Verbeamtung auf Lebenszeit
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Geißlreiter,
meine Frau ist zurzeit als Professorin in den USA tätig und hat nun einen Ruf an die FU Berlin. Morgen steht die amtsärztliche Untersuchung beim Landesamt / Zentrale Medizinische Gutachtenstelle Berlin an. Ende dieser Woche müssen wir bereits entscheiden, ob wir den Ruf nach Berlin annehmen, oder beide einen Ruf in die USA annehmen. Es ist also wichtig, dass diese Untersuchung mit hoher Wahrscheinlichkeit ohne größere Probleme abläuft.
Schwierigkeit: meine Frau hat eine medizinische Vorgeschichte mit wiederkehrenden Depressionen. Seit gut 10 Jahren leidet Sie im Alltag nicht unter diesen Depressionen, da sie medizinisch gut eingestellt ist, muss aber dauerhaft Medikamente nehmen. Sie hatte nie einen Dienstausfall wegen Depressionen und ist im Gegenteil höchst Leistungsfähig. Wir hätten auch ein Gutachten ihrer behandelnden Psychiaterin, um das zu bestätigen. Damit wird aber auch diese Vorgeschichte sofort offengelegt.
Ich bitte um Ihre Einschätzung für ein optimales Vorgehen. Ich denke es ist klar, dass wir direkte Fragen ehrlich beantworten müssen, aber ist es sinnvoll sofort von uns aus alles offenzulegen? Des weiteren, wie sehen Sie im vorliegenden Fall die Rechtslage - gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine Verbeamtung im vorliegenden Fall abgelehnt wird?
Beste Grüße
Frank Noe
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Antwort von Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
Sehr geehrter Ratsuchender,
die Verbeamtung setzt u.a. die gesundheitliche Eignung des Bewerbers voraus. Die Maßstäbe bei einer chronischen Erkrankung hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) gesetzt mit seinem Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - (https://www.bverwg.de/de/250713U2C12.11.0) und dabei seine Rechtsprechung zugunsten des Beamtenbewerbers geändert.Der maßgebliche Leitsatz lautet:
Ein Beamtenbewerber ist gesundheitlich nicht geeignet, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit [Hervorhebung von mir] vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist.
Zur Tätigkeit des Amtsarztes dabei sagt das Gericht:
Daher muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis für die Prognose auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und der gesundheitlichen Verfassung des Bewerbers erstellen. Er muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit und für die Erfüllung der beruflichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Dabei hat er verfügbare Erkenntnisse über den voraussichtlichen Verlauf chronischer Krankheiten auszuwerten und in Bezug zum gesundheitlichen Zustand des Bewerbers zu setzen.
Die medizinische Diagnose muss daher Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, die Untersuchungsmethoden erläutern und ihre Hypothesen sowie deren Grundlage offenlegen. Auf dieser Grundlage hat sie unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG eigenverantwortlich zu beantworten.
Wenn ich zu Depressionen im Internet lese, so findet sich dort die Aussage, dass die Heilungschancen einer Depression gut seien. Im Falle Ihrer Frau ist zwar noch keine Heilung eingetreten, jedoch ist sie medikamentös gut eingestellt und hatte in 10 Jahren keinen Dienstausfall und ist höchst leistungsfähig. Das kann Ihre Frau sogar mit einem fachärztlichen Privatgutachten belegen. Bei dieser Tatsachenbasis kann sicher nicht der Schluss gezogen werden, dass eine vorzeitige Dienstunfähigkeit überwiegend wahrscheinlich sei (die Beweislast liegt hierfür auch beim Dienstherrn).
Ich rate dringend dazu, ungefragt Auskunft zu geben über den Gesundheitszustand und dabei gleich die psychiatrische Stellungnahme vorzulegen. Dazu zitiere ich beispielhaft den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 27. Januar 2016 - 3 ZB 15.2401 -, Rn. 11, juris):
Zwar besteht keine Offenbarungspflicht hinsichtlich jeglicher Gesundheitsfragen (vgl. OVG M.-V., B.v. 23.4.1998 - 2 M 168/97 - juris), die Bedeutung psychischer Vorerkrankungen für die gesundheitliche Eignung als (Lebenszeit)Beamter drängt sich aber geradezu auf (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 30.11.2006 - 4 B 11.06 - juris). Das gilt insbesondere hier in Hinblick auf Zwangserkrankung, die für sich (abstrakt) geeignet ist, die Dienstfähigkeit eines Beamten in Frage zu stellen. Soweit der Kläger vorträgt, er sei in Bezug auf den Umfang und die Tragweite seiner Offenbarungspflicht nicht ausdrücklich aufgeklärt worden; die von ihm vorzeitig unterschriebene kleingedruckte Erklärung am Ende des Anamnesebogens sei zu unbestimmt und unklar formuliert, begründet dies keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Die Formulierung „Ich habe dem untersuchenden Arzt alles mitgeteilt, was für die Beurteilung meines Gesundheitszustands von Bedeutung sein könnte.“ ist weder unbestimmt noch unklar formuliert. Im Übrigen hätte der Kläger beim Amtsarzt nachfragen können, nachdem er - unbestritten - mit diesem Punkt für Punkt des Fragebogens durchgegangen war.
Im Falle eines Verschweigens drohen ein Disziplinarverfahren oder die Rücknahme der Ernennung.
Nach alledem kann Ihre Frau relativ unbesorgt und offen in den morgigen Termin gehen. Ich wünsche viel Erfolg!
Beste Grüße von Gero Geißlreiter
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