Unterhaltspflicht gegenüber Schwiegermutter?
Fragestellung
Ich lebe seit Dezember 2012 von meinem Mann getrennt,
im Januar 2013 kam meine Schwiegermutter in ein Pflegeheim,
nun will das Sozialamt Auskünfte über unser Vermögen.
Ich habe im letzten Jahr ca.100000 € geerbt, muss ich dieses Geld
angeben, wird es zur Deckung der Pflegekosten angerechnet?
Muss ich überhaupt für die Schwiegermutter aufkommen,
obwohl ich getrennt lebe von meinem Mann?
Mein Mann hat ein ca.Einkommen von 2700 € und ich von ca. 2000 € netto.
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Antwort von Rechtsanwalt und Mediator Christian Joachim
Sehr geehrter Fragestellerin,
nach den zivilrechtlichen Regelungen sind nur Verwandte in gerader Linie einander unterhaltspflichtig. Da Sie jedoch mit der Schwiegermutter nicht verwandt sind oder auch nicht mit ihr verheiratet sind, besteht grundsätzlich keine Unterhaltspflicht.
Die Frage stellt sich sodann, warum trotzdem das Sozialamt einen Fragebogen an Sie versandt hat.
Dies hat auch mit der derzeit sehr uneinheitlichen Rechtsprechung einiger Oberlandesgerichte und des Bundesgerichtshofs zu tun, die unter Umständen dann eine Unterhaltspflicht der Ehegatten gemeinsam bejahen, wenn sehr hohe wirtschaftliche Einkünfte oder Vermögen vorliegen.
Dies gilt, solange die Ehegatten miteinander verheiratet sind, also, auch wenn sie noch getrennt leben.
Hierzu darf ich Ihnen einen kleinen Überblick über die Rechtsprechung darlegen, der durch einen Kollegen bereits erarbeitet worden ist:
„Einsatz des Taschengeldes
Häufig sind Fälle, in denen unterhaltspflichtige Kinder kein eigenes Einkommen haben, das Familieneinkommen jedoch durchaus für Unterhaltszahlungen ausreichend wäre: Beispiel: Die Ehefrau, deren Eltern Sozialhilfe zur Finanzierung der Heimpflegekosten erhalten, hat nur geringe oder gar keine eigenen Einkünfte und kann deshalb keinen Unterhalt zahlen. Ihr Ehemann dagegen wäre aufgrund seines gehobenen Einkommens finanziell leistungsfähig, er ist gegenüber seinen Schwiegereltern aber nicht verpflichtet. Hier stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Einkommen des Ehemannes direkt oder indirekt zu Unterhaltszahlungen für die Schwiegereltern herangezogen werden darf. Die Haltung der Gerichte war bislang nicht einheitlich. Das OLG Koblenz hatte z.B. in einem Urteil vom 22.01.2002 (Az.: 11 UF 338/01) entschieden, dass die Berechnung nach der sogenannten "Ein-Topf-Methode" sei nicht statthaft. Diese Rechtslage hat der BGH in einem Urteil vom 15.10.2003 (XII ZR 122/00) zunächst im Grundsatz bestätigt. Die Ehegatten der unterhaltspflichtigen Kinder seien weder verpflichtet, aus eigenen Einkünften Unterhalt für die Schwiegereltern zu zahlen, noch seinen sie verpflichtet, sich zugunsten der Schwiegereltern in ihrer eigenen Lebensführung einzuschränken. Ausnahmen - so der BGH - könnten allerdings dann gelten, wenn das unterhaltspflichtige Kind seine eigenen Geldmittel überhaupt nicht zur Bestreitung des angemessenen Lebensstandards benötige, weil zum Beispiel der Lebensbedarf der Familie aus dem gehobenen Einkommen des anderen Ehegatten bestritten werden könne. In diesem Fall könne der betreffende Einkommensteil für Unterhaltszwecke eingesetzt werden, sofern der angemessene Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Kindes aus dem Einkommen des Ehegatten gewahrt sei. Dabei muss ggf. auch das Taschengeld eingesetzt werden. In dem entschiedenen Fall hatte das Schwiegerkind Nettoeinkünfte in Höhe von ca. 6000,00 €. Die unterhaltspflichtige Ehefrau hat gegen ihren Ehegatten einen Taschengeldanspruch in Höhe von ca. 5 % seiner Nettoeinkünfte. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Hälfte des Taschengeldes für die Pflege des Elternteiles einzusetzen ist (Urteil vom 15.10.2003, XII ZR 122/00).
Änderungen der Rechtsprechung
In zwei weiteren Urteilen vom 17. Dezember 2003 (XII ZR 224/00) und 14. Januar 2004 (XII ZR 69/01) hat der Bundesgerichtshof diese Fragen vertieft. Dabei bleibt der Ausgangspunkt zunächst unverändert: Schwiegerkinder sind rechtlich nicht unterhaltspflichtig und die eigenen Kinder dürfen nur insoweit herangezogen werden, wie sie leistungsfähig sind. Bislang galt der Grundsatz, dass sich die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners nur nach seinem eigenen Einkommen und Vermögen richtet. In den neuen Entscheidungen stellt sich der BGH jedoch auf den Standpunkt, dass die Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Kindes davon abhängt, ob und in welchem Umfang sein eigenes Einkommen zur Deckung des angemessenen Familienunterhalts benötigt wird. Einkommensteile, die nicht für den Familienunterhalt benötigt, sondern zur Vermögensbildung eingesetzt werden, stehen prinzipiell für Unterhaltszahlungen zur Verfügung. Denn angesichts einer Sparquote in Deutschland von rund 10 % des verfügbaren Einkommens könne man so der BGH - nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass das gesamte Familieneinkommen verbraucht wird. Vermögensbildende Maßnahmen dürften sich - mit Ausnahme der Finanzierung eines angemessenen Eigenheims oder angemessener zusätzlicher Altersversorgung - nicht zulasten eines unterhaltsberechtigten Elternteils auswirken. Wenn das Familieneinkommen die Mindestselbstbehalts Sätze übersteigt und das Kind behauptet, dass das gesamte Familieneinkommen verbraucht wird, muss die Verwendung des Familieneinkommens im einzelnen belegt werden. Je nachdem, wie der Familienunterhalt danach zu bemessen sei, könne sich für die Ehefrau die Verpflichtung ergeben, mit dem verbleibenden Teil ihres Einkommens Elternunterhalt zu leisten. Ihr angemessener Eigenbedarf sei nämlich durch den Familienunterhalt gesichert. Eine verdeckte Schwiegersohn Haftung werde dadurch nicht begründet, weil auch der angemessene Familienunterhalt des Ehegatten nicht beeinträchtigt werde (17. Dezember 2003 - XII ZR 224/00).“
Quelle: http://rkb-recht.de/index.php/elternunterhalt.html
Dies bedeutet, dass also grundsätzlich aus ihrem Erbe (anders allerdings, wenn es ein gemeinsames Erbe von Ihnen und Ihrem Ehegatten darstellt) grundsätzlich nichts an die Schwiegermutter oder an das Sozialamt abzuführen ist. Auch das von Ihnen angegebene Nettoeinkommen dürfte hier nicht in dem Maße ein hohes wirtschaftliches Einkommen darstellen, sodass keine Unterhaltszahlungen notwendig sind.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung hier grundsätzlich vom Einkommen ausgeht und für das Vermögen auch eine Herkunft vorzustellen ist, beziehungsweise ob das Vermögen überhaupt in die Ehe und damit in die gemeinsame Zugriffsmöglichkeit flossen ist.
Sie sollten allerdings, bevor sie das Formular ausfüllen, auch gegebenenfalls andere Wirtschaftswerte überdenken und schauen, in welchem Umfang hier nach der oben genannten Rechtsprechung Probleme auftauchen könnten.
Sollten Sie Fragen haben, stehe ich Ihnen selbstverständlich weiterhin gerne zur Verfügung und hoffe, Ihnen zunächst hilfreich geantwortet zu haben.
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