Unterhaltsforderung an Kind
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Christian Joachim,
zuerst die Hintergründe:
Mein Vater und mein einziger Bruder (Schwestern habe ich nicht) sind bereits verstorben. Seit 1995 lebten mein Vater und meine Mutter im eigenen Haus getrennt. Die Scheidung war meines Wissens 1998 (zu meinem 18. Lebensjahr).
Während der Scheidungsphase, also ca. ab meinem 16ten Lebensjahr hat meine Mutter - zumindest in meinen Augen- Ihre Erziehungspflicht grob verletzt (körperliche Gewalt sowie sonstige nicht zumutbare Schikanen), wie dies ein Gericht entscheiden würde ist wohl eine andere Sache. In der Scheidungsvereinbarung hat sie jedenfalls jegliche Unterhaltspflichten an meinen Vater abgegeben. Seit der räumlichen Trennung 1998 gab es bis auf ein kurzes Telefonat keinen Kontakt mehr zwischen mir und meiner Mutter.
Durch Recherche und Erzählungen gehe ich davon aus, dass diese nicht oder nur wenig in die gesetzliche Rentenkasse zahlt bzw. gezahlt hat. Im schlimmsten Fall gehe ich sogar davon aus, dass keine Krankenversicherung besteht.
Nun ist es so, dass ich nach dem Tod meines Vaters einen beträchtlichen Betrag geerbt habe. Diesen habe ich professionell anlegen lassen. Das Geld wurde unter anderem in zwei Rentenfonds und eine vermietete Immobilie (Wohnung) investiert.
Für meine Lebensplanung bedeutet dies konkret, dass ich mein Einkommen aus dem Vermögen so sichern möchte, dass ich mich auch ohne Einkommen aus nichtselbständiger oder selbständiger Arbeit finanzieren könnte.
Meine Fragen sind nun wie folgt:
- Kann ich mich im Vorfeld absichern, um gegeneventuelle Forderungen von Unterhaltszahlungen vor Gericht gewappnet zu sein und wenn ja, wie? (z.B. indem ich meiner Mutter über einen Makler anbiete die Pflegezusatzversicherung zu zahlen, wobei ich davon ausgehe, dass meine diese ablehnen wird)
- Falls ich in einer eventuellen Gerichtsverhandlung Forderungen mit dem Argument der Erziehungspflichtverletzung abwenden wollen würde, sehe ich mich in der Beweispflicht. Allerdings bin ich der letzte lebende Zeuge und schriftliche Beweise gibt es nicht. Halten Sie meine Bedenken für gerechtfertigt und wenn ja kann ich etwas unternehmen, um hier meine Position zu stärken?
- Wird das gesamte Vermögen als Schonvermögen betrachtet, wenn ich aus diesem meinen gesamten Lebensunterhalt bestreite und wenn ja, bis zu welchem monatl. Selbstbehalt?
Wenn Sie noch weitere Empfehlungen z.B. zu nicht berücksichtigten Punkten haben, wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
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Antwort von Rechtsanwalt und Mediator Christian Joachim
Sehr geehrter Fragesteller,
zunächst danke ich Ihnen herzlich für das entgegengebrachte Vertrauen und die von Ihnen gestellten Fragen.
Vorab empfehle ich Ihnen grundsätzlich hier eine konkrete anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen in Bezug auf Ihre Vermögenssituation, da diese hier nicht eingesehen werden kann und auch die tatsächliche Situation der Unterhaltsbedürftigkeit ihrer Mutter sowie eine Einschätzung im Hinblick auf den Zeitraum. Dies ist hier nicht ohne weiteres zu leisten. Ihre Fragen darf ich allerdings als erste Orientierung für folgt beantworten:
1.
Sie können natürlich hier Vorsorge dahingehend treffen, dass Versicherungen für eine mögliche Pflege oder einen möglichen Unterhalt der Mutter eintreten. Sie haben hier allerdings selbst dargestellt, dass es möglicherweise am Einverständnis der Mutter scheitern wird. Versicherungen, die für die Kinder eine entsprechende Unterhaltspflicht übernehmen, sind mir nicht bekannt, möglicherweise macht es allerdings Sinn hier zu recherchieren und über einen Versicherungsmakler anzufragen, ob solche Versicherungen existieren.
Dies dürfte allerdings eher unwahrscheinlich sein, da das versicherte Risiko hier relativ hoch ist, gerade nicht absehbar ist, in welchem Umfang die Unterhaltspflichten bestehen und über die Zeit fällig werden.
Vermögensübertragungen scheiden nach ihren eigenen Angaben aus und sind natürlich auch über einen gewissen Zeitraum hinweg anfechtbar.
Insofern liegen hier nur entweder der Verbrauch des Vermögens oder eine Anlage dahingehend, als dass das Vermögen nicht verwertet werden kann, zum Beispiel bei angemessenem Immobilieneigentum, welches selbst genutzt wird und einer hinreichenden Altersvorsorge
Für angemessen hält der Bundesgerichtshof ein Altersvorsorgevermögen, das fünf Prozent des gegenwärtigen Bruttoeinkommens entspricht, welches sich mit jährlich vier Prozent für jedes Ihrer Berufsjahre verzinst. Dieser Zinssatz gilt laut BGH auch angesichts der derzeit gesunkenen Renditen – er kann nicht einfach so auf drei Prozent herabgesetzt werden (Urteil vom 7. August 2013, Az. XII ZB 269/12).
2.
Ihre zweite Frage wird durchaus eine Beweisfrage sein. Es gibt drei Varianten in denen die Unbilligkeit des Verhaltens eines Elternteils eine Rolle spielt und der Elternunterhalt ausgeschlossen werden kann.
In Ihrem Fall wären dies die Anwendung von Gewalt, also körperliche Gewalt oder auch Bedrohungen oder sexuelle Nötigungen.
Allerdings muss es sich hier um schwerwiegende Fälle handeln und natürlich bei Bestreiten durch Sie nachgewiesen werden müssen.
Andere Varianten wären, da sie hinsichtlich des Unterhalts Angaben gemacht haben, die Vernachlässigung der eigenen Unterhaltspflicht des Elternteils. Dieses ist zum Beispiel dann vorhanden, wenn ein Elternteil sich um die Kinder über Jahre hinweg nicht gekümmert hat und keinen Unterhalt gezahlt hat und diese dadurch „verwahrlost“ sind.
Schließlich wäre zum Beispiel eine Unterhaltspflicht ausgeschlossen, wenn die Bedürftigkeit durch Trink- oder Spielsucht selbst herbeigeführt wäre.
3.
Zum Schonvermögen hatte ich Ihnen bereits oben die entsprechende Grenze genannt, hinzu kann hier dann gegebenenfalls auch noch eine eigengenutzte Immobilie in angemessener Form kommen.
Ich hoffe, dass ich ihre Fragen hilfreich beantwortet habe und stehen gerne weiterhin zur Verfügung.
Über eine anschließende positive Bewertung freue ich mich.
Viele Grüße
Christian Joachim
Rechtsanwalt
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vielen Dank für die ausführliche Antwort. Sie haben mir hier auch schon sehr weitergeholfen.
Ich hatte zwar - wie Sie empfohlen haben - bereits ein persönliches Erstberatungsgespräch bei einer Rechtsanwältin. Hier konnte aber auch nicht exakt auf mein Kernproblem eingegangen werden. Deshalb würde ich es gerne noch einmal auf diesem Weg probieren.
Bei der Berechnung der monatl. Unterhaltszahlungen bezieht sich das Sozialamt ja wie Sie auch sagen auf das vorhandene Vermögen und das Bruttoeinkommen einer geregelten Arbeit. Der Punkt mit dem Schonvermögen ist mir nun ebenfalls klar.
Meine Frage ist aber: Zählen die Bruttoeinnahmen von sagen wir 2500 €/Monat auch als Bruttoeinkommen, wenn diese aus den Einnahmen der Vermögensvermehrung (Aktien, Rentenfonds, Immobilie etc.) stammen, oder kann ich unter Umständen dazu gezwungen werden eine Tätigkeit auszuüben und ein Teil des Vermögens als Unterhalt zu zahlen? Als Gesamtsumme des Erbes können Sie ca 1Mio. € annehmen.
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen.
vielen Dank für ihre Nachfrage, die ich allerdings erst jetzt gesehen habe und gerne beantworten möchte.
Zunächst müssen Sie zwischen Einkommen und Vermögen unterscheiden. Die Zinsen aus Ihrem Vermögen oder andere Einnahmen aus dem Vermögen stellen Einkommen dar und gehören nicht zum Vermögensstamm.
Insofern wäre dieses Einkommen unter Beachtung ihrer Selbstbehaltsgrenze im Unterhaltsfall einzusetzen.
Der Vermögensstamm darf nur dann angegriffen werden, wenn Ihnen hierdurch keine existenziellen Nachteile entstehen, insbesondere auch im Hinblick auf ihre eigene Alterssicherung. Auch hier gibt es relativ hohe Freibeträge, wie ich bereits ausgeführt habe.
Gezwungen werden können Sie grundsätzlich nicht, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.
Sie müssen sich dann allerdings eben auf ihr Einkommen aus dem Vermögensstamm verweisen lassen. Bei einem Vermögen von 1.000.000 Euro ist eine Heranziehung auch des Vermögensstamms sehr wahrscheinlich.
Letztlich wird es ja mit hoher Wahrscheinlichkeit nur dahingehend auf eine Unterhaltspflicht ankommen, wenn ihre Mutter gegebenenfalls pflegebedürftig wird.
Hier habe ich aus einem anderen Mandatsverhältnis gehört, dass zum Beispiel Krankenkassen Pflegezusatzversicherungen anbieten, die dann im Falle einer Pflege die unterhaltsbedürftige Person unterstützen. Dabei wird für den Unterhaltspflichtigen diese Versicherung gerade für diesen Fall abgeschlossen. Hier sollten Sie sich gegebenenfalls noch einmal um hören.
Ich hoffe, dass ich auch ihre Nachfrage hilfreich beantwortet habe und bin gerne weiter für Sie da.
Viele Grüße
Christian Joachim
Rechtsanwalt