Berliner Testament - Beerben der Stiefmutter
Fragestellung
Zu folgendem Fall habe ich eine Frage:
Mein Vater hat zwei Kinder (meine Schwester und mich) aus erster Ehe mit seiner Frau, die früh verstarb. Danach heiratete mein Vater erneut. Diese Ehe blieb kinderlos und meine Schwester und ich haben ein gutes Verhältnis zu unserer Stiefmutter.
Mein Vater hat ein Berliner Testament gemacht, das ihn bzw. meine Stiefmutter zum Alleinerben nach dem Tod des jeweils anderen einsetzt und von beiden unterschrieben wurde. Es regelt darüber hinaus, dass meine Schwester und ich jeweils die Hälfte des verbleibenden Vermögens (derzeit Aktien und Geld) erben, wenn der überlebende Ehepartner verstirbt.
Als mein Vater starb, haben deshalb meine Schwester und ich im Sinne des Testaments bei der Nachfrage des Amtsgerichts keinerlei Anspruch auf den gesetzlichen Pflichtteil erhoben, sondern das gesamte Erbe erhielt unsere Stiefmutter.
Aufgrund dieser Sachlage stellen sich mir die folgenden zwei Fragen:
1. Könnten beim Tod meiner Stiefmutter auch ein noch lebender Bruder bzw. die Nachkommen weiterer Geschwister Erbansprüche stellen?
2. Erben meine Schwester und ich als Verwandte 1. Ordnung wegen des beim Amtsgericht bekannten Berliner Testaments oder erben wir wegen der nicht bestehenden leiblichen Verwandtschaft zu meiner Stiefmutter (wir sind von ihr nicht adoptiert worden) als „Fremde“ und müssen dem entsprechend erheblich höhere Erbschaftssteuern bezahlen.
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Antwort von Rechtsanwalt Danjel-Philippe Newerla
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Hierbei handelt es sich offenbar um ein „normales“ Berliner Testament.
Offenbar haben Sie auf den Pflichtteil verzichtet. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie kurz darüber informieren, dass dieses nur in notarieller Form möglich ist. Ohne notarielle Erklärung können Sie nicht auf Ihren Pflichtteil verzichten.
Vor diesem Hintergrund möchte ich Ihre Anfragen wie folgt beantworten:
1. Könnten beim Tod meiner Stiefmutter auch ein noch lebender Bruder bzw. die Nachkommen weiterer Geschwister Erbansprüche stellen?
Ja, diese wurden durch das Testament ja enterbt und könnten daher grundsätzlich Pflichtteilsansprüche gegenüber den Erben (also Ihnen) geltend machen.
2. Erben meine Schwester und ich als Verwandte 1. Ordnung wegen des beim Amtsgericht bekannten Berliner Testaments oder erben wir wegen der nicht bestehenden leiblichen Verwandtschaft zu meiner Stiefmutter (wir sind von Ihr nicht adoptiert worden) als „Fremde“ und müssen dem entsprechend erheblich höhere Erbschaftssteuern bezahlen.
Nein, Sie erben nicht als „Verwandte erster Ordnung“. Sie wären ja keine Abkömmlinge im Sinne von § 1924 BGB der Erblasserin.
Daher gilt leider für Sie gegenüber Ihrer Schwiegermutter der ungünstigere Steuersatz sowie der ungünstigere Steuerfreibetrag von 20.000,- €pro Person.
Ich hoffe Ihre Anfrage zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben und wünsche Ihnen noch einen angenehmen Montagnachmittag und alles Gute!
Mit freundlichem Gruß von der Nordsee
Dr. Danjel-Philippe Newerla, Rechtsanwalt
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"Wir, die Eheleute Herr A und Frau A setzen uns gegenseitig als Erben ein mit allem vorhandenem Vermögen. Nach dem Tode des Letztversterbenden sollen unsere Kinder (hier sind meine Schwester und ich aufgeführt) zu unter sich gleichen Teilen Erben werden."
Unterschrieben ist das Testament von meinem Vater und mit der Bemerkung "Den Verfügungen dieses Testaments schließe ich mich an" auch von meiner Mutter und dazu noch beglaubigt und bestätigt von einem Pfarrer.
Mein Verständnis war, dass damit meine Schwester und ich Nacherbe sind und es keinen Unterschied macht, ob unser leiblicher Vater oder unsere Stiefmutter zuerst stirbt und Vorerbe wird, sondern dass wir immer als "Verwandte erster Ordnung" erben.
Dies beruht unter anderem auch auf den Ausführungen in Wikpedia zum "Berliner Testament", wo es unter dem Abschnitt "Steuerliche Gleichberechtigung der Schlusserben" hießt:
"Da die Schlusserben, wenn sie keine gemeinsamen Abkömmlinge sind, zu beiden Partnern in einem unterschiedlichen Verwandtschaftsverhältnis stehen, hätte normalerweise die Todesreihenfolge einen Einfluss auf die Erbschaftsteuerklasse. Mittels Antrag gemäß § 15 Abs. 3 ErbStG können sie jedoch dafür sorgen, dass die günstigere Klasse zugrunde gelegt werden soll. So wird die Familie des Erstversterbenden nicht steuerlich benachteiligt."
Da das Erbe komplett vom Erblasser und nicht vom Vorerbe stammt, müßte es doch möglich sein, dass wir als Nacherben einen solchen Antrag gemäß § 15 Abs. 3 ErbStG erfolgreich stellen können. Von daher sehe ich hier einen Wiederspruch zu den gemachten Aussagen.
Außerdem ist im zweiten Teil der Antwort von Schwiegermutter die Rede. Ich nehme an, dass es sich hier um eine versehentliche Verwechselung handelt und in Wirklichkeit "Stiefmutter" gemeint ist. Für eine Richtigstellung wäre ich dankbar.
vielen Dank für den Nachtrag.
Ja, Sie sind Nacherben. Es handelt sich aber um insgesamt 2 Erbfälle. In Bezug auf den zweiten/letzten Erbfall wären Sie aber definitig nicht Erbe erster Ordnung, da Sie kein Abkömmling sind (s.o.).
Ich meinte natürlich "Steifmutter".
Der Hinweis auf § 15 Abs. 3 ist richtig.
Hier könnte ein Ausnahmeantrag gestellt werden. Voraussetzung wäre allerdings, dass das
".........Vermögen beim Tod des überlebenden Ehegatten oder des überlebenden Lebenspartners noch vorhanden ist"
Sofern das Vermögen Ihres Vaters also zum Todeszeitpunkt der Stiefmutter noch vollständig vorhanden ist, wäre ein Antrag nach § 15 Abs. 3 erfolgsversprechend.
Ich hoffe Ihnen geholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen angenehmen Montagabend und alles Gute!
Mit freundlichem Gruß von der Nordsee
Dr. Danjel-Philippe Newerla, Rechtsanwalt
Gilt unter diesen Umständen die Antwort auf Frage 1 noch?
Nachkommen und Anbkömmlinge Ihrer Steifmutter könnten grundsätzlich keine erbrechtlichen Ansprüche stellen.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Newerla