Arbeitsrecht Azubi Minusstunden
Fragestellung
Guten Tag,
mein Sohn ist Auszubildender im dritten Ausbildungsjahr. Im Monat April hat er (wie auch einer seiner Mitauszubildenden) unangekündigt statt des üblichen Ausbildungsgehaltes von etwa 600 Euro lediglich 66 Euro erhalten. Auf Nachfrage wurde ihm mitgeteilt, das die im Laufe der Ausbildung angefallenen Minusstunden mit der Ausbildungsvergütung verrechnet wurden. Diese beliefen sich auf ca.140 Stunden. Mein Sohn ist durchaus öfter früher nach Hause geschickt worden oder hat frei bekommen, so das er meint, es könne durchaus möglich sein, das sich seine Minusstunden in diesem Rahmen bewegen, allerdings hat er selbst keinen Überblick. Da mein Sohn im Mai und Juni Abschlussprüfung hat und das Ausbildungsverhältnis aller Voraussicht nach im Juli endet, will der Betrieb nach eigenen Angaben nicht "mit Minus" aus dem Ausbildungsverhältnis gehen und hat daher entschieden, im April komplett aufzurechnen.
Auf eine Fristsetzung zur Nachzahlung (per Einschreiben) hat die Firma nicht reagiert, mein Sohn ist aktuell krankgeschrieben und nicht im Betrieb.
Wir müssen nun also Klage vor dem Arbeitsgericht erheben ( das Prozedere ist mir zumindest im Ansatz klar & bekannt, auch das beim Arbeitsgericht kein Anwaltszwang herrscht)
Meine Frage an Sie aber lautet, ob es nicht generell ungesetzlich ist eine Ausbildungsvergütung in diesem Umfang zu kürzen und eigentlich Minusstunden gar nicht zulässig sind, da in der Ausbildung der Ausbilder die Aufgabe hätte meinen Sohn sinnvoll zu beschäftigen, statt zuzulassen, das sich Minusstunden aufbauen. Auch die willkürliche, vollständige und unangekündigte Aufrechnung erscheint mir nicht richtig, da mein Sohn eine eigene Wohnung hat und ihm nun natürlich ein Großteil seines monatlichen Einkommens fehlt. Mein Sohn ist volljährig (mir ist selbstverständlich bekannt, das er selbst & in eigenem Namen die Klage erheben muss), aber gerade bei der Klageformulierung (sofern Sie diese als vielversprechend ansehen würden) müsste ich ihm helfen und erhoffe mir von Ihnen eventuell einen Hinweis auf entsprechende Gesetze/ Urteile
Herzlichen Dank und ein schönes Pfingstfest
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Antwort von Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:
Ihr erster Eindruck hat sich nach meiner Prüfung bestätigt:
Wenn Auszubildenden Minusstunden angerechnet werden sollen, so ist das in der Regel nicht rechtmäßig. Azubis sind keine normalen Arbeitnehmer, denn sie sind im Betrieb um zu lernen und sich ausbilden zu lassen.
Werden Sie demnach nicht beschäftigt, so ist dieses als bezahlte Freistellung zu werten und es entstehen keine Minusstunden, § 19 Berufsbildungsgesetz.
§ 19 Fortzahlung der Vergütung
"(1) Auszubildenden ist die Vergütung auch zu zahlen
1.
für die Zeit der Freistellung (§ 15),
2.
bis zur Dauer von sechs Wochen, wenn sie
a)
sich für die Berufsausbildung bereithalten, diese aber ausfällt oder
b)
aus einem sonstigen, in ihrer Person liegenden Grund unverschuldet verhindert sind, ihre Pflichten aus dem Berufsausbildungsverhältnis zu erfüllen."
Eine wie auch immer geartete Aufrechnung kann also nicht funktionieren.
Auch ist keine Nacharbeit zu leisten, was nur ginge wenn eine entsprechende Regelung im Vertrag bzw. in einer Betriebsvereinbarung vorhanden wäre.
Beachten Sie etwaige außergerichtliche bzw. in Bezug auf eine gerichtliche Geltendmachung geltende Ausschlussfristen von wenigen Monaten, was im Vertrag geregelt sein kann.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
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