Nachbarschaftsrecht, Immissionen, eingeschränkte Nutzung meines Grundstückes
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Hesterberg,
mein Nachbar hat seit Samstag direkt an unsere Grundstücksgrenze (siehe Fotos Anlage) ein Vogelschreckgerät mit Ultraschall aufgebaut, welches durch den so justierten Bewegungsmelder große Teile unseres Grundstückes überdeckt. Ziel dieser Aktion ist insbesondere ein in unserem Grundstück befindlicher Baum an dem wir einen Nistkasten und ein Vogelhaus angebracht haben. Dem Nachbarn sind die Vögel zu laut. Gleichzeitig haben wir aber auch noch einen Hund , der nun ebenfalls von dieser Beschallung betroffen ist. Sonst ruhig, nun fängt er bei Annäherung an das Gerät an zu bellen. Da unsere Terrasse in unmittelbarer Nähe liegt und wir auch ein kleines Kind haben, fühlen wir uns durch diesen Aufbau und deren Emissionen in der Nutzung unseres Grundstückes beeinträchtigt. Auch wir konnten schon bestimmte Frequenzen spüren.
Wir denken, unser Nachbar kann die Geräte in seinem Garten (auch er hat zwei Kleinkinder) gern nutzen, aber wir bzw. unser Grundstück darf davon nicht betroffen sein. D.h. er müsste das Gerät in einem angemessenen Abstand zum Zaun aufbauen und dann so justieren, dass unser Grundstück durch den Bewegungsmelder nicht mit abgedeckt wird.
Die Frage wäre: Liegen wir mit unserer Ansicht richtig, welche gesetzlichen Aussagen treffen zu? Was ist ein angemessener Abstand (die Geräte haben eine Reichweite von ca. 9 m und einen Erfassungswinkel von 110°)? Wie können wir vorgehen (Reden mit dem Nachbarn bringt nichts)?
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen
C. G..
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt:
Es gibt durchaus Urteile, die sich schon mit solchen Fällen beschäftigt haben, wobei ich hier einmal ein erstes exemplarisch herausgreifen möchte:
VGH Baden-Württemberg · Urteil vom 4. November 2014 · Az. 10 S 1663/11 - Ich zitiere auszugsweise aus dem Leitsätzen des Urteils:
1. a) Phonoakustische und pyroakustische Vogelabwehrgeräte herkömmlichen Typs sind aufgrund ihrer Schallemissionen grundsätzlich geeignet, im Nahbereich eine Gesundheitsgefährdung im Sinne des § 25 Abs. 2 BImSchG hervorzurufen. Ob die auf Wohngebiete einwirkenden Immissionen die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung überschreiten, hängt vom konkreten Einzelfall ab (hier verneint).
1. b) Ob die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung bereits bei einer dauerhaften mittleren Geräuschbelastung von 60 bis 65 dB(A) beginnt, bleibt offen, weil bei der jahreszeitlich begrenzten Weinberghut eine solche Dauerbelastung nicht in Rede steht.
2. a) Die Immissionsrichtwerte der TA Lärm sind auf die Geräusche von automatisierten Vogelabwehrgeräten aufgrund ihres spezifischen Störpotentials und ihres atypischen Geräuschcharakters nicht entsprechend anwendbar.
2. b) Die von Vogelabwehranlagen ausgehenden Lärmimmissionen können im Fall der Unterschreitung bestimmter Mindestabstände zu Wohngebieten bei einer wertenden Gesamtbetrachtung zu einer Beeinträchtigung des körperlichen und seelischen Wohlbefindens der Anwohner führen und damit zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG.
Auch wenn sicherlich das Urteil nur in Ansätzen vergleichbar ist (etwa weil es um andere Entfernungen beziehungsweise um konkreten Lärm ging) so ist bei solchen Gerätschaften insbesondere in derart knappen Abständen, also fast an der Grenze, Vorsicht geboten und der Nachbar muss sich rechtlich gefallen lassen, dass man ihn auf ein Unterlassen und Beseitigung dieser Störung in Anspruch nimmt.
Das betrifft insbesondere die von dem Gerät ausgehenden Schallimmissionen, die insbesondere kleine Kinder und Tiere nach meiner Recherche betreffen können.
Nach Ihrer Schilderung der Auswirkungen des Geräts (Gefahr für Kleinkind und rund; fast direkt an der Grenze) müssen Sie dieses nicht hinnehmen.
Es gibt einen zivilrechtlichen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch: Wird das (also Ihr) Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
Der Anspruch ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist: Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Geräuschen, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt.
Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.
Zudem haben Sie einen Anspruch auf ordnungsbehördliches Einschreiten und sollten sich dahingehend an die Gemeindeverwaltung vor Ort wenden, die auch für entsprechenden technischen Sachverstand sorgen kann. Die kann Ihnen da ebenfalls weiterhelfen.
Natürlich kommt es auf das Gerät im Einzelfall an und den im Einzelfall davon ausgehenden Immissionen und gegebenenfalls Gesundheitsbeeinträchtigungen. Danach bemisst sich auch die Entfernung von der Grundstücksgrenze.
Doch ist es beim Aufstellen direkt an der Grundstücksgrenze Naheliegend, dass hier schädliche Einwirkungen auf Ihr Grundstück und Ihren Lebensbereich beziehungsweise den Ihres Hundes ausstrahlen.
Zudem kann sich Ihr Nachbar nicht darauf berufen, das ist die kostengünstigste und einfachste Möglichkeit ist, um der Vogellärmgefahr zu begegnen, da er andere, weniger belastende Maßnahmen prüfen und gegebenenfalls einrichten muss.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag. Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
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