Zahlt Enkel Pflegeheimkosten
Beantwortet
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Fritsch,
Meine Oma wird vermutlich demnächst in ein Betreutes Wohnen oder ein Pflegeheim umziehen. Sie selbst bezieht nur eine kleine Rente, sodass sie die Kosten davon nicht bestreiten kann. Zudem hat sie noch einen Kredit laufen.
Ihre Pflegestufe wird voraussichtlich auf Stufe 2 festgesetzt.
Meine Mutter (ihre Tochter) ist bereits verstorbenen, sodass ich die nächste Angehörige bin.
Ich habe ein kleines Kind und bin unverheiratet, lebe aber mit dem Vater des Kindes zusammen.
Kann ich verpflichtet werden, die Kosten für das Pflegeheim zu übernehmen? Das würde uns finanziell doch schon sehr treffen.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort!
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Antwort des Experten
Sehr geehrte Mandantin,
vielen Dank für Ihre Kontaktaufnahme und das in mich gesetzte Vertrauen. Gerne bin ich Ihnen behilflich und möchte Ihre Anfrage folgendermaßen beantworten:
1. Leider kann ich Ihnen Ihre Ausgangsfrage, ob Sie Unterhalt für Ihre Großmutter werden zahlen müssen, nicht pauschal beantworten, da dies von vielen individuellen Faktoren abhängt. Gerne erläutere ich Ihnen aber die grundsätzliche Vorgehensweise in solchen Fällen.
2. Sollte Ihre Großmutter Pflegeleistungen in Anspruch nehmen müssen, ist sie in erster Linie selbst dafür verantwortlich, eine möglicherweise entstehende Finanzierungslücke zwischen dem, was die Pflegeversicherung übernimmt und dem, was die Pflege tatsächlich kostet, zu zahlen.
Nur dann, wenn sie diese Lücke nicht durch eigenes Einkommen und eigenes Vermögen decken kann, kommt eine Unterhaltspflicht für Sie in Frage.
Diese grundsätzliche Pflicht zum Unterhalt ergibt sich aus § 1601 BGB. Danach müssen Urgroßeltern, Großeltern, Kinder und Enkel sich untereinander Unterhalt leisten, wenn sie jeweils selbst nicht dazu im Stande sind, Ihre Lebenshaltungskosten zu decken.
3. Bitte beachten Sie aber, dass dies nur die zivilrechtliche Seite der Angelegenheit ist. Für das Sozialamt gelten die Regelungen des Sozialrechts, das in anderen Gesetzen geregelt ist.
Hierzu müssen Sie wissen, dass es einen § 94 SGB XII gibt, der den so genannten Regress regelt. Ein Regress ist der Übergang eines Anspruches auf eine andere Person. Es wird also geregelt, unter welchen Voraussetzungen das Sozialamt Sie dazu auffordern könnte, dass Sie Unterhalt für Ihre Großmutter - indirekt - leisten, nämlich indem Sie die Kosten der Ihr entstandenen Pflegeaufwendungen ersetzen.
Und hier lautet die Antwort schlicht: Diese Pflicht gibt es nur für Kinder, nicht für Enkelkinder (§ 94 Absatz 1 Satz 3 SGB XII).
4. Zusammenfassend: Auch wenn es etwas widersinnig klingen mag: Zivilrechtlich gesehen sind Sie Ihrer Großmutter gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. Dieser Anspruch, den Ihre Großmutter gegen Sie hat, geht aber nach der sozialrechtlichen Überleitung nicht auf das Sozialamt über. Dies wäre nur dann der Fall, wenn Sie nicht Enkelkind, sondern Kind wären.
Theoretisch wäre es zwar denkbar, dass Ihre Großmutter Ihren Anspruch Ihnen gegenüber geltend macht. Hierzu müsste sie Sie aber notfalls gerichtlich verklagen. Tut sie dies nicht, verläuft die Sache im Sande.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Désirée Fritsch Rechtsanwältin
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