeiden. Erhalten Sie hier eine kostenlose anwaltliche Ersteinschätzung.
Wie ist der Ablauf eines Insolvenzverfahrens?
Zuerst muss ein ordnungsgemäßer Insolvenzantrag gestellt werden und einer der oben genannten Insolvenzgründe vorliegen. Anschließend folgt das Insolvenzeröffnungsverfahren, in dem die Voraussetzungen geprüft werden und ein*e vorläufige*r Insolvenzverwalter*in vom Insolvenzgericht bestellt wird.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren dauert in der Regel ca. 3 Monate und hat den Sinn, vor der Eröffnung des eigentlichen Verfahrens, das noch vorhandene Schuldnervermögen zu sichern und zu erhalten.
Liegt ein Insolvenzgrund vor und ist genug Insolvenzmasse vorhanden, um die Insolvenzverfahrenskosten zu decken, wird das eigentliche Insolvenzverfahren vom Insolvenzgericht eröffnet, in dem die Verwertung und Verteilung der Masse stattfindet. Zum Ende wird das Verfahren beendet. Entweder durch Aufhebung durch das Insolvenzgericht, nachdem die Schlussverteilung abgeschlossen ist, oder durch Einstellung durch das Insolvenzgericht. Eine Einstellung des Insolvenzverfahrens kann beispielsweise mangels Masse, wegen Wegfall des Eröffnungsgrundes oder durch Zustimmung der Insolvenzgläubiger*innen beschlossen werden.
Wer ist am Insolvenzverfahren beteiligt?
An einem Insolvenzverfahren sind in der Regel beteiligt:
- Insolvenzschuldner*in, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird.
- Insolvenzverwalter*in, der*die die Insolvenzmasse feststellt und unter den Gläubiger*innen verteilt.
- Gläubiger*innen, sind diejenigen Gläubiger*innen die eine Forderung gegen den*die Insolvenzschuldner*in haben.
Wie viel kostet ein Insolvenzverfahren?
In einem Insolvenzverfahren fallen sowohl Gerichtskosten als auch Vergütungen für den*die Insolvenzverwalter*in an. Die Gerichtskosten bestehen aus Gebühren für den Insolvenzantrag und Gebühren für die Durchführung des Insolvenzverfahrens.
Maßgeblich für die Höhe der Gerichtskosten ist der Wert der Insolvenzmasse und die Anzahl der Gläubiger*innen. Die gesetzliche Regelung für die Höhe der Vergütung der Insolvenzverwalter*innen findet sich in der insolvenz-rechtlichen Vergütungsordnung (InsVV). Die Vergütung ist gestaffelt und beträgt mindestens 1.000 €. Sind mehr als zehn Gläubiger*innen beteiligt, steigt die Vergütung nach jedem*jeder fünften angefangenen Gläubiger*in um 150 €.
Zusätzlich erhält der*die Insolvenzverwalter*in noch einen Anteil aus der Insolvenzmasse. Bei einer Insolvenzmasse von einem Wert bis 25.000 € beträgt die Vergütung 40 % und von einem Wert der über 50.000.000€ hinausgeht, sind es 0,5 %. Die Regelsätze finden sich in § 2 Abs. 1 InsVV wieder. Gemäß § 54 InsO stellen diese Kosten zusammen die sogenannten Massekosten da.
INFO
Dass die Massekosten durch die Insolvenzmasse gedeckt werden, ist zwingende Voraussetzung für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 26 InsO.
Was sind die Folgen für Arbeitnehmer*innen?
Wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, endet das Arbeitsverhältnis nicht automatisch. Allerdings tritt der*die vom Insolvenzgericht bestellte Insolvenzverwalter*in an die Stelle des*der Arbeitgeber*in und kann infolge dessen, betriebsbedingte Kündigungen aussprechen. Der*Die Arbeitnehmer*in behält dabei seinen*ihren allgemeinen oder besonderen Kündigungsschutz.
ZU BEACHTEN
Die gesetzliche Kündigungsfrist in einem Insolvenzverfahren beträgt drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist im Arbeits- oder Tarifvertrag vereinbart ist (§ 113 InsO).
Die Kündigungsfrist ist damit häufig kürzer, als die gesetzliche, vertraglich oder tariflich geltende Kündigungsfrist und trifft somit Beschäftige hart, die schon mehrere Jahre in dem Unternehmen arbeiten. Wenn Sie eine Kündigung infolge einer Insolvenz erhalten haben und diese überprüfen lassen möchten, können Sie sich hier eine kostenlose Ersteinschätzung von einem*einer Rechtsanwält*in holen.
Weitere Informationen zu den Auswirkungen einer Insolvenz des*der Arbeitgebers*in auf das Arbeitsverhältnis finden sie in unserem Ratgeber Arbeitgeber insolvent: Was Arbeitnehmer wissen sollten.
Der Insolvenzantrag
Was ist ein Insolvenzantrag und was sind seine Voraussetzungen?
Ein Insolvenzantrag stellt den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens dar. Es muss ein schriftlicher Antrag mit einer ladungsfähigen Anschrift des*der Antragsteller*in beim sachlich und örtlich zuständigen Gericht eingereicht werden.
Sachlich zuständig ist das Amtsgericht als Insolvenzgericht, in dessen Bezirk das Landgericht seinen Sitz hat, § 2 Abs. 1 InsO. Für die örtliche Zuständigkeit ist der Mittelpunkt der selbstständigen wirtschaftlichen Tätigkeit ausschlaggebend, § 3 Abs. 1 Satz 2 InsO. Andernfalls gilt der allgemeine Gerichtsstand, § 3 Abs. 1 Satz 1 InsO.
Den Insolvenzantrag können sowohl Schuldner*innen, als auch Gläubiger*innen stellen. Es ist deshalb zwischen Eigen- und Fremdantrag zu unterscheiden. Zum Eigenantrag berechtigt ist nur eine natürliche Person, welche geschäfts- und prozessfähig sein muss. Bei juristischen Personen ist jedes Mitglied des Vertretungsorgans berechtigt und bei Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit jede*r persönlich haftende Gesellschafter*in. Für die Begründetheit des Antrags muss ein Insolvenzgrund vorliegen.
PRAXIS-TIPP
Das Antragsformular befindet sich auf der Website des jeweiligen Amtsgerichts.
Dem Antrag muss eine Gläubiger- und Vermögensübersicht mit einer Aufstellung aller entsprechenden Forderungen beigefügt werden. Zum Fremdantrag sind Gläubiger*innen des insolventen Unternehmens ermächtigt, wenn sie ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben und ihre Forderungen und den Eröffnungsgrund glaubhaft machen können. Da auch ein falsch gestellter Antrag unter Umständen strafbar sein kann, empfiehlt es sich eine*n erfahrene*n Rechtsanwält*in für Insolvenzrecht zu kontaktieren.
Für wen besteht eine Antragspflicht?
Für organschaftliche Vertreter*innen einer juristischen Person, gilt gemäß § 15a InsO eine Antragspflicht. Sie müssen ohne schuldhaftes Zögern, spätestens jedoch drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag stellen.
Tun sie das nicht, droht eine Strafe wegen Insolvenzverschleppung. Für natürliche Personen, Freiberufler oder Personengesellschaften besteht eine gesetzliche Antragspflicht grundsätzlich nicht. Der Gesetzgeber kann auch Ausnahmen von der Antragspflicht normieren. So wurde die Antragsfrist, wegen der COVID-19-Pandemie aufgrund des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes (COVInsAG) für überschuldete Unternehmen mehrfach verlängert.
Wenn Ihr Unternehmen oder Sie als Person ebenso stark von der COVID-19-Pandemie betroffen sind, ist es ratsam eine*n Anwält*in für Insolvenzrecht zu kontaktieren, um die aktuelle wirtschaftliche Situation einzuschätzen und ein weiteres Vorgehen zu planen.
Weitere Informationen zur Insolvenzverschleppung finden Sie in unserem Ratgeber Insolvenzverschleppung: Haftung & Strafen vermeiden.
Was sind die Rechtsfolgen bei einem Verstoß?
Das Strafmaß bei einem Verstoß gegen die Antragspflicht beträgt bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder auch eine Geldstrafe. Die Höhe der Geldstrafe richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
ACHTUNG!
Nicht nur Vorsatz, sondern auch Fahrlässigkeit ist strafbar! (BGH, Beschl. v. 13. Februar 2014 - 1 StR 336/13)
Wenn Sie der Insolvenzverschleppung beschuldigt werden sollten oder drohen der Insolvenzverschleppung beschuldigt zu werden, sollten Sie umgehend eine*n Rechtsanwält*in für Insolvenzrecht aufsuchen, der Sie bei Ihrem weiteren Vorgehen beraten und unterstützen kann.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
Das Insolvenzeröffnungsverfahren wird durch den Insolvenzantrag in die Wege geleitet. Es werden die Zulässigkeitsvoraussetzungen und die Begründetheit des Insolvenzantrags untersucht. Darunter fällt die Insolvenzfähigkeit des*der Schuldner*in, die Antragsberechtigung, der Insolvenzgrund und ob die Insolvenzmasse die Verfahrenskosten deckt.
Bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden Sicherungsmaßnahmen nach Maßgabe der §§ 21 – 25 InsO getroffen. Dies befolgt den Zweck, das vorhandene Schuldnervermögen zu sichern und eine etwaige Verringerung zu verhindern. Darunter fällt beispielsweise die Bestellung eines*einer vorläufigen Insolvenzverwalter*in durch das Insolvenzgericht und unter anderem auch die Erteilung eines Verfügungsverbots für den*die Schuldner*in.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren bezweckt die Untersuchung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens, Sanierungsmöglichkeiten und der damit verbundenen Fortführung des Unternehmens, um anschließend die Gläubiger*innen im Berichtstermin in Kenntnis zu setzen. Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, endet das Insolvenzeröffnungsverfahren.
Der*Die Insolvenzverwalter*in
Was ist ein*e Insolvenzverwalter*in und welche Aufgaben hat er*sie?
Der*Die Insolvenzverwalter*in wird vom zuständigen Gericht bestellt. Nach § 56 InsO wird dabei eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern*innen und dem*der Schuldner*in unabhängige natürliche Person bestellt. Vor Eröffnung des Verfahrens hat das Gericht die Möglichkeit eine*n vorläufige*n Insolvenzverwalter*in zu bestellen, dessen Aufgaben in § 22 InsO geregelt sind. Hierbei kann zwischen einem*einer starken und einem*einer schwachen Insolvenzverwalter*in unterschieden werden. Der Unterschied findet sich in der Wirksamkeit von Verfügungen wieder.
Spätestens mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhält der*die Insolvenzverwalter*in die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis. Dann kann nur noch der*die Insolvenzverwalter*in über Gegenstände der Insolvenzmasse verfügen und bei bestimmten Verträgen festlegen, ob diese erfüllt werden sollen oder nicht. Er*Sie handelt dabei immer im Interesse der Insolvenzmasse, um diese bestmöglich zu vergrößern bzw. groß zu halten und am meisten Gläubiger*innen befriedigen zu können.
Was ist die Insolvenzmasse?
Nach § 35 InsO umfasst die Insolvenzmasse das gesamte Vermögen, dass dem*der Insolvenzschuldner*in zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und was er*sie während des Insolvenzverfahrens erlangt. Die Vermögensgegenstände sind dabei nach § 153 InsO in einer Vermögensübersicht aufzulisten und den Verbindlichkeiten des*der Schuldner*in gegenüberzustellen.
Was ist eine Insolvenzanfechtung?
Eine Insolvenzanfechtung ist die Befugnis des*der Insolvenzverwalter*in gewisse Gläubigerbenachteiligungen rückgängig zu machen und somit eine Verkürzung des Schuldnervermögens zu verhindern. Dabei handelt es sich um Rechtshandlungen, die von dem*der Schuldner*in vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden. Die Vermögenswerte werden als Folge wieder zur Insolvenzmasse zurückgeführt, um im späteren Verteilungsverfahren an die Gläubiger*innen wieder ausgeschüttet zu werden. Welche Rechtshandlungen anfechtbar sind, ist in den §§ 129 – 144 InsO festgelegt.
Insolvenzbekanntmachungen
Was ist eine Insolvenzbekanntmachung?
Firmeninsolvenzen als auch Privatinsolvenzen werden öffentlich im Insolvenzregister veröffentlicht. Man spricht dann von einer sogenannten Insolvenzbekanntmachung. Die rechtliche Grundlage dafür stellt § 9 Abs. 1 InsO in Verbindung mit § 2 der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren (InsoBekV) dar. Dadurch wird vorgeschrieben, dass bestimmte Informationen zu dem*der Schuldner*in und der Insolvenz durch eine länderübergreifende zentrale Stelle bekannt gemacht werden müssen.
Wie und welche Informationen werden veröffentlicht?
Insolvenzbekanntmachungen können auf der Website des Bundesamtes für Justiz unter www.insolvenzbekanntmachuungen.de oder bei den zuständigen Amtsgerichten eingesehen werden.
Im Insolvenzregister sind genauere Angaben zu dem*der Schuldner*in zu machen. Darunter zählt:
- Familienname
- Firma
- Sitz oder Wohnsitz des*der Schuldner*in
zusätzlich finden sich auch noch Informationen über:
- Aktenzeichen des Insolvenzgerichts
- Registernummer und Sitz des Gerichts
- Sicherungsmaßnahmen durch das Gericht
- Festlegung von Terminen
- Abweisungen mangels Masse
- Eröffnungsdatum
- Entscheidung über Aufhebung oder Einstellung eines Insolvenzverfahrens
- Informationen über den*die zuständige*n Insolvenzverwalter*in
Welchen Zweck hat eine Insolvenzbekanntmachung?
Für Schuldner*innen ist eine Bekanntmachung oft schwer hinzunehmen, da veröffentlicht wird in welchen finanziellen Problemen sie stecken. Jedoch erfolgt eine Bekanntmachung im Interesse der Gläubiger*innen. Durch die Bekanntmachungen erhalten Sie Informationen zu der Insolvenz und können gegebenenfalls fehlende Forderungen anmelden. Aber auch potenzielle zukünftige Geschäftspartner*innen können in Erfahrung bringen, ob ihr*e zukünftige*r Vertragspartner*in zahlungsunfähig ist oder sich sogar in einem Insolvenzverfahren befindet.
Wann wird eine Insolvenzbekanntmachung wieder gelöscht?
Die Informationen der Insolvenzbekanntmachung sind für zwei Wochen uneingeschränkt für jedermann einsehbar. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 InsoBekV ist nach den zwei Wochen eine Einsicht nur noch möglich, wenn der Sitz des Insolvenzgerichts und mindestens eine der folgenden Angaben angegeben werden:
- Familienname
- Firma
- Sitz oder Wohnsitz des*der Schuldner*in
- Das Aktenzeichen des Insolvenzgerichts
- Registernummer und Sitz des Registergerichts
Nach Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens müssen die Daten spätestens binnen sechs Monaten gelöscht werden. Wenn das Insolvenzverfahren nicht eröffnet wird, beginnt die Frist mit der Aufhebung der Sicherungsmaßnahmen.
Das Verteilungsverfahren
Welche Verteilungen gibt es?
Es gibt drei Arten der Verteilung der Insolvenzmasse. In der Abschlagsverteilung werden Barmittel vor der Verwertung der Insolvenzmasse verteilt. In der Schlussverteilung wird die Insolvenzmasse verwertet und nach Maßgabe des Schlussverzeichnisses verteilt. Wenn anschließend noch Insolvenzmasse vorhanden ist, kann der Rest mittels der Nachtragsverteilung verteilt werden.
Die Reihenfolge der Befriedigung der Gläubiger*innen ist auch vorgeschrieben. Zuerst werden die absonderungsberechtigten Gläubiger*innen, dann die Massegläubiger*innen und zuletzt die Insolvenzgläubiger*innen befriedigt.
Was ist eine Aussonderung?
Aussonderungsberechtigte Gläubiger*innen sind keine Insolvenzgläubiger*innen und haben mit dem Insolvenzverfahren nichts zu tun. In diesen Fällen ist ein Gegenstand in der Insolvenzmasse vorhanden, der rechtlich aber nicht dazu gehören dürfte. Die Aussonderung nach § 47 InsO bestimmt also die Herausgabe von Gegenständen, die nicht zur Insolvenzmasse gehören.
RECHTS-TIPP
Die Ansprüche bestimmen sich nach Gesetzen, die außerhalb des Insolvenzrechts liegen.
Was ist eine Absonderung?
Absonderungsberechtigte Gläubiger*innen haben im Gegensatz zu den aussonderungsberechtigten Gläubigern*innen keinen Herausgabeanspruch über einen bestimmten Gegenstand. Jedoch genießen sie das Recht auf bevorzugte Befriedigung aus der Verwertung dieses Gegenstandes der Insolvenzmasse, zur Befriedigung ihrer Forderungen. Es handelt sich also nicht um einen massefremden Gegenstand, sondern um einen Gegenstand der sehr wohl Teil der Insolvenzmasse ist. Die §§ 49 bis 51 InsO enthalten detaillierte Bestimmungen zu den Absonderungsrechten. Die Verwertung obliegt weiterhin dem*der Insolvenzverwalter*in. Eine selbstständige Verwertung ist ausgeschlossen. Klassische Beispiele für Absonderungsrechte sind Eigentumsvorbehalte, Hypotheken und Grundschulden.
Was sind Masse- und Insolvenzgläubiger*innen?
Auch Massegläubiger (§§ 53 – 55 InsO) werden bevorzugt. Sie werden vorrangig, vor den Insolvenzgläubiger*innen, aus der Insolvenzmasse befriedigt. Sie erhalten in der Regel 100% ihrer Massekosten zurück. Massekosten umfassen die Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO). Darunter zählen zum Beispiel die Gerichtskosten, Vergütungen des*der Insolvenzverwalter*in und die Vergütungen der Mitglieder des Gläubigerausschusses. Sonstige Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO) entstehen durch Rechtshandlungen des*der Insolvenzverwalter*in, die er*sie bei der Verwertung und Verwaltung der Insolvenzmasse nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vornimmt. Dazu gehören zum Beispiel Steuern, Lohnansprüche und Mietzinsen.
Insolvenzgläubiger*innen (§ 38 InsO) sind Gläubiger*innen, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits eine offene Forderung gegen den*die Schuldner*in haben und als letztes befriedigt werden. Zum Beispiel sind Vertragspartner*innen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Zahlungsanspruch gegen den*die Schuldner*in haben, Insolvenzgläubiger*innen.
Was ist ein Insolvenzplan?
Die Insolvenzordnung gibt genaue Vorgaben zum Vorgehen und Ablauf des Insolvenzverfahrens. Wollen jedoch Schuldner*in oder Gläubiger*innen von der Insolvenzordnung abweichen, bietet der Insolvenzplan die Möglichkeit, gemeinsame Entscheidungen einzubringen und somit von dem ordnungsgemäßen Verfahren abzuweichen. Welche Abweichungen möglich sind, ist in den §§ 217 ff. InsO geregelt. Beispielsweise sind Abweichungen zu der Befriedigung absonderungsberechtigter Gläubiger*innen und Insolvenzgläubiger*innen oder auch über die Masseverwertung bzw. - verteilung möglich. Der Insolvenzplan besteht aus zwei Teilen:
- Darstellender Teil § 220 InsO: Beschreibt Auswirkungen und Ziele des Insolvenzplans, die als Informationen für die Entscheidung der Beteiligten dienen.
- Gestaltender Teil § 221 InsO: Wird festgelegt, wie sich die Rechtsstellung der Beteiligten ändert.
In einem Insolvenzplanverfahren wird zuerst ein Insolvenzplan aufgestellt. Dieser muss von den Gläubiger*innen angenommen werden und auch der*die Schuldner*in muss diesem zustimmen. Sind beide Einverständnisse vorhanden, fehlt nur noch die gerichtliche Bestätigung.
Der Vorteil eines Insolvenzplans spiegelt sich darin wider, dass das Unternehmen nach dem Insolvenzverfahren erhalten bleibt und auch Arbeitnehmer*innen eine größere Chance haben, ihren Arbeitsplatz zu behalten. Zudem ist es eine Möglichkeit, die Verfahrenskosten zu reduzieren.
Was ist eine Privatinsolvenz?
Eine Privatinsolvenz beschreibt das Insolvenzverfahren einer zahlungsunfähigen natürlichen Person, die keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat. Die Privatinsolvenz, oder auch Verbraucherinsolvenz genannt, hat das Ziel eines vereinfachten Insolvenzverfahrens vor dem Insolvenzgericht.
Durch das „Gesetz zur Verkürzung des Restschuldverfahrens“ wurde das Restschuldverfahren zeitlich gekürzt und ermöglicht dem*der Schuldner*in innerhalb von drei Jahren, nach der Wohlverhaltensphase, schuldenfrei zu werden. Wenn Sie einen Antrag auf Privatinsolvenz stellen wollen, kann Sie ein*e Anwält*in für Insolvenzrecht unterstützen.
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