Dürfen die Baukosten nachträglich einbezogen werden?
Wird erst nachträglich ein Bauerrichtungsvertrag abgeschlossen, ändert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer.
Hintergrund
Die Kläger kauften im Juli 2012 ein Grundstück für rund 40.000 EUR. Sie verpflichteten sich zur Bebauung mit einem Reihenhaus innerhalb von 2 Jahren nach Baureife durch einen bestimmten Bauunternehmer. Die Bauzeichnungen eines Architekten waren als Anlage dem Notarvertrag beigefügt. Im August 2012 setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer i. H. v. 831 EUR fest. Im September 2012 beauftragten die Kläger den Bauunternehmer mit der Errichtung des Reihenhauses entsprechend den Bauzeichnungen des Architekten zum Festpreis von rund 212.000 EUR.
Im Februar 2013 änderte das Finanzamt die Bescheide. Es bezog die Baukosten in die Bemessungsgrundlage mit ein und erhöhte die Grunderwerbsteuer entsprechend.
Mit ihrer Klage vor dem Finanzgericht hatten die Kläger zunächst Erfolg. Es entschied, dass die Bescheide nicht mehr änderbar waren.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof war jedoch der Ansicht, dass die Bescheide geändert werden durften.
Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist der Wert der Gegenleistung. Dieser bestimmt sich zwar nach dem zivilrechtlichen Verpflichtungsgeschäft. Steht aber aufgrund des Grundstückskaufvertrags und des Bauvertrags fest, dass der Erwerber beim Abschluss des Kaufvertrags in seiner Entscheidung über das “Ob” und “Wie” der Bebauung nicht mehr frei ist und erhält er deshalb das Grundstück in einem bestimmten bebauten Zustand, liegt ein einheitlicher Erwerbsgegenstand vor.
Ein Grundstück wird erst dann im bebauten Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs, wenn ein entsprechender Bauvertrag abgeschlossen wird. Solange der Bauvertrag nicht geschlossen wird, ist Erwerbsgegenstand nur das unbebaute Grundstück. Das gilt selbst dann, wenn beim Kaufvertrag eine Bindung des Erwerbers hinsichtlich der Bebauung vorgelegen hat. Erst mit Abschluss des Bauvertrags ändert sich der Gegenstand des Erwerbsvorgangs nachträglich, und zwar rückwirkend auf den Zeitpunkt des Erwerbs.
Beim Erlass der Bescheide im August 2012 war Gegenstand des Erwerbsvorgangs lediglich das unbebaute Grundstück. Die endgültige zivilrechtliche Verpflichtung des Bauunternehmers zur Bebauung trat mit dem Bauvertrag vom September 2012 ein. Mit Abschluss dieses Vertrags änderte sich der Gegenstand des Erwerbsvorgangs rückwirkend dahin, dass das Grundstück jetzt in bebautem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs war.
Juni 2017
Dr. Rainer Schenk