Anzeige wegen angeblicher Beihilfe zum Betrug
Fragestellung
Sehr geehrter Frau Server,
im Oktober habe ich in Absprache mit der Erbengemeinschaft Kraft meiner Vollmacht die vereinbarten Beträge, knapp 6000 Euro, auf die jeweiligen Konten überwiesen.
Den Betrag meiner Schwester habe ich auf ein Unterkonto von mir überwiesen, um es dort erstmal zu parken, weil sie Sozialleistungen bezieht. Damit sollte verhindert werden, dass sie das verfügbare Geld auf ihrem Konto mit diesem Betrag aus dem Erbe meiner Mutter, über den sie ja nicht verfügen darf, sozusagen "durcheinander bringt". Inzwischen hat sie die ARGE über ihre Erbschaft informiert.
Einer der Miterben, der mit allen Mitteln verhindern will, dass meine Schwester in den Genuss ihres Erbes kommt, hat mir jetzt den Rechtsanwalt auf den Hals geschickt. Er behauptet, mein Konto würde offensichtlich als "Zahlstelle" für meine Schwester fungieren. Darüber hinaus unterstellt er meiner Schwester, dass sie ihr Erbe sicherlich nicht der ARGE mitgeteilt hätte. Mir droht er jetzt mit einer Anzeige wegen Beihilfe zum Betrug....Wie könnten wir darauf reagieren?
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Silvana Grass
Sehr geehrte Ratsuchende,
wenn man den objektiven Sachverhalt betrachtet ergibt sich folgendes Bild:
Sie haben den jeweiligen Erbanteil allen Geschwistern auf deren Spar- oder Girokonto überwiesen. Lediglich bei der einen Schwester haben Sie eine Ausnahme gemacht und das Geld auf ein anderes, zunächst „unbekanntes“ Konto gezahlt. Für einen sog. objektiven Betrachter erscheint es auf den ersten Blick tatsächlich so, als ob das Geld „auf die Seite geschafft“ wurde, um es vor dem Amt „zu verstecken“.
Würde es tatsächlich sich beweisen lassen, dass Sie im Grunde „gemeinsame Sache“ mit Ihrer Schwester gemacht haben, dann wäre tatsächlich der Vorwurf der Beihilfe zum Betrug gerechtfertigt. Denn, fließt einem Sozialhilfeempfänger eine Erbschaft zu, hat dieser den Zufluss zu melden. Man muss zwar nicht den Anfall der Erbschaft melden, aber spätestens, wenn das Geld aus dieser erzielbar ist, also bei Ihnen zum Zeitpunkt der Verteilung an die Geschwister, hätte die Schwester umgehend dies der Sozialbehörde melden müssen. Wenn Sie abgesprochen hätten, das Geld erst einmal „zwischen zu lagern“ wäre dies nicht korrekt gewesen.
Leider haben Sie nicht angegeben, zu welchem Zeitpunkt Ihre Schwester den Zufluss der Arge gemeldet hat. Wenn diese Meldung zu spät erfolgte, dann liegt entweder ein ordnungswidriges oder gar strafbares Verhalten vor. Strafbar wäre es dann, wenn bewusst etwas verschwiegen wurde.
Die Schwierigkeit liegt darin, glaubhafte Argumente zu finden, warum Sie in Abweichung zu den anderen Geschwistern das Geld nicht auf das Konto der Schwester überwiesen haben. Was hierfür für Gründe vorlagen, ist aufgrund Ihrer Angaben leider nicht erkennbar.
Dem Anwalt gegenüber kann darauf hingewiesen werden, dass der Arge die Erbschaft bekannt ist – Sie teilten ja mit, dass die Meldung nunmehr erfolgte – und das weitere Vorgehen mit der Arge abgestimmt wird. Ggf. könnte man in dem Verhalten des Rechtsanwaltes auch eine Nötigung sehen, wenn er die Drohung mit der Anzeige mit einer unberechtigten Forderung verknüpft hat. Dann könnte man dem Rechtsanwalt sogar mitteilen, dass man sich eine Meldung an die Anwaltskammer und ggf. eine Strafanzeige vorbehält. Aber wie ausgeführt gilt dies nur, wenn ein nötigendes Verhalten vorliegt, was ohne genauere Kenntnis nicht geprüft werden kann.
Ich bedaure sehr, Ihnen keine „Generallösung“ präsentieren zu können, die dazu führt, dass Sie nicht in einen gewissen Verdacht geraten. Das ungewöhnliche Verhalten in Bezug auf die Gelder der Schwester sprechen leider zunächst für einen gewissen Anfangsverdacht. Diesen können Sie nur ausräumen, wenn es einen nachvollziehbaren Grund gab, weshalb die vorgenommene Buchung getätigt wurde.
Gern beantworte ich eventuell bestehende nachfragen und verbliebe
mit freundlichen Grüßen
RA Grass
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Tatsache ist doch, dass meine Schwester der Arge den Empfang des Geldes gemeldet hat. Ob dies rechtzeitig oder verspätet geschehen ist, entzieht sich aber der Kenntnis meines Bruders, und meine Schwester ist ihm gegenüber ja keine Rechenschaft schuldig. Wie in meiner Anfrage erwähnt, hatte meine Schwester die Sorge, dass sie, wenn das Geld auf ihr Konto gegangen wäre, den Überblick verlieren und möglicherweise etwas von dem Geld ausgeben würde. Deshalb war mein Unterkonto ein Zwischenschritt.
Tatsache ist doch, dass meine Schwester der Arge den Empfang des Geldes gemeldet hat. Zu welchem Zeitpunkt dies geschehen ist, entzieht sich der Kenntnis meines Bruders, und meine Schwester ist ihm gegenüber ja keine Rechenschaft schuldig. Auch darüber, wie lange das Geld auf meinem Konto lag, ist meinem Bruder nicht bekannt. Der Grund für das kurzzeitige "Parken" des Geldes auf mein Unterkonto war wie erwähnt, dass meine Schwester Sorge hatte, dass ihr verfügbares Geld und das nicht verfügbare Geld aus der Erbschaft nicht vermischt wird, sprich sie auch von diesem Betrag etwas ausgegeben hätte.
wenn Ihr Bruder eine Strafanzeige erstattet, weil er Ihnen und der Schwester unterstellt, etwas falsch gemacht zu haben, dann wird die Staatsanwaltschaft den Sachverhalt ermitteln.
Im Rahmen dieser Ermittlungen wird sie herausfinden, wann die Schwester die Meldung bei der ARGE gemacht hat. Sie werden dann in diesem Zusammenhang aufgefordert, zu erklären, warum Sie das Geld "zwischengeparkt " haben.
Natürlich sind Sie dem Bruder keine Rechenschaft schuldig. Sie müssten auch im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens keine Angaben machen.
Aber: würde sich herausstellen, dass Ihre Schwester die Meldung verspätet abgegeben hat und Sie das Geld nicht sofort auf das Konto der Schwester eingezahlt haben, ohne hierfür eine plausible Erklärung zu haben, dann ergibt sich aus dem "objektive Schein", dass Sie der Schwester helfen wollten, dass Geld an der ARGE vorbei zu "verstecken".
Sie sollten sich daher ggf. überlegen, was eine plausible Erklärung ist. Der von Ihnen vorgetragene Hintergrund ist nicht wirklich nachvollziehbar.
Mit freundlichen Grüßen
RA Grass