Abschreibung bei Immobilie, die als Schenkung "erworben" wurde
Fragestellung
Guten Tag Herr Schröter,
ich habe vor etwa 20 Jahren das Elternhaus meines Vaters geschenkt bekommen. Baujahr der Immobilie: 1954. An der Immobilie wurden umfangreiche Umbauarbeiten vorgenommen, die allesamt mehr als zehn Jahre in der Vergangenheit liegen.
Beruflich bedingt bin ich vor einem Jahr von Niedersachsen nach Bayern gezogen. Die geschenkte Immobilie ist seitdem vermietet.
In der Einkommensteuererklärung für 2015 habe ich für die vermietete Immobilie eine Abschreibung geltend gemacht. Da mir zu dem Haus wesentliche Informationen fehlen, habe ich mir über verschiedene Wege den Wert der Abschreibung ermittelt. Auch seitens des Finanzministeriums gibt es dazu eine Anleitung, die ich angewendet habe.
Das Finanzamt hat die Abschreibung allerdings nicht anerkannt. Die Begründung lautet wie folgt: "Da nachträgliche Herstellungskosten oder Herstellungskosten in den Folgejahren nicht betragsmäßig erklärt oder nachgewiesen wurden, ist eine Berücksichtigung der AfA nicht möglich. Die von Ihnen vorgelegte Ermittlung der Bemessungsgrundlage aus Versicherungswerten ist steuerrechtlich nicht zulässig. Die Abschreibungszeitraum für ein Gebäude beginnt bei unentgeltlicher Überlassung im Jahr 1954 und ist mit 50 Jahren voll verstrichen. Nachträgliche Herstellungskosten für das Gebäude verlängern gegebenenfalls den Zeitraum von 50 Jahren."
Das Gebäude wurde 1995 und 2003 umfangreich umgebaut. Dazu liegen Rechnungen für einige Gewerke vor, viel wurde allerdings in Eigenleistung erbracht.
Meine Fragen:
- Habe ich keinerlei Möglichkeit, für das Gebäude eine Abschreibung geltend zu machen?
- Ist es richtig, dass die Abschreibung ausschließlich am Baujahr hängt und bei der Übertragung (käuflich oder als Schenkung) nicht wieder von neuem beginnt?
- Ist auch eine käufliche Übertragung (auch beim Kauf von Dritten) so zu sehen, dass die Abschreibung ausschließlich am Baujahr hängt?
- Wie kann ich mit den Umbaukosten, die ich für die Jahre 1995 und 2003 nachweisen kann, verfahren?
- Die Umbaukosten beinhalten in erster Linie Materialkosten, welche Rolle spielt das?
Dem Finanzamt muss ich bis zum 29. September 2016 mitteilen, ob ich den Einspruch aufrechterhalte. Ich hatte dem Bescheid für das Jahr 2015 widersprochen.
Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Viele Grüße
F. W.
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Antwort von Rechtsanwalt Marcus Schröter
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Angaben nachfolgend beantworte:
1. Als Beschenkter können Sie die Abschreibung des Schenkers fortsetzen. Sie treten hierbei im Hinblick auf die Abrechnung an die Stelle des Schenkers. Maßgebend ist danach, wann die Abschreibung in Gang gesetzt wurde. Dies ist entweder das Kauf- oder das Herstellungsdatum der Immobilie.
Wenn Ihr Vater das Haus in 1954 fertiggestellt hat, beginnt die Abschreibung ab diesem Termin. Die Abschreibungsmöglichkeit endet spätestens im Jahre 2004.
2. Die Abschreibung beginnt nicht ausschließlich am Herstellungsdatum. Wenn Sie den Grundbesitz käuflich erworben hätten, können Sie die volle gesetzliche Abschreibung ab dem Erwerbsdatum in Anspruch nehmen. D.h. bei einem Verkauf an einen Dritten kann dieser den Gebäudewert abschreiben.
3. Materialkosten können steuermindernd abgesetzt werden. Handelt es sich um Renovierungskosten, können diese im Jahr des Anfalles in voller Höhe in der Anlage Vermietung und Verpachtung geltend gemacht werden. Handelt es sich um Erhaltungsaufwendungen können diese im Jahr des Aufwandes oder aber verteilt auf fünf Jahre steuermindernd geltend gemacht werden,
4. Maßgebend ist aber die Geltendmachung der Abschreibung in dem Veranlagungszeitraum, in dem die Kosten angefallen sind.
In Ihrem Falle können Sie aus meiner Sicht die Umbaukosten nicht mehr steuermindernd geltend machen, da diese im Veranlagungsjahr hätten geltend gemacht werden müssen, in den diese bezahlt wurden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und Ihnen einen ersten Überblick verschaffen.
Mit großen Grüßen
Marcus Schröter
Rechtsanwalt
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