Bauliche Veränderung im Mehrfamilienhaus
Fragestellung
Wir haben ein Mehrfamilienhaus sehr hochwertig kernsaniert und im Bauverlauf Wohnung für Wohnung verkauft. 2 von 6 WE gehören noch uns.
Ein Eigentümer plant einen Balkonanbau, dagegen haben wir nichts, im Gegenteil, es ist schon so
Notarisch festgehalten.
Sein Wunschbalkon, 2,3m tief, bedarf aber jetzt eine bauliche Veränderung am Anbau (Loft) welche wir nicht akzeptieren möchten, zum einen wegen unserer Gewährleistung und zum Anderen weil uns WE 6 Loft selbst gehört
Dieser Eigentümer verweigert nun aber die Abnahme vom Gemeinschaftseigentum!
Ganz wichtig: Der Eigentümer ist schon durch einen schlechten Notar Eigentümer vor Abnahme geworden!!
Frage 1:
Darf er trotz verweigern der Abnahme des Gesamteigentums einen Balkon am Gesamteigentum anbringen und das Gesamteigentum antasten??
Frage 2:
Darf er, wenn WEG Mehrheit beschlossen und ja gesagt hat, eine Bauliche Veränderung überhaupt schon vornehmen?
Frage 3:
Darf eine WEG ab sofort baulich verändern oder erst mit Ablauf der Gewährleistung von 5 Jahren, oder anders gefragt, erlischt automatisch unsere Gewährleistung wenn die WEG baulich verändert weil das ja dann nicht mehr Gegenstand unserer Übergabe ist??
Besten Dank und mit freundlichen Grüßen
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Antwort von Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:
1.
Meines Erachtens nach kann deswegen die Abnahme des Gemeinschaftseigentum nicht verweigert werden, im Übrigen der Anbau nicht gerechtfertigt ist (siehe dazu gleich zu 2.):
Abnahmefähig ist das Bauwerk, wenn es im wesentlichen vertragsgerecht erfüllt wurde und nur noch geringe Mängel bzw. Restarbeiten vorhanden sind.
Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme also nicht verweigert werden.
Die gebotene enge Auslegung der Unwesentlichkeit der Mängel führt dazu, dass Mängel nicht als unwesentlich anzusehen sind, die auf die Gebrauchsfähigkeit oder die Sicherheit des Werks Einfluss haben.
Die Mangelfreiheit des Werks ist als anspruchsbegründendes Tatbestandsmerkmal vom Unternehmer zu beweisen.
Hier handelt es sich aber eben nicht um einen Mangel, da es um einen selbst vom sich verweigernden Eigentümer gewünschten Anbau geht, was keinen Mangel darstellt.
Darauf kann er sich also nicht berufen, weswegen die übrige Eigentümergemeinschaft dagegen vorgehen sollte.
2.
Für die Berechtigung gibt es eine klare Regelung im Wohnungseigentümergesetz, § 22
Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau
"(1) Bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, können beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, soweit die Rechte eines Wohnungseigentümers nicht in der in Satz 1 bezeichneten Weise beeinträchtigt werden."
Sie müssen dem also zustimmen.
Ich sehe es genauso wie Sie:
Der Wunschbalkon, 2,3m tief, bedarf dieser baulichen Veränderung am Anbau (Loft), was zum Einen wegen Ihrer Gewährleistung kritisch sein kann (jedoch natürlich regelbar wäre - mit Zustimmung aller Beteiligten) und zum Anderen weil Ihnen die WE 6 Loft selbst gehört.
Das muss der Nachbar nachvollziehen.
3.
Bauliche Veränderungen dürfen grundsätzlich stets nach Abnahme und jeweiligem Eigentumserwerbs erfolgen. Vor der Übergabe geht dieses nicht, es sei denn, alle sind sich darüber einig, das Bauunternehmer/Veräußerer bzw. die WEG/einzelnen Eigentümer.
In aller Regel ist dieses nur derart möglich.
Die Gewährleistung wird dadurch nicht unbedingt beeinträchtigt bzw. entstünde dadurch keine gesamte Haftungsfreistellung von jedermann, da ja zum Einen die Gewährleistung durchaus rechtlich und technisch abgegrenzt werden kann bzw. der bauende Eigentümer selbst zum Anderen haftet oder das von ihm beauftragte Bauunternehmen.
Von daher gibt es keine Schutzlücken, jedenfalls soweit ich hier dieses auf den ersten Blick sehe.
Ich hoffe Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
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Also kurz und knapp, bevor ein WEGler das Gemeinschaftseigentum abnimmt, hat er weder das Recht baulich zu verändern noch einen Balkon an zu montieren!
Gebe ich das richtig wieder???
vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich gerne wie folgt beantworte:
Ja, das ist richtig, denn etwas anderes dürften die Verträge nicht vorsehen.
Denn der Veräußerer hat ansonsten das Risiko, genau wie ein Bauträger, ob dieser mit ersterem identisch ist oder personenverschieden, das ist dafür egal.
Zudem muss Einstimmigkeit her, woran es ebenfalls fehlt.
Ich hoffe Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt