ALG 2 - Erbe
Fragestellung
Meine Mutter ist vor zwei Wochen verstorben. Sie hinterließ uns drei Kindern ca. 9.000€ auf Konten und eine schuldenfreie Doppelhaushälfte, deren Wert ich auf ca. 130.000 € schätze.
In ihrem handschriftlichen Testament vermachte sie mir 1/6, der Rest geht zu gleichen Teilen an meine beiden Geschwister. Eine Sterbeurkunde liegt inzwischen vor, ein Erbschein noch nicht.
Ich beziehe ALG 2, auch zum Zeitpunkt des Todes meiner Mutter.
Wann muss ich die Erbschaft dem Jobcenter melden?
-Sofort?
-Nach Erhalt des Erbscheins?
-Nach Übertragung der Konten und der Immobilie auf die Erbengemeinschaft?
-Nach Verkauf der Immobilie und der Erbauseinandersetzung mit meinen Geschwistern?
-Bei Eingang des Guthabens aus der Erbauseinandersetzung auf mein Konto?
Mein Erbteil wird ca. 20.000 € betragen, Schonvermögen wären 8.550 € ( 57, alleinstehend, keine Kinder ).
Kann das Jobcenter Leistungen zurückfordern, die mir nach dem Tod meiner Mutter gewährt wurden?
Ich plane derzeit, mich vor Auszahlung meines Anteils beim Jobcenter abzumelden, mich selbst zu versichern und einige Monate von meinem Erbteil zu leben. Ich will das Erbe nicht im Nachtclub verprassen, aber vernünftig leben und auch einige ausstehende Käufe tätigen. Wenn ich 6 Monate ca. 2000 € monatlich verbrauche, wäre der Restbetrag geringer als mein Schonvermögen, ich würde dann wieder ALG2 beantragen.
Ist dieses Vorgehen so richtig?
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Antwort von Rechtsanwalt und Mediator Christian Joachim
Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage und das damit entgegengebrachte Vertrauen.
Zunächst wäre zu beurteilen, ob es sich bei der Erbschaft um Einkommen oder Vermögen handelt.
Dies ist in § 11 Abs. 1 SGB II nicht geregelt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist es allerdings so, dass die Erbmasse als Einkommen gewertet wird, wenn sie nach Antragstellung zuwächst. Vermögen ist es lediglich dann, wenn der Erbfall vor Leistungsbezug eintritt.
Damit würde es sich hier zunächst um Einkommen handeln, maßgeblicher Zeitpunkt ist der Erbfall dies bedeutet ab dem Zeitpunkt des Todes ihrer Mutter würden hier zunächst ihre Erbanteile auf einen Zeitraum von 6 Monaten als Einkommen aufgeteilt werden (§ 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II). Nach Ablauf des sechsmonatigen Verteilzeitraums ist eine noch gegebenenfalls vorhandene Restsumme dann als Vermögen anzusehen, welches dann im Rahmen ihres Schonvermögens bewertet wird.
Das Einkommen aus der Erbschaft wird allerdings erst mit dem tatsächlichen Zufluss berücksichtigt werden, also wenn das Geld auch tatsächlich zur Verfügung steht.
Zu Ihren konkreten Fragen.
Die Erbschaft müssen sie dem Jobcenter grundsätzlich sofort melden, allerdings ist für die Berechnung dann der oben genannte Zuflusszeitpunkt entscheidend.
Leistungen können nur zurückgefordert werden, wenn das Jobcenter nach dem Zufluss der Erbschaft noch Leistungen gewährt hat.
Die Abmeldung vom Jobcenter sollten Sie gegebenenfalls zunächst noch zurückstellen, da Sie nicht wissen, wann Ihnen tatsächlich das Geld aus dem Erbe zufließt. Erst dann würden auch entsprechende Beträge wie oben genannt angerechnet. Man müsste dann auch schauen, in welchem Umfang hier Einkommen entsteht in den entsprechenden Monaten und wie dieses Einkommen dann nach der dem Ablauf der 6 Monate verbraucht worden ist.
Haben Sie dann von Ihrer Erbschaft und von Ihrem weiteren Vermögen noch etwas übrig, was Ihr Schonvermögen übersteigt, müssten sie dieses erst verbrauchen und würden keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld II, so wie Sie es auch dargestellt haben, besitzen, bis sodann auch wieder die Grenze des Schonvermögens erreicht ist.
Dies könnte man dann gegebenenfalls durch eine entsprechende angemessene Lebensführung steuern, so wie Sie dies ebenfalls dargestellt haben.
Insofern ist Ihr Vorgehen teilweise richtig unter Berücksichtigung der oben genannten Dinge
Ich hoffe, dass ich Ihnen bis hierher hilfreich geantwortet habe und stehen gerne weiterhin zur Verfügung.
Über eine anschließende positive Bewertung freue ich mich.
Viele Grüße
Christian Joachim
Rechtsanwalt
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