Kündigung wegen Unruhe stiften
Fragestellung
Seit 21.12.2018 befand ich mich in Elternzeit für 2 Monate. Heute den 25.02.2019 ging ich das erste Mal zur Arbeit und ich bekam eine Ordentliche Kündigung meines Arbeitsverhältnisses. "Das Arbeitsverhältnis lt. Schreiben endet fristgemäß am 31.08.2019 hilfsweise zum nächst möglichen Termin" so lt. Schreiben. Mir verbleit noch 32,5 Tage. Die Urlaubsabrechnung erfolgt nach Beginn der Freistellungsphase. Mir wurde der Büroschlüssel weggenommen und man wünscht dass ich nicht mehr ins Büro komme. Der Grund ist, dass ich im Büro Unruhe stifte und die 2 Monate die ich nicht da war, war im Büro ruhe. Von meinem Standpunkt ist das Ganze eine Ausrede. Ich war nie das Problem. Ich arbeite im Büro bereits 18 Jahre und man hat nie direkt mich mit diesen Problemen konfrontiert. Ich habe die Ordentliche Kündigung heute nicht unterschrieben. Auch hatte man erwähnt dass mein Gehalt so wieso angepasst werden musste, da ich im Büro alle PC Arbeiten "Administrator" erledigt habe. Seit dem 12/2018 wurde mir diese Lizenz mit Computer weggenommen, wegen Datenschutz, Personenschutz, deswegen die Lohnkürzung, ob das gerechtfertigt ist? Meine Frage an Sie, kann man mich ohne weiteres einfach so nach meiner Elternzeit kündigen? Wie lange kriege ich noch meinen Lohn? und darf der Arbeitgeber meinen Lohn jetzt kürzen? Kann ich eine Abfindung von meinem Arbeitgeber verlangen? Ich habe das Büro modernisiert im Bereich PC, Netzwerk, EDV Anlagen und ich habe viele Ideen und Lösungen für das Büro vorgeschlagen und umgesetzt. Es ist traurig so abserviert zu werden. Man muss erwähnen dass das Büro eine Angestellte hat, mit welcher ich nicht so gut harmoniert habe, diese ist jetzt eine Chefin vom Büro geworden. Es sind insgesamt 3 Chefs, das kurz zur Info. Bedanke mich im voraus für Ihre Hilfe. MfG
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Uta Ordemann
Sehr geehrter Mandant,
vielen Dank für Ihre Anfrage, zu der im Einzelnen Folgendes anzumerken ist:
1.
Sobald die Elternzeit beendet ist und der Arbeitnehmer die Arbeit wieder aufgenommen hat, lebt das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten wieder auf. Während der Elternzeit ruht es. Das bedeutet, dass mit der Wiederaufnahme der Tätigkeit das Arbeitsverhältnis auch ordentlich kündbar ist. Da Sie insgesamt 18 Jahre in dem Unternehmen tätig sind, hat der Arbeitgeber die 6-monatige Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 2 Nr. 6 BGB zugrunde gelegt, die nach einem Bestehen des Arbeitsverhältnisses von mehr als 15 Jahren greift. Ich gehe daher davon aus, dass die gesetzlichen Kündigungsfristen auf Ihren Arbeitsvertrag Anwendung finden.
2.
Wenn es sich um ein Unternehmen handelt, in dem in der Regel mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt sind, haben Sie Kündigungsschutz gemäß dem Kündigungsschutzgesetz. In diesem Fall empfiehlt es sich unbedingt, innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage zu erheben. Im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens wird dann geprüft, ob die Kündigung aus personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen gerechtfertigt ist. Allein die Aussage, dass das Betriebsklima während Ihrer Abwesenheit besser gewesen ist, rechtfertigt mit Sicherheit keine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen. In diesem Fall hätte es im Übrigen auch einer vorherigen Abmahnung bedurft.
Der Arbeitgeber muss daher im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens darlegen und beweisen, dass die Kündigung entweder aus einem personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Grund gerechtfertigt ist. Sollte dies nicht der Fall sein, muss er Sie weiter beschäftigen.
Es besteht grundsätzlich zwar auch die Möglichkeit, sich im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens auf eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung zu verständigen. Dieser Weg kommt aber nur dann in Betracht, wenn der Erhalt des Arbeitsplatzes für Sie nicht im Vordergrund steht. Da Sie hier schon 18 Jahre im Betrieb tätig sind, empfehle ich daher unbedingt, Kündigungsschutzklage zu erheben.
Die Frist für die Erhebung der Klage beginnt mit dem Zugang der Kündigung zu laufen. Falls Ihnen die Kündigung heute übergeben worden ist und Sie nur den Empfang des Kündigungsschreibens nicht bestätigt haben, würde die 3-Wochen-Frist zur Erhebung der Klage damit morgen zu laufen beginnen.
Sie könnten den Empfang der Kündigung grundsätzlich auch bestreiten, wenn es keine Zeugen hierfür gibt und Sie das Doppel nicht unterzeichnet haben. Wenn der Arbeitgeber Ihnen das Original übergeben hat und es auch Zeugen für die Aushändigung geben sollte, ist es aber nicht sinnvoll, den Zugang zu betreiten, da der Arbeitgeber den Zugang dann anhand von Zeugen beweisen kann.
3.
Der Arbeitgeber ist auch nicht berechtigt, Ihnen das Gehalt zu kürzen, selbst wenn er Ihnen Aufgabenbereiche entzogen hat. Hier stellt sich auch die Frage, ob dies überhaupt rechtlich zulässig war. In jedem Fall kann er aber nicht einseitig das Gehalt kürzen. Dies geht nur im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer oder aber über eine Änderungskündigung.
4.
Sie können sich im Zuge der Kündigungsschutzklage auch gegen die einseitige Freistellung des Arbeitgebers wenden und geltend machen, dass diese sachlich nicht gerechtfertigt ist. Dies wird insbesondere in den Fällen geltend gemacht, in denen der Erhalt des Arbeitsplatzes für den Arbeitnehmer oberste Priorität hat. Durch eine längere Freistellung werden oft Fakten geschaffen und dann ist es für den Arbeitnehmer oft etwas schwerer, in das Unternehmen zurückzukehren. Oft wird auch ein Weiterbeschäftigungsantrag per Einstweiliger Verfügung gestellt, damit die Weiterbeschäftigung kurzfrisitig erfolgt und der Arbeitnehmer nicht schon während des laufenden Kündigungsschutzverfahren freigestellt ist und damit u.U. Fakten geschaffen werden. Wenn ein Gericht aber feststellt, dass die Kündigung nicht rechtmäßig ist, besteht das Arbeitsverhältnis ohnehin fort und Sie sind gemäß dem gesonderten Weiterbschäftigungsantrag, der im Kündigungsschutzverfahren einzubringen ist, dann auch weiterzubeschäftigen, auch wenn Sie in der Zwischenzeit freigestellt waren. Daher ist es nicht unbedingt erforderlich, den Weiterbeschäftigungsantrag in einem einstweiligen Verfügungsverfahren durchzusetzen.
Unabhängig darf eine Anrechnung bestehender Urlaubsansprüche auf die Freistellungsphase auch nur dann erfolgen, wenn die Freistellung unwiderruflich erfolgt ist. Dies müsste dann schriftlich zum Ausdruck gekommen sein. Sofern auch in Ihrem Arbeitsvertrag keine dahingehende Klausel enthalten ist, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, Sie nach Ausspruch einer Kündigung unwiderruflich von der Erbringung der Arbeitsleistung unter Anrechnung noch bestehender Urlaubs- und Freizeitausgelichsansprüche freizustellen, ist er nicht ohne weiteres berechtigt, dies zu tun. In diesem Fall sollte man unbedingt auch gegen die (einseitig) erfolgte Freistellung und auch die Urlaubsanrechnung vorgehen.
Der nächste Schritt wäre daher die Erhebung einer Kündigungsschutzklage bei dem zuständigen Arbeitsgericht. Wenn Sie mir kurz mitteilen, wo der Sitz des Unternehmens ist bzw wo Sie Ihre Arbeitsleistung erbracht haben, kann ich Ihnen ggfls. auch einen Anwalt vor Ort empfehlen. Sie können sich zwar grundsätzlich auch selbst vor dem Arbeitsgericht vertreten. In Ihrem Fall würde ich aber die Einschaltung eines Rechtsanwalts empfehlen, da es um den Erhalt des Arbeitsplatzes und möglicherweise auch um eine nicht unerhebliche Abfindungszahlung bei einer Beschäftigungsdauer von 18 Jahren geht.
Falls Sie noch Fragen hierzu haben, melden Sie sich gern.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann
Rechtsanwältin
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vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Das ist ja schade, dass das Unternehmen weniger als 10 Mitarbeiter hat. Zwar kann man dann grundsätzlich auch Kündigungsschutzklage erheben. Es wird dann aber ein deutlich niedriger Prüfungsmaßstab angesetzt. Es kommt dann nicht darauf an, ob die Kündigung aus personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen gerechtfertigt ist. Es wird nur geprüft, ob sie gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verstößt und willkürlich ist.
Dennoch würde ich hier empfehlen, erst einmal Kündigungsschutzklage zu erheben, um Druck auf den Arbeitgeber auszuüben und dann parallel über Verhandlungen versuchen, hier gerade auch in Anbetracht auch der langen Beschäftigungsdauer noch eine Abfindung herauszuholen.
Meine Kollegin Frau RAin Silvana Grass, die auch bei yourXpert tätig ist, ist in Bad Säckingen ansässig. Vielleicht können Sie sich einmal mit ihr wegen des weiteren Vorgehens in Verbindung setzen?
Falls noch Fragen bestehen, melden Sie sich jederzeit gern.
Freundliche Grüße
Uta Ordemann
Frau Ordemann ist im Moment in einer längeren Besprechung. Sie meldet sich so schnell wie möglich bei Ihnen. Es wird vsl nach 18.00 Uhr werden.
Mit freundlichen Grüßen
Sekretariat Rechtsanwältin Uta Ordemann
eine Kündigung muss gemäß § 623 BGB immer schriftlich und im Original unterzeichnet erfolgen.
Ich gehe davon aus, dass der Arbeitgeber mit "Ihre Kündigung" die Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses durch ihn am 25.02. meint. Offensichtlich hat er sich hier im Datum vertan.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Ihnen bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist das vereinbarte Gehalt weiter zu zahlen, also bis zum 31.08.2019.
Ich empfehle unbedingt, hier vor Ort noch einen RA einzuschalten, um bei der langen Beschäftigungsdauer möglichst noch eine Abfindungszahlung zu erzielen. Hierfür müsste man - um Druck aufzubauen - wohl aber auch parallel Kündigungsschutzklage erheben, auch wenn die Rechtmäßigkeit der Kündigung in diesem Fall nur unter dem Aspekt von Treu und Glauben geprüft wird und nicht danach, ob sie nach dem KSchG sozial gerechtfertigt ist.
Freundliche Grüße
Uta Ordemann