Anfrage WEG-Recht, einfache und qualifizierte Mehrheit
Beantwortet von Rechtsanwalt Maximilian A. Müller in unter 2 Stunden
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Müller,
für nachfolgende Situation habe ich Beratungsbedarf:
WEG-Gemeinschaft besteht aus 3 Einheiten mit Stimmverteilung lt. Teilungserklärung:
UG - 1 Stimme UG + EG zwischenzeitlich gleiche Eigentümer + Verwalter, ges.4Stimmen
EG - 3 Stimmen
DG - 2 Stimmen meine Wohnung - 2 Stimmen
Diese Situation führt zunehmend zu Spannungen, da Verwaltertätigkeit zunehmend sehr ausgerichtet an eigenem Interesse erfolgt und ich mit meinen 2 Stimmen regelmässig überstimmt werde - so auch z.B. bei der letzten Verwalterwahl. Verhältnis sehr frostig, Kommunikation
beschränkt sich auf WEG Versammlungen.
Aktuell geht es um eine bei der WEG-Versammlung Juli 2016 beschlossene Renovierung/
Anstrich des Garagentors (Holz-Schwingtor) unserer Doppelgarage (EG + DG jeweils 1 Stellplatz). Nachdem ich 10 Monate nichts gehört habe, erfolgte Mitte April eine Einladung zu einer ausserordentlichen Eigentümerversammlung für den 28.04.17 mit dem Top: Reparaturen: Änderung des Beschlusses der ETW vom 07.07.2016 zu Top 4 "Garagentor streichen" in "Garagentor erneuern". Es wurden2 Angebote Maler über Streich- und Holzarbeiten vorgelegt mit den Worten, eine Renovierung sei nicht mehr sinnvoll, da das Holz zu angegriffen sei und ebenfalls 2 Angebote über neue Garagentore, Modell Sektionaltor; Preis jeweils an die 4 TEuro. Auf meine Frage, falls neues Tor notwendig, warum nicht wie gehabt ein Holz-Schwingtor erhielt ich die patzige Antwort vom Verwalter und Miteigentümer: "Ich habe mich entschieden, hole keine weiteren Angebote ein. Wenn Sie eines wollen, müssen Sie sich selbst erkundigen". Dann wollte er
zur Abstimmung übergehen, was ich verweigerte mit der Bemerkung, dass er sich jetzt 10 Monate
Zeit gelassen habe, sich zu informieren und ich mich jetzt überrumpelt fühle. Darauf hin vertagte
er die Entscheidung um 2 Wochen.
Habe mich zwischenzeitlich etwas eingelesen und meine Frage ist nun: Liegt bei einem
Austausch eines Holzgaragentors durch ein Sektionaltor (Polyester/Stahl) eine bauliche Veränderung, Modernisierung oder Modernisierende Instandsetzung vor? Im Fall 1 und 2
wären doppelt qualifizierte Mehrheit (= 4,5 Stimmen) oder Zustimmung aller Eigentümer notwendig.
Nur im Fall "Modernisierende Instandsetzung" würde ich wohl wieder mit 4 zu 2 Stimmen überstimmt.
Hinzu kommt, dass es meines Erachtens nicht gesichert ist, dass das Tor wirklich ausgetauscht werden muss. Ich denke, dass eine Renovierung sehr wohl möglich ist. Der schlechte Zustand des Holzes ist auch mitverursacht durch einen weiteren kalten Winter (2016/2017) ohne
Anstrich, da dieser beschlossen, vom Verwalter aber hinausgezögert wurde.
Des weiteren sind meines Wissens bei obigen Sachverhalten jeweils 3 Angebote notwendig, oder?
Kann ich generell über das zunehmend recht voreingenommene und teilweise ignorante Verhalten des Verwalters angehen? Dieses Jahr steht nach 5 Jahren eine Neuwahl an, die bisher
mit 4 zu 2 Stimmen zu seinen Gunsten ausgefallen ist.
Können Sie mir hier kurzfristig weiterhelfen? Kosten?
Für Ihre schnelle Rückantwort danke im voraus + freundliche Grüße
Monika Böhmler
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Maximilian A. Müller
Sehr geehrte Fragestellerin,
zunächst möchte ich mich auf diesem Wege für Ihre Anfrage bedanken.
Zu Ihren Fragen:
1.
Grundsätzlich wird ein Beschluss im Hinblick auf etwaige Beschlussmängel überprüft. Hierbei können vielfältige Fehler auftreten.
Vorliegend könnte man zunächst darüber nachdenken, ob die Gegenseite überhaupt stimmberechtigt ist, wenn eine Doppelfunktion ausgeübt wird. Generell wird dieses Thema jedoch eher unkritisch gesehen, so dass ein Stimmrecht bei der Abstimmung über die Garage durchaus bestehen dürfte.
2.
Ein Sanierungsbeschluss entspricht natürlich nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn auch eine Instandsetzung durchgeführt werden muss. Hierbei muss man aber sagen, dass ein gewisser Spielraum besteht. Die Eigentümer können daher in gewissen Grenzen darüber entscheiden, ob man möglicherweise kleinere Arbeiten (Malerarbeiten) ausführen möchte oder ob man stattdessen gleich eine größere Sanierung vornimmt. Entscheidend ist hierzu letztlich, welche Aussagen von einem Handwerker oder in einem gerichtlichen Verfahren dann von einem Sachverständigen gemacht würden.
3.
Grundsätzlich verlangt die Rechtsprechung, dass bei der Vergabe von Arbeiten von nicht ganz untergeordneter Bedeutung 3 Angebote vorliegen müssen. Liegen nur 2 Angebote vor, so wird man sagen müssen, dass alleine deshalb gute Gründe dafür sprechen, dass der Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen und daher angreifbar wäre.
Ich gehe hierbei auch davon aus, dass es sich bei einem Betrag in Höhe von 4.000 € bei einer recht kleinen WEG von 3 EInheiten auch nicht um untergeordnete Kosten handelt, so dass man hier auch nicht auf die Einholung einer ausreichenden Zahl an Angeboten verzichten könnte.
4.
Etwas schwierig ist die Bedeutung des § 22 WEG. Sie haben hier die richtigen Punkte bereits angesprochen, man muss letztlich entscheiden, welche Maßnahme vorliegt.
In Betracht kommt hier eine Modernisierung, die aufgrund der gesetzlichen Regelungen gegen Ihren Willen nicht vorzunehmen ist und eine modernisierende Instandsetzung, die grundsätzlich mit einfacher Mehrheit möglich ist.
Der Unterschied liegt letztlich im Schwerpunkt:
Juristisch kann man eine modernisiernde Instandsetzung wie folgt definieren:
"Eine modernisierende Instandsetzung ist eine nicht unerhebliche Reparatur oder die Abwendung eines drohenden nicht unerheblichen Schadens, bei der über die Reparatur eines Mangels hinaus das gemeinschaftliche Eigentum modernisiert oder durch eine technisch bessere und wirtschaftlich sinnvollere Lösung verändert wird."
Entscheidend ist damit, ob zwischen der Modernisierung und der Instandsetzung ein gewisser Zusammenhang besteht.
Ist ein Dach undicht, wird man möglicherweise in diesem Zuge auch eine Dämmung machen können usw.
Die Abwägungen sind immer recht schwierig, da die Gerichte letztlich für sich einschätzen müssen, únter welche Kategorie man dies einstuft.
Ich würde folgendes sagen:
Wenn das Tor nur gestrichen werden muss, wäre der austausch des Tores eine Modernisierung, da der Austausch des Tores nichts mehr mit dem Wunsch nach einer optischen Veränderung zu tun hat. Wenn ich jedoch ohnehin das Tor aus technischen Gründen tauschen muss, dann würde ich den Wechsel hin zu einer anderen Torart als modernisernde Instandsetzung ansehen (ähnlich beispielsweise bei Fenstern, wenn dann bessere Wärmeschutzfenster gewählt werden).
Auch hier müsste man daher wohl zunächst einmal klären, worin die erforderliche Instandsetzung besteht , um hieraus dann eine rechtliche Folge ziehen zu können.
Zu diesem gesamten Komplex können Sie auch ein EBook von mir (bei Amazon) erwerben, es ist allerdings schon ein wenig älter, gibt aber einen ganz guten Überblick.
5.
SIe fragen auch an, ob Sie gegen die WAhl des Verwalters vorgehen können.
Grundsätzlich ist es als zulässig angesehen worden, dass der Verwalter selbst Eigentümer ist und er auch selbst bei seiner eigenen Wahl abstimmt.
Allerdings muss ein Verwalter beispielsweise neutral sein. Wenn er dies nicht ist oder es gelingt, seine fachliche Kompetenz in Frage zu stellen, dann kann eine Anfechtung erfolgreich sein. Schwierig ist dies meist bei professionellen Verwaltern. Wenn der Eigentümer jedoch eine Privatperson ist, die also sonst nichts mit Verwaltungen zu tun hat, bestehen hier durchaus Chancen, da vermutlich eingie Fehler gefunden werden können, wenn man danach sucht.
Zudem besteht in der Regel schon das Recht, einen professionellen Verwalter zu verlangen.
6.
Wichtig ist, dass Sie gegen eine Beschlussfassung nur durch eine sogenannte Beschlussanfechtungsklage vorgehen können. DIese ist binnen eines MOnats nach der Beschlussfassung einzulegen, da anderenfalls die Beschlüsse wirksam werden.
Sollten Sie sich zu einem solchen Schritt entscheiden, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Maximilian A. Müller
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errechnete doppelt qualifizierte Mehrheit mit 4,5 Stimmen
(von 6 gesamt) korrekt?
Somit sollte ich wohl zunächst gegen die Umwandlung
von "Reparatur" in "Erneuerung Garagentor" stimmen,die Malerarbeiten, wie usprünglich beschlossen, fordern
und im Falle einer (von mir erwarteten) gegenteiligen Beschlussfassung des Verwalters zur Neuanschaffung eines Sektionaltors auf die erforderliche qualifizierte Mehrheit hinweisen. Ergeht der Beschluss trotzdem,
muss ich dagegen klagen, richtig?
1.
Es muss eine (einfache) Mehrheit nach Miteigentumsanteilen vorliegen. Leider kann ich aus Ihren Schilderungen nicht entnehmen, welche Miteigentumsanteile genau begründet wurden. Diese ergeben sich aus der Teilungserklärung. Jedenfalls müssten hier mehr als 50 % der Miteigentumsanteile mit "ja" stimmen.
2.
Es muss eine weitere Mehrheit vorliegen, wonach 3/4 aller stimmberechtigten Eigentümer zustimmen müssen.
Grundstätzlich geht das Gesetz hier vom Kopfprinzip aus ("aller Eigentümer".). Demnach würde man hier zu einem Abstimmungsergebnis von 1- 1 kommen. Würde man die Regelung der Teilungserklärung über das Stimmrecht zugrundeliegen, hätten wir insbesamt sechs Stimmen.Die Mehrheit von 3/4 wäre erst bei 5 (bzw. 4,5) Stimmen erreicht.
Wenn Sie daher dagegen stimmen, ist eine Mehrheit nach § 22 II WEG nicht möglich.
Ihre Vorgehensweise ist letztlich richtig. Wenn der Verwalter verkündet, dass der Beschluss zustandegekommen ist (auch wenn dies nach den geschilderten Mehrheitsverhältnissen dann falsch sein mag) dann müsste Klage eingereicht werden.
Kommen Sie einfach auf mich zu, wenn Bedarf besteht.
Mit freundlichen Grüßen
Maximilian A. Müller
Fachanwalt für Miet -und Wohnungseigentumsrecht