Einzug ins Elternhaus - Auszahlung Geschwister
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Merkel,
meine Frau und unsere zwei Töchter haben uns mit meinen Eltern darauf verständigt, dass wir zurück ins Elternhaus ziehen werden (Eltern wohnen im EG, meine Familie und ich im 1. OG und DG). Das Haus wurde inzwischen bewertet. Diesen Bewertungspreis würde ich gerne festschreiben lassen und im späteren Erbfall jeweils 1/3 an meine beiden Geschwister ausbezahlen.
Ich möchte zum jetzigen Zeitpunkt also nicht Eigentümer des Hauses bzw. der beiden oberen Stockwerke werden, sondern lediglich die Bewertung vor etwaigen Renovierungen fixieren. Entsprechend wird ein Auszahlungsbetrag festgelegt und meine Geschwister würden eine Verzichtserklärung für das Haus unterzeichnen. Ich mit meiner Familie wäre als Alleinerbe für das Haus eingetragen.
Meine Geschwister dagegen favorisieren die Lösung, dass mir jetzt 2/3 des Hauses übertragen werden und sie bereits jetzt zu Lebzeiten meiner Eltern ihren Anteil zu je 1/3 erhalten. Um diesen Betrag aufzubringen, würde dies aber bedeuten, dass meinen Eltern ihr schuldenfreies Haus nun wieder mit einer Grundschuld durch mich belastet wäre. Das ist für mich kein idealer Gedanke im Hinblick auf meine Eltern. Zumal dieser Weg noch andere Risiken mit sich bringt: was passiert im Falle einer Scheidung zwischen mir und meiner Frau; was passiert bei Arbeitslosigkeit oder wenn ich vorzeitig versterbe und meine Frau heiratet erneut, der dann Miteigentümer wird etc. - von diesen Risiken würde ich gerne meine Eltern nach Möglichkeit befreien, und strebe deswegen zum jetzigen Zeitpunkt kein Miteigentum am Elternhaus an.
Meine Frage ist, gibt es einen besseren Weg die Situation möglichst gerecht zu klären und dabei die Risiken für alle beteiligten weitgehend zu minimieren?
Besten Dank für Ihre Einschätzung.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Mayer
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Anja Merkel, LL.M.
Sehr geehrter Herr Mayer,
ich beantworte Ihr Anliegen aufgrund Ihrer Angaben folgendermaßen:
Meine Frage ist, gibt es einen besseren Weg die Situation möglichst gerecht zu klären und dabei die Risiken für alle beteiligten weitgehend zu minimieren?
Ihr Lösungsvorschlag, d.h. Haus jetzt zu bewerten, um diesen Wert dann im Rahmen der Erbschaft zugrunde zu legen, ist nicht rechtskonform/rechtssicher.
Der Wert des Nachlasses ist zum Zeitpunkt des Erbfalles zu bewerten, d.h. am Todestag, vgl. § 2311 BGB. Insofern müssen Ihre Geschwister bei Eintreten
des Nachlass Falles den von Ihnen jetzt festgeschriebenen Wert des Hauses nicht akzeptieren, da das Gesetz ganz klar etwas anderes vorsieht. Auch alle mit der Erbschaft
verbundene Kosten und Lasten werden mit dem Nachlass Wert zum Todeszeitpunkt berechnet.
Die Eigentumsübertragung zu Lebzeiten (Vorschlag der Geschwister) ist der übliche und einfachste Weg, das Vermögen zu übertragen.
Entweder also das 1. gesamte Haus an Sie mit einem Wohnrecht für die Eltern im EG und Auszahlung der Geschwister
oder 2. eine offizielle Teilung des Hauses in 2 separate Wohneinheiten und einen Ausgleich an die Geschwister entsprechend dem Wert des 1OG+DG.
Die 2. Lösung ist teurer, da das Haus zunächst geteilt werden muss (Notar, Grundbuchänderung und gegebenenfalls
Umbau in 2 separate Wohneinheiten). Daneben bleibt bei Lösung 2 dann wiederum die erbrechtliche Fragestellung der EG-Wohnung. Insofern ist der leb zeitlichen Gesamtübertragung der vorzugswürdige Weg.
Besitzen Ihre Eltern weiteres nennenswertes Vermögen, z.B. andere Häuser, so kann eine leb zeitliche Eigentumsübertragung an Sie mit entsprechendes Wertanrechnung auf Ihr zukünftiges Erbe vorgenommen
werden. D.h. der Ausgleich gegenüber Ihren Geschwistern findet im Erbfall statt, indem Ihnen das Haus von Ihrem Erbteil abgezogen wird, bzw. Sie auf Ihr Erbe verzichten.
Diese Lösung funktioniert jedoch nur dann, wenn es ein nennenswertes zusätzliches Vermögen gibt, dass im Erbfall in ausgleichender Weise auf Ihre Geschwister verteilt werden kann.
da Sie schreiben, dass das Haus für die Auszahlung als Sicherheit belastet werden soll, wird kein nennenswertes Vermögen vorliegen.
Eine noch nicht angesprochene Lösung wäre ein Investitionsausgleich im Erbfall, d.h. die von Ihnen vorgenommenen Umbau-Renovierungskosten müssten vom Nachlass Wert entsprechend abgezogen werden.
Allerdings wird ein solcher Ausgleich gegebenenfalls nur bedingt Ihre Renovierung,- und Umbaukosten wieder einspielen, da sich diese gegebenenfalls durch mietfreies Wohnen und Zeitablauf (Stichwort: Zeitwert) abgewohnt haben.
Außerdem sind Sie in der Nachweispflicht, d.h. alle Rechnungen und Belege sind aufzuheben.
Diese Variante ist der lebzeitigen Eigentumsübertragung nicht vorzuziehen, da Sie sich dann mit kostspieligen Wertgutachten, Streitigkeiten mit den Miterben (Geschwistern) und Dauer bis ein akzeptabler Wert gefunden ist,
einstellen müssen.
Ansonsten könnten Sie noch überlegen, in das Haus als Mieter einzuziehen und im Erbfall wird das Haus dann verkauft und der Erlös auf die Erben verteilt.
Oder Sie behalten das Haus und zahlen Ihre Geschwister (Miterben) dann entsprechend dem Nachlass Wert des Hauses aus.
Zu Ihren Bedenken:
1. Um diesen Betrag aufzubringen, würde dies aber bedeuten, dass meinen Eltern Ihr schuldenfreies Haus nun wieder mit einer Grundschuld durch mich belastet wäre. Das ist für mich kein idealer Gedanke im Hinblick auf meine Eltern:
Das Sie dann Eigentümer des Hauses sind, ist Ihr Haus belastet und nicht das Ihrer Eltern.
Verschuldung an sich ist nicht schön, jedoch würde diese auch im Erbfall auf Sie zukommen, wenn das Haus im Eigentum gehalten werden soll.
Es sei denn das elterliche Haus würde von der Erbengemeinschaft verkauft werden und die Erben teilen sich dann den Erlös.
2. was passiert im Falle einer Scheidung zwischen mir und meiner Frau; was passiert bei Arbeitslosigkeit oder wenn ich vorzeitig versterbe und meine Frau heiratet erneut, der dann Miteigentümer:
Scheidung:
Werden Sie 100 % Eigentümer, d.h. stehen im Grundbuch, dann bleiben Sie alleiniger Eigentümer.
Arbeitslosigkeit:
Die bewohnte Eigenimmobilie wird nicht vom Sozialleistungsträger verwertet.
Todesfall:
machen Sie ein Testament und setzen Ihre Frau oder die Kinder als Erben ein.
haben Sie kein Testament, dann erben Ihre Ehefrau und die Kinder im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge, d.h. auch hier erhält die Frau nicht das Alleineigentum.
Fazit:
Insgesamt ist zu sagen, dass die lebzeitige Eigentumsübertragung (Vorschlag der Geschwister) die vorzugswürdige Variante ist.
Vorteile: gerechter Ausgleich, geregelte Verhältnisse, Frieden in der Familie, Kostengünstig.
Wollen Sie dies nicht, dann sollten Sie als Mieter einziehen und die Eigentumsproblematik mit Auszahlung etc. auf den Erbfall verschieben.
Ich hoffe Ihnen eine erste rechtliche Orientierung gegeben zu haben.
Beste Grüße
Anja Merkel, LL.M.
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1. "nicht rechtskonform / rechtssicher bedeutet, dass eine Verzichtserklärung meiner Geschwister theoretisch im Erbfall angefochten werden könnte, korrekt?
2. der übliche Weg der Ausbezahlung zu Lebzeiten und eine Übertragung des Hauses meiner Eltern an mich -> meine Eltern sollten dann ein lebenslanges Wohnrecht erhalten, ist dies als "wertmindernd" anzusehen, sodass der Auszahlungsbetrag an die Geschwister entsprechend geringer ausfallen würde?
3. Interessant ist der Punkt nennenswertes Vermögen. Hier wird in der Tat in den nächsten Jahren Vermögen an meine Eltern bzw. an mich und meine Geschwister durch eine Erbschaft an uns gehen. Meine Idee ist auch deshalb, dass Haus jetzt bewerten zu lassen (vor Renovierungen) und einen Auszahlungsbetrag zu vereinbaren. Auch um mich und meine Familie vor weiteren drastischen Preissteigerungen zu schützen. Wenn ich Sie aber richtig verstehe ist das notarielle festschreiben eines Auszahlungsbetrages eben nicht rechtssicher und im Erbfall könnten meine Geschwister theoretisch den Wert im Nachlassfall einklagen.
4. Angenommen ich bekomme das Haus übertragen, zahle die Geschwister aus und das Haus ist mit einer Grundschuld belastet. Wie sind meine Eltern geschützt vor einem theoretischen Zahlungsausfall. Reicht das lebenslange Wohnrecht mit Eintragung im Grundbuch aus, um einen Schutz für die Eltern zu erzielen?
Für eine kurze Beurteilung wäre ich dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Mayer
zu2.
ein bestehendes Wohnrecht mindert den Wert der Immobilie
zu3.
ja. In meiner ursprünglichen Antwort ging es allerdings um eine mögliche Anrechungsoption des Hauses aug Ihren Erbteil. Dann müsste aber das weitere Vermögen wenigstens so hoch hoch sein, dass die Erbteile im Wert des anzurechnenden Hauses jeweils ausgezahlt werden können. D.h. heißt, dass das Haus bei 3 Geschwistern ca. 1/3 des Vermögens der Elter beträgt.
zu4.
Die Lasten und Dienstbarkeiten, die im Grundbuch eingetragen sind, bleiben sowohl beim Verkauf als auch in der Zwangsversteigerung in der Regel erhalten, vgl. § 1093 BGB, wobei bei der Zwangsversteigerung dem Rang des Wohnrechts eine entscheidende Bedeutung zukommt. Wohnrecht stehen im Grundbuch in der Abteilung II, d.h. 2. Rang.
Wenn das Wohnrecht ranghöher ist, als das Recht des betreibenden Gläubigers, bleibt es nach der Versteigerung bestehen.
Wenn das Wohnrecht rangschlechter ist, erlischt es mit dem Zuschlag der Zwangsversteigerung. Dann besteht ein Anspruch auf Wertersatz aus dem Versteigerungserlös nach § 92 ZVG.