Ehescheidung
Fragestellung
Zur Sachlage: Ich bin seit Mai 1998 verheiratet und habe aus dieser Ehe zwei Kinder, geboren 1999-3 (Tochter) und 2001-3 (Sohn). Während dieser Zeit habe ich ein Vermögen von rund 1,6 Mio.€ erarbeitet, wovon ca. 0,6 Mio.€ auf nur mir zugänglichen Konten liegen, und ca. 1 Mio.€ in Immobilien stecken. Letztere teilen sich auf ein unbebautes Grundstück in guter Ortslage (ca. 0,2 Mio.€) und ein Haus mit Grundstück, worin ich momentan mit meiner Frau und den zwei Kindern lebe (erbaut 2012; ca. 0,8 Mio.€). Grundstücke und Haus sind allein auf meinen Namen im Grundbuch eingetragen. Der Beitrag meiner Frau zum Vermögen liegt bei ca. 20.000 €. Es gibt keinen Ehevertrag oder eine Vereinbarung zur Gütertrennung.
Seit 2008-11 war sie ohne Arbeit – der Lebensunterhalt wurde durch meine Tätigkeit als Geologe verdient, abgesehen vom Kindergeld, das seit jeher auf ihr Konto läuft. Etwa 160.000 € habe ich in den Aufbau einer Rürup-Rente gesteckt. Seit 2018-3 hat sie einen 400 Euro-Job, der 2019-7 in eine versicherte Stelle umgewandelt wurde, worin sie etwa die Hälfte der Zeit arbeitet. Von 2008-11 bis 2019-6 unterhielt ich für sie eine private Krankenversicherung, was kumulativ ca. 30.000 € kostete. Die steuerliche Veranlagung erfolgt gemeinsam, was in den besseren Jahren zu einer signifikanten Ersparnis geführt hat (ohne Prüfung schwer zu quantifizieren, aber kumulativ könnte das bis heute in der Größenordnung von 70.000 € gegenüber Einzelveranlagung liegen). Meine Tochter arbeitet seit 2019-10 vollzeitlich, mein Sohn studiert an der nahen Universität (für ihn bekommt meine Frau Kindergeld, und ich unterstütze ihn mit einem Taschengeld von 190 €/Monat).
Meine Frau fing 2004/2005 heimlich das Trinken an, was uns bis heute große Probleme bereitet. Als ich damals unerwartet am Nachmittag nach Hause kam, hatte sie die Kinder vor den Fernseher gesetzt, sich betrunken und war in der Küche am Erbrechen, während es in diesem Wohnbereich wie in einer Schnapsfabrik roch. In den folgenden Jahren hatte sie trotz mehrerer Versuche meinerseits (und später auch der Kinder) alle Vorschläge einer Therapie abgelehnt, womit sich das Problem verschärfte. 2013 musste ich meinem damals 12jährigen Sohn eröffnen, dass seine Mutter alkoholsüchtig ist, damit er es nicht von seiner damals 14jährigen Schwester erfährt, die es selbst herausbekommen hatte. Das durch den Alkohol verstärkte ignorante und herrische Verhalten meiner Frau wurde unerträglich, womit sie u.a. bei Tisch über das (aus ihrer Sicht) Fehlverhalten der Tochter herzog, bis diese sich vom gemeinsamen Essen zurückzog. Schlimmer noch, ergaben sich bei der Tochter mentale Probleme, die zu Auffälligkeiten in der Schule führten (v.a. 2015/2016). Bei der Schulpsychologin gab sie daraufhin an, dass ihre Mutter alkoholsüchtig ist. Nur durch mein Erscheinen und die Reputation als promovierter Akademiker konnte ich gegenüber der Schulpsychologin erzieherische Fähigkeiten und ein Mindestmaß an häuslicher Ordnung glaubhaft darlegen, sonst hätten wir uns mit dem Jugendamt auseinandersetzen müssen. Allerdings muss man meiner Frau zu Gute halten, dass sie in Erziehungsfragen auch kooperativ war und sich trotz Messi-Tendenzen um den Haushalt gekümmert hat, wodurch es möglich war, den Kindern einen familiären Rahmen zu bieten, auch wenn meine Frau mindestens drei Viertel der Tageszeit damit verbrachte (und verbringt, wenn sie nicht arbeitet), im Bett oder auf dem Sofa zu liegen, zu lesen oder fernzusehen, bzw. sich zu betrinken.
Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt, der die Verhältnisse darstellen soll, falls das relevant ist. Bei Bedarf ließen sich noch Seiten füllen. Die Kinder belegen und unterstützen obige Aussagen, bzw. meine Sichtweise der Vorkommnisse aus den letzten 10-15 Jahren, und würden das auch vor Dritten bestätigen. Insbesondere befürworten sie die Trennung, und dass meine Frau baldmöglichst auszieht.
Am 6. Feb. 2020 habe ich sie mit Hilfe unserer Kinder dazu gebracht, einen Trennungsnachweis zu unterzeichnen (anbei), der nach spätestens einem Jahr auf eine Scheidung hinauslaufen soll (falls meine Frau sich evtl. nicht freiwillig scheiden lassen will). Abschließend geklärt ist dieser Punkt nicht, d.h., ob sie einwilligt. Das hängt wohl auch davon ab, was sie aus dem Vermögen zu erwarten hat, was u.a. mit diesem Schreiben geklärt werden soll.
Fragen:
1) Wann kann ich mich auf Grund des Trennungsnachweises frühestens scheiden lassen? Muss ich evtl. doch 3 Jahre warten, wenn sie behauptet, dass darin aufgeführte Punkte (oder ein Punkt) nicht genau beachtet wurden und ich das Gegenteil nicht beweisen kann?
2) Wie erfolgt eine Aufteilung des Vermögens in dem beschriebenen Fall, und welchen Anteil muss ich meiner Frau grob geschätzt überlassen?
3) Bin ich nach einer Scheidung zu Unterhaltszahlungen ihr gegenüber verpflichtet? Mein Sohn, für den noch Kindergeld bezahlt wird, würde nach ihrem Auszug im Haus bleiben.
4) Welches Recht hat meine Frau nach einer Scheidung und Auszahlung ihres Anteils noch, im Haus wohnen zu bleiben? Welche Mittel habe ich, ihren Auszug zu veranlassen, falls sie nicht ausziehen will?
Bitte zögern Sie falls nötig nicht, mich zu kontaktieren, wenn Ihr Honorar noch zu klären sein sollte, oder um weitere Informationen zu bitten, damit Sie die Fragen adäquat beantwortet werden können.
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Dr. M. S. O.
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Antwort von Rechtsanwalt Stephan Bartels
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Email-Anfrage, die vor dem Hintergrund des vereinbarten Honorars im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworte:
Zu 1
Damit das Gericht die Scheidung aussprechen kann muss die Ehe zerrüttet sein. Dies ist der Fall, wenn die Ehegatten entweder seit einem Jahr getrennt voneinander leben und der andere Ehegatte ebenfalls geschieden werden möchte, oder, wenn der andere Ehegatte die Scheidung nicht möchte, nach 3 Jahren Trennungszeit, §§ 1565, 1566 BGB. Nachdem Sie ausweislich des von Ihnen überlassenen "Nachweises über den Beginn des Trennungsjahres" zum 6.2.20 das Getrenntleben aufgenommen haben, müsste Ihre Frau im Streitfall nachweisen, dass es entgegen der darin getroffenen Vereinbarung über das Zusammenleben, auch nach dem 6.2.20 noch eine eheliche Lebensgemeinschaft (=gemeinsame Haushaltsführung, Versöhnung) gegeben hat.
Zu 2
Die Scheidung führt nicht dazu, dass Vermögen automatisch aufgeteilt wird. Das Gesetzt sieht hinsichtlich des Vermögens der Ehegatten für den Fall der Scheidung lediglich vor, dass der Zugewinn ausgeglichen wird, § 1372 BGB. Der Zugewinn jedes Ehegatten, wir ermittelt, indem vom Trennungsvermögen (bezogen auf den Tag des Eingangs des Scheidungsantrages beim Gericht) das Anfangsvermögen (bezogen auf den Tag der Hochzeit) abgezogen wird, § 1373 BGB. Das Ergebnis dieser Rechnung ist der Zugewinn. Der Ehegatte der den höheren Zugewinn erzielt hat, muss dem anderen Ehegatten die Hälfte der Differenz zu dessen Zugewinn durch Zahlung eines entsprechenden Geldbetrages ausgleichen. Für die Berechnung des Zugewinns müssen die Ehegatten einander Auskunft über ihr gesamtes Vermögen zu den genannten Zeitpunkten erteilen, einschließlich der Angabe der entsprechenden Werte z.B. von Immobilien, Antiquitäten, Schmuck, Fahrzeugen etc..
Gemeinschaftliches Vermögen (z.B. Immobilienbilien) fließen mit dem Wert des jeweiligen Anteils am Vermögensgegenstand in die Berechnung ein.
Vermögen, welches ein Ehegatte während der Ehe geerbt hat, oder von seinen Eltern geschenkt bekommen hat, wird mit dem Wert im Zeitpunkt der Schenkung im Anfangsvermögen berücksichtig, § 1374 Abs. II BGB. Auf diese Weise profitiert der Ander Ehegatte lediglich von einem eventuellen Wertzuwachs derartigen Vermögens (priviligiertes Vermögen).
Danneben steht bleibt es den Ehegatten freigestellt, wie sie mit gemeinschaftlichem Vermögen umgehen. Eine Immobilie, die beiden Ehegatten gehört, kann beispielsweise vermietet werden. Guthaben auf gemeinschaftlichen Konten ist zweckmäßigerweise hälftig zu teilen, solange es keine anderslautende Vereinbarung über die Verteiliung des Guthabens gibt.
Zu 3
Da Sie das höhere Einkommen erzielen, werden Sie Ihrer Ehefrau auch nach der Scheidung Unterhalt bezahlen müssen, § 1573 BGB (Aufstockungsunterhalt). Die Höhe und Dauer des Anspruchs Ihrer Ehefrau richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen (die beiderseitigen Einkünfte im Zeitpunkt der Scheidung), der Dauer der Ehe, dem Grund für die unterschiedlich hohen Einkünfte (Qualifikation, Ausstieg aus dem berufsleben wegen Geburt und Betreuung gemeinsamer Kinder, Kranheitsbedingt). Sofern IIhre Ehefrau aufgrund von kranheitsbedingtem Alkoholismus nicht in der Lage ist, Ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen, werden Sie für eineige Jahre für sie aufkommen müssen, da die Krankheit in der Ehe entstanden ist, § 1572 BGB.
Zu 4
Grundsätzlich können Sie als Alleineigentümer Ihrer Ehefrau die Nutzung des Hauses untersagen. Allerdings hätte Ihre Ehefrau die Möglichkeit, dass ein Gericht ihr die (Mit) Nutzung des Hauses weiterhin gestattet (Wohnungszuweisung), sofern ein erzwungener Auszug aus dem Haus für sie eine unbillige Härte darstellen würde (z. B. Obdachlosigkeit), § 1361b BGB.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Sie zwar in absehbarer Zeit von Ihrer Ehefrau geschieden werden können. Eine ebenso rasche räumliche und wirtschaftliche Entflechtung wird aber nur gelingen, wenn Sie - als Hauptverdiener und vermögenderer Ehegatte - Ihre Ehefrau mit ausreichenden Mitteln ausstatten, die es ihr ermöglichen, sich eine eigene wirtschaftliche Grundlage zu schaffen, sofern dies angesichts der Alkoholerkrankung überhaupt möglich ist. Für die Ausarbeitung entsprechender Vorschläge sollte zeitnah anwaltlicher Rat in Anspruch genommen werden, wofür ich auf Wunsch gern zur Verfügung stehe.
Für eine Nachfrage zum Inhalt meiner Antworten stehe ich gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Bartels
Rechtsanwalt, Hamburg
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zu 3: Wie viel dürfte ich denn höchstens verdienen, um meine Frau nach einer Scheidung nicht finanzieren zu müssen? Ich nehme an, dass dafür mein als Selbstständiger zu versteuerndes Einkommen angesetzt wird?
Ich kann mir kaum vorstellen, dass ich bei einem Einkommen von z.B. 892 €/Monat noch etwas abtreten müsste, weil ich dann unter die Armutsgrenze fallen würde.
zu 4: Ihre Antwort: "Grundsätzlich können Sie als Alleineigentümer Ihrer Ehefrau die Nutzung des Hauses untersagen". Bezieht sich das nur auf die Zeit nach der Scheidung, oder wäre das auch im verheirateten Zustand möglich (so klingt es), solange das für sie keine unbillige Härte darstellen würde, indem ich z.B. für eine Unterkunft sorge?