Für Bafög Schenkung rückgängig machen?
Fragestellung
Sehr geehrte Frau True-Bohle,
können Sie mich in folgendem Fall beraten?
(Bafög-Amt wurde hierfür bereits befragt, Sachbearbeiterin meinte, man brauche sich keine Sorgen machen. Jedoch keinerlei Erklärung dazu. Möchte deshalb eine rechtsverbindliche Auskunft.):
Ich werde zum 01.Oktober 2015 ein Studium aufnehmen und möchte einen Bafög-Antrag stellen.
Dafür darf ich gemäß § 29 I BAföG den Freibetrag von 5.200€ nicht überschreiten, andernfalls muss mit Abzügen gerechnet werden. Mein Bankguthaben liegt deutlich unter dieser Vermögensgrenze.
Jedoch habe ich im November 2012 Anwalts- und Gerichtskosten für meine Mutter in Höhe von 7.000 € bezahlt. In dem Rechtsstreit war ich persönlich aber nicht involviert. Das Geld habe ich damals mit Ferienjobs erwirtschaftet. Da die Zahlung ohne jegliche Gegenleistung erfolgte und auch keine Rückzahlung vereinbart wurde, muss es sich nach § 516 BGB um eine Schenkung handeln. (Meine Mutter war nie bedürftig, jedoch könnte man u. U. argumentieren, dass es sich damals wegen Scheidung und Hauskauf um eine Notsituation gehandelt haben muss.)
Meine Frage: Bin ich dazu verpflichtet, diese 7.000 € von meiner Mutter zurückzuverlangen, damit ich nicht "Bafög bedürftig" werde? Denn laut § 528 BGB müssen Schenkungen der letzten 10 Jahre rückgängig gemacht werden, sofern der Schenkende Sozialhilfe beanspruchen möchte. Bafög ist nach § 68 SGB I eine Sozialleistung. Die Schenkung liegt 3 Jahre zurück.
Darf der § 528 BGB hierfür herangezogen werden? Immerhin handelt es sich bei Bafög zwar um eine Sozialleistung, aber doch nicht um Sozialhilfe. Somit wäre die Schenkung nicht von Belang. Oder werden diese Begriffe synonymisch verwendet?
Wäre das Bafög-Amt dann befugt, die Schenkung rückgängig zu machen?
Inwiefern mache ich mich strafbar, wenn ich den Betrag nicht zurückfordere? Eine rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung liegt m.E. nicht vor, da nach § 27 I BAföG der "zeitliche Zusammenhang" zwischen der Schenkung und dem Bafög-Antrag fehlt. Jedoch liegt diese Einschätzung wohl im Ermessensspielraum der Behörden. Welche Konsequenzen könnten mir drohen? Muss ich die Schenkung rechtfertigen können und bin ich, ob der Zeitspanne, überhaupt in der Beweispflicht? Bekanntlich müssen nur Kontobewegungen der letzten 6 Monate vor Antragstellung belegt werden können.
Sollten Sie die Rückforderung verneinen, würden Sie die Schenkung dann zumindest beim Bafög-Amt vorsorglich melden (bei Antragstellung)? Da das Geld schließlich einem nahen Verwandten zugute kam, könnte man mich der Vermögensübertragung bezichtigen. Oder aber, dass ich mich mutwillig bedürftig gemacht habe, um Bafög-Leistungen beziehen zu können. Auf jeden Fall ließe sich jedoch belegen, dass das Geld an Gegenpartei und Anwalt geflossen ist. (3000€ direkt an Anwalt; der Rest des Betrages wurde zunächst auf das Konto meiner Mutter überwiesen, bevor sie dieses dann weitergeleitet hat. Gegenpartei jedoch ebenfalls enger Verwandter.)
Wenn Sie die Rückforderung verneinen, müsste dies dann aber de facto auch heißen, dass jeder zukünftige Bafög-Antragsteller sein Vermögen legal 6 Monate zuvor verschenken darf.
Ich bin juristischer Laie. Alle Paragraphen beruhen auf eigener Recherche.
Vielen Dank im Voraus.
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Antwort von Rechtsanwältin Sylvia True-Bohle
Sehr geehrter Ratsuchender,
zunächst einal habe ich Bedenken, Ihre damalige Zahlung als Schenkung zu qualifizieren, da sie auch durchaus anders zu werten sein dürfte.
Denn Verwandte in gerader Linie (also auch Kinder gegenüber Eltern) sind zur Hilfeleistung verpflichtet, so dass man die damalige Zahlung auch nicht unbedint als Schenkung ansehen muss.
Bei der BaföG-Antragstellung sollten Sie daher auch nicht von einer Schenkung sprechen, die damalige Zahlung aber gleichwohl angeben, da falsche (auch unterlassene) Angaben (zumindest) als Ordnungswidrigkeit geahndet werden können.
Bei der Antragstellung wird von Ihnen auch erklärt, dass
„Mir ist bekannt, dass Vermögenswerte auch dann meinem Vermögen zuzurechnen sind, wenn ich diese rechtsmissbräuchlich übertragen habe. Dies ist der Fall, wenn ich in zeitlichem Zusammenhang mit der Aufnahme der förderungsfähigen Ausbildung bzw. der Stellung des Antrags auf Ausbildungsförderung oder im Laufe der förderungsfähigen Ausbildung Teile meines Vermögens unentgeltlich oder ohne gleichwertige Gegenleistung an Dritte, insbesondere meine Eltern oder andere Verwandte, übertragen habe.“
Vor "rechtsmissbräuchlich" wird man kaum sprechen können, wen Sie Ihre damlas bedürftige Mutter im Rahmen Ihrer Unterhaltspflicht unterstützt haben, um bestehende Schulden abzulösen.
Auch wird nach so langer Zeit der "zeitliche Zusammenhang" nicht mehr gegeben sein. Als maßgeblicher Zeitraum wird dabei in der Praxis ein Zeitraum von 6 Monaten vor der Antragstellung angesehen, obwohl es in der Rechtsprechung vereinzelt auch Fälle gibt, in denen 8 bis 9 Monate vor der Antragstellung für relevant gehalten wurden (vgl. VGH München, Urteil vom 23.4.2008).
Diese Zeitspanne ist deutlich überschritten, so dass man auch von einem zeitlichen Zusammenhang nicht mehr sprechen kann.
Mit freudlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle, Oldenburg
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vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.
Zwei Rückfragen habe ich allerdings. Zuvor möchte ich klären:
Ich glaube, Sie haben etwas missverstanden.
Unterhaltspflichtig gegenüber meiner Mutter war ich nie, da sie niemals bedürftig war (auch damals nicht, vgl.Fragestellung), da sie als Beamtin ausreichend in der Lage war/ist ihren Lebensunterhalt zu decken. Außerdem war damals auch genügend Eigenkapital vorhanden, um einen Hauskauf abzuwickeln.
Es ist also faktisch unmöglich, glaubhaft zu machen, meine Mutter sei jemals bedürftig gewesen. Die "Notsituation" bezog sich mehr darauf, dass ihr keine flüssigen Mittel mehr zur Verfügung standen.
Da ich damals für mein verdientes Geld keine Verwendung hatte, habe ich ihr dieses geschenkt, damit sie ihre Forderungen gegenüber Anwalt/Gegenpartei bedienen konnte. D.h. jedoch nicht, dass ihr dies nicht möglich gewesen wäre. Sie hätte sicherlich auch einen Kredit aufzunehmen können.
Summa summarum müsste eher von einer Schenkung gesprochen werden, als dass ich meiner Unterhaltspflicht nachgekommen bin. Und genau für diese Situation wollte ich Ihren Rat einholen.
Die Erklärung zu meinen Vermögensverhältnissen, die ich bei Antragsstellung unterschreibe, ist mir bekannt, gerade aus diesem Grund ist mir eine rechtsverbindliche Auskunft wichtig.
Sie raten mir, die Zahlung beim Bafög-Amt anzugeben. Dort werde ich gefragt, weshalb ich das Geld meiner Mutter gegeben habe. Wie soll ich nun die Zahlung rechtfertigen (muss ich das überhaupt?), wenn Sie sie nicht als Schenkung betiteln würden, aber ich -siehe Ausführung- auch nicht unterhaltspflichtig war?
Die "rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung" ist vom Tisch. Vielen Dank hierfür.
Sie sind aber nicht darauf eingegangen, ob man mir vorwerfen kann, mich mutwillig bedürftig gemacht zu haben.
Weiterhin offen ist, ob Schenkungen - und zwar explizit solche, die den Eltern zugute kommen, aber in keinem zeitlichen Zusammenhang mit der Antragstellung stehen, legal sind, oder (wenn möglich) rückabgewickelt werden müssen, um Bafög beziehen zu dürfen.
Ich hoffe, dass Sie nun mit Hilfe meiner detaillierteren Schilderung, näher auf mein Kernproblem eingehen können.
Vielen Dank im Voraus.
.
Sie haben selbst ausgeführt, dass es sich damals um "eine Notsituation" bei Ihrer Mutter gehandelt hätte (vgl.Fragestellung),
Die gesetzliche Unterhaltspflicht besteht grundsätzlich, nur wird sie in der Regel nicht zum tragen kommen, wenn der Bedürftige selbst leistungsfähig ist, was ja (vgl.Fragestellung) damals eben nicht der Fall ist.
Auf die vermögensverhältnisse Ihrer Mutter kommt es insoweit nicht an, als Sie nun ausführen, sie hätte auch einen Kredit bekommen. Entscheidend ist, dass Ihre Mutter Zahlungspflichten hatte, sie nicht sofort erfüllen konnte und Sie eingesprungen sind.
Ihre rechtliche Einschätzung einer Schenkung teile ich daher weiterhin nicht und ich denke, insoweit sind Sie auf dem berühmten "Holzweg".
Zudem haben Sie weder "rechtsmissbräuchlich" Vermögen übertragen, noch besteht der "zeitliche Zusammenhang" zwischen Geldhingabe und Antragstellung BaföG.
Wenn aber keine Rechtsmissbräuchlichkeit vorliegt, kann man Ihnen natürlich auch nicht vorwerfen, dass Sie sich mutwillig bedürftig gemacht hätten (unabhängig auch vom fehlender rechtlichen Zusammenhang).
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle, Oldenburg
vielen Dank für Ihre Antwort. Dann waren meine Bedenken wohl unbegründet.
Ich habe mittlerweile auch eine Nachricht vom Bafög-Amt erhalten, dass ich davon ausgehen kann, Bafög zu erhalten, da "die Übertragung nicht im Zusammenhang mit dem Antrag steht".
Zu folgendem habe ich noch eine letzte Frage:
"Bitte reichen Sie auch eine schriftliche Erklärung ein, ob Sie Ihrer Mutter das Geld geliehen haben, bzw. ob es sich um eine Schenkung handelt."
Diese schriftliche Erklärung soll ich neben den Kontoauszügen ebenfalls bei Antragstellung abgeben. Kann ich nun von einer Schenkung sprechen? (da Geld nicht geliehen.)
Darf dann nicht der § 528 I BGB angewendet werden? (Die letzte Frage ist mir SEHR wichtig).
Besten Dank.
Mit freundlichem Gruß
schön, dass nun auch das BaföG-Amt meine Auskunft, dass die Übertragung nicht im Zusammenhang mit der Antragstellung steht, bestätigt hat.
Ob Leihe oder Schenkung ist eine juristische Wertung, da das BaföG-Amt von Ihnen gar nicht verlangen kann (und die Sie auch gar nicht erbringen können).
Teilen Sie also dem Amt mit, dass
"Sie diese juristische Unterscheidung nicht beurteilen können, Sie aber Ihre Mutter damals ohne Absprache der Rückzahlung aufgrund eines finanziellen Engpasses natürlich im Rahmen der Familienhilfe unterstützt haben. Wie das juristisch einzuiorden ist, können Sie nicht beantworten, so dass Sie leider nicht darauf antworten können, ob es eine Schenkung oder eine Leihe gewesen ist. Für Sie war es neben der moralischen Selbstverständlichkeit auch der Ausfluss des dt. Unterhaltsrechtes."
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle, Oldenburg