urkunde
Beantwortet
Fragestellung
hallo
mein Freund J.M hat vor 5 Jahre sein Abiturzeugnis gefälscht und damit hat er sein Bachelor und Master gemacht.
Was würde passieren wenn alles rauskommt , würde sein Bachelor und Master aberkennen?
wenn ja gibt es ein Möglichkeit die Abschlüsse zu retten?
und was ist mit dem Verjährung
ich bitte um die Privatsphäre
Danke
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Antwort des Experten
Sehr geehrte Fragensteller,
zum einen ist das Herstellen eines falschen Zeugnisses in der Regel eine Urkundenfälschung nach § 267 StGB. Jedes Mal, wenn die Urkunde vorgelegt wird, wird der Tatbestand neu verwirklicht ( "gebraucht" ). Nach § 78 StGB beträgt die Verjährung jeweils 5 Jahre.
Zum anderen ist die Prüfungsordnung der Uni / Fachhochschule einzusehen. In der Regel dürften die Vorzeugnisse als Zulassungsvoraussetzung genannte werden.
Mit VGH Mannheim, Urteil vom 19.06.2017 - 9 S 168/15 muss aber auch ein gefälschtes Abiturzeugnis nicht zwingend zum Entzug der Folgeabschlüsse führen:
"Entscheidungsgründe:
21Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO).
22Die Berufung des Beklagten ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Die Verfügung des Landesgesundheitsamts ... vom 05.07.2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beklagte hat die Zulassungen des Klägers vom 28.02.1995 zur Ärztlichen Vorprüfung im Frühjahr 1995 (1.) und vom 04.03.1996 zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung im Frühjahr 1996 (2.) nicht rechtsfehlerfrei zurückgenommen.
231. Rechtsgrundlage für die Rücknahme der unter dem 28.02.1995 erfolgten Zulassung des Klägers zur Ärztlichen Vorprüfung ist § 48 LVwVfG, der im Prüfungsrecht Anwendung findet (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 LVwVfG).
24Nach § 48 Abs. 1 LVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat, darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 - 4 zurückgenommen werden.
25Die - unanfechtbare - Zulassung des Klägers zur Ärztlichen Vorprüfung war rechtswidrig.
26Nach § 10 Abs. 1 der Approbationsordnung für Ärzte in der hier maßgeblichen Fassung vom 14.07.1987 (BGBl. I S. 1593 - ÄAppO 1987 -) entscheidet über die Zulassung zur Ärztlichen Vorprüfung das Landesprüfungsamt. Nach § 11 Nr. 1 ÄAppO 1987 ist die Zulassung zu versagen, wenn die vorgeschriebenen Nachweise nicht vorgelegt werden.
27Zu den bei der Meldung zur Ärztlichen Vorprüfung vorzulegenden Nachweisen gehört nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 b) ÄAppO 1987 das Zeugnis über die allgemeine Hochschulreife. Über die damit nachzuweisende Hochschulzugangsberechtigung verfügte der Kläger indes nicht. Das von ihm vorgelegte Zeugnis war gefälscht, dies steht einer Nichtvorlage gleich. Die Zulassung zur Ärztlichen Vorprüfung wäre deshalb zu versagen gewesen.
28Die Rücknahme der Zulassung war auch von keinen weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen abhängig. Sie war insbesondere weder Voraussetzung für eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung im Sinne von § 48 Abs. 2 LVwVfG, noch stand sie einem solchen Verwaltungsakt gleich (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 30.09.2003 - 2 B 10.03 -, Buchholz 237.7 § 20 NWLBG Nr. 1; Senatsbeschluss vom 12.02.1988 - 9 S 32/88 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2002 - 1 A 1451/00 -, juris).
29Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG steht die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte im Ermessen der Behörde. Dies gilt auch für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes im Sinne des § 48 Abs. 3 LVwVfG (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.05.2012 - 5 C 17.11 -, BVerwGE 143, 161). Zwar ist bei der im Rahmen der Ermessensausübung vorzunehmenden Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Verhältnisse und dem Vertrauensschutz des Empfängers eines ihn begünstigenden Verwaltungsaktes, dessen Erlass er erschlichen hat, auch der gesetzlichen Wertung des § 48 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG Rechnung zu tragen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.02.2017 - OVG 12 N 47.16 -, juris). Diese Regelung schließt jedoch „lediglich“ die Zuerkennung eines Vermögensausgleichs zwingend aus, führt aber nicht zu einer strikt gebundenen Entscheidung über die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsaktes unter Außerachtlassung auch sämtlicher nicht vermögensrechtlicher Folgen der Rücknahme (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.05.2015 - 1 C 24.14 -, BVerwGE 152, 164; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.02.2017 , a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.05.2011 - 1 A 88/08 -, juris).
30Im Rahmen der Ermessensausübung ist das öffentliche Interesse an der Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes mit dem Interesse des Betroffenen an der Aufrechterhaltung des Verwaltungsakts abzuwägen. Das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Grundsatz der Rechtssicherheit sind dabei grundsätzlich gleichwertig, sofern dem anzuwendenden Fachrecht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.05.2006 - 2 BvR 669/04 -, BVerfGE 116, 24; BVerwG, Urteile vom 24.05.2012, a.a.O., und vom 20.01.1976 - III C 21.75 -, Buchholz 427.3 § 335a LAG Nr. 57; Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 28). Das ist hier nicht der Fall. Erforderlich ist danach eine umfassende Güterabwägung unter Einbeziehung aller wesentlichen Umstände des konkreten Einzelfalls, wozu grundsätzlich auch etwaige Vertrauensschutzgesichtspunkte gehören (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.05.2012 , a.a.O., und Beschlüsse vom 30.09.2003, a.a.O., zur Rücknahme einer Prüfungsentscheidung, und vom 20.10.2006 - 6 B 67.06 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 116, zur Rücknahme einer Promotionsentscheidung). In die Abwägung sind auch die für den Betroffenen damit verbundenen beruflichen Erschwernisse einzustellen, die als vorhersehbare und in Kauf genommene Nebenfolgen den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG - bzw. des Art. 2 Abs. 1 GG für den Kläger als nicht deutschen Staatsangehörigen - berühren (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20.10.2006, a.a.O., und vom 11.11.2010 - 5 C 12.10 -, NVwZ 2011, 760) und deshalb bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Rücknahme zu berücksichtigen sind. Diesen rechtlichen Anforderungen wird die - nach § 114 Satz 1 VwGO nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbare - Entscheidung des Beklagten nicht gerecht.
31Er hat in der Rücknahmeverfügung ausgeführt, dadurch, dass der Kläger im Rahmen der Zulassung für die Ärztliche Vorprüfung vorsätzlich falsche Angaben gemacht habe, liege kein schutzwürdiges Vertrauen vor, das den Bestand des Verwaltungsakts rechtfertigen würde. Dies ergebe sich auch daraus, dass der Kläger den Zulassungsantrag für die Ärztliche Vorprüfung eigenhändig unterschrieben habe, obwohl im Zulassungsantrag ausdrücklich darauf hingewiesen werde, dass die Angaben zu diesem Antrag unter Beachtung der Folgen vorsätzlich falscher Angaben wahrheitsgemäß und vollständig zu machen seien. Das öffentliche Interesse gebiete daher, das Ermessen des § 48 Abs. 1 LVwVfG so auszuüben, dass die Zulassung zur Ärztlichen Vorprüfung zurückzunehmen sei. Diese Erwägungen lassen eine Abwägung mit den Interessen des Klägers nicht erkennen und sind schon aus diesem Grund unzureichend. Aber auch die im gerichtlichen Verfahren - insbesondere im Schriftsatz vom 01.10.2013 an das Verwaltungsgericht - nachgeschobenen Ermessenerwägungen (§ 114 Satz 2 VwGO; zur Zulässigkeit des Nachschiebens vgl. nur BVerwG, Urteil vom 11.11.2010 , a.a.O.) sind rechtsfehlerhaft. Der Beklagte hat u.a. ausgeführt, die Fälschung werde nicht durch das spätere erfolgreiche Studium des Klägers „geheilt“. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Kläger auch an der Universität ... sein gefälschtes Abiturzeugnis vorgelegt habe und daher kein Vertrauensschutz bestehe. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger in der Schweiz mit den Studien- und Prüfungsleistungen aus Deutschland eine Anrechnung von Studienleistungen erreicht habe und sein Studium in einem höheren Semester habe fortsetzen können. Der bloße Zeitablauf habe keine eigenständige Bedeutung. Die Fehlerhaftigkeit des Bescheids liege im Bereich des Klägers und sein Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts sei nicht schutzwürdig. Es gebe keinen Rechtsgrundsatz, dass alleine der Zeitablauf eine Behörde hindern würde, Maßnahmen zu ergreifen, um rechtmäßige Zustände zu schaffen. Eine andere Betrachtung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Fälschung des Abiturzeugnisses mittlerweile verjährt sein dürfte. Strafrechtliche Verjährungsfristen seien bei der Ermessensausübung nicht in der Weise zu berücksichtigen, dass nach Ablauf von Verjährungsfristen eine Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts nicht mehr möglich wäre. Eine umfassende Abwägung des öffentlichen Interesses an der Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustands mit dem Interesse des Klägers führe zur Rücknahme der Zulassungen zu den ärztlichen Prüfungen. Der Kläger habe sich außerhalb der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland gestellt und beanspruche nun, eben diese Rechtsordnung möge ihn von den Konsequenzen seines Tuns verschonen, obwohl er den Geltungsbereich dieser Rechtsordnung aufgrund seiner früheren Straftaten nicht betreten dürfe. Selbst das gesunde Rechtsempfinden des juristisch ungebildeten Laien sträube sich, dem Kläger die zu Unrecht erhaltenen Zulassungen zu belassen.
32Auch diese Ausführungen ändern nichts an der Rechtswidrigkeit der Rücknahmeentscheidung. Der Beklagte hat bei der Abwägung der für und gegen eine Rücknahme sprechenden öffentlichen und privaten Belange nicht alle nach Lage der Dinge maßgeblichen Umstände gewürdigt, sondern einen Teil der klägerischen Belange unberücksichtigt gelassen. Zudem hat er nicht alle Belange mit dem ihnen zukommenden Gewicht in seine Entscheidung eingestellt.
33Der Beklagte ist zwar zu Recht von einer gravierenden Täuschung des Klägers ausgegangen, die einen Vertrauensschutz entfallen lässt. Angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles kommt diesem Umstand jedoch insbesondere im Hinblick auf den seit der Täuschung vergangenen Zeitraum, die hier gegebenen prüfungsrechtlichen Besonderheiten sowie die einzustellenden grundrechtlichen Belange des Klägers keine ausschlaggebende Bedeutung zu.
34Zwar schließt ein bloßer längerer Zeitablauf seit der Zulassung zur Prüfung deren Rücknahme nicht aus. Über die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG hinaus - die hier einer Rücknahme nicht entgegensteht - enthält § 48 LVwVfG keine absolute Ausschlussfrist für die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts (vgl. dazu OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08.11.2012 - 11 A 1548/11 -, NVwZ-RR 2013, 250). Bei der Interessensabwägung im Widerstreit zwischen den Grundsätzen der Rechtsicherheit und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung kommt dem Zeitmoment allerdings eine erhebliche Bedeutung zu. Die verstrichene Zeit hat zwar allein für sich gesehen keine eigenständige Bedeutung, ist aber ein wesentlicher Beurteilungsfaktor dafür, ob nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Gesamtverhältnisse des Einzelfalls eine Rücknahme noch als rechtmäßig anzusehen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20.01.1976 - III C 21.75 -, Buchholz 427.3 § 335a LAG Nr. 57; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.02.2017 , a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.02.2014 - 11 A 2122/13 -, juris). Den Zeitraum von ca. 18 Jahren, der hier seit dem Erlass des Zulassungsbescheids bis zu dessen Rücknahme verstrichen ist, hat der Beklagte nicht mit dem ihm zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
35In der genannten Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht bereits einem Zeitraum von elf Jahren eine besondere Bedeutung im Sinne einer Beschränkung der Rücknahmebefugnis beigemessen und darauf verwiesen, dass der Gesetzgeber sich verschiedentlich in anderen Rechtsbereichen ausschließlich im Hinblick auf den Zeitablauf zugunsten des Rechtssicherheitsprinzips entschieden hat. So kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach § 45 Abs. 3 SGB X nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe, in besonderen Fällen, zu denen das Erwirken des Verwaltungsakts durch arglistige Täuschung nicht zählt, bis zu zehn Jahren zurückgenommen werden. Hier hat es der Gesetzgeber als sachgerecht angesehen, sogar in Fällen schuldhaften Verhaltens des Begünstigten den Zeitablauf für so bedeutsam anzusehen, dass er eine Entscheidung zugunsten des Grundsatzes der Rechtssicherheit getroffen hat. Bei der Ersten und Zweiten juristischen Staatsprüfung ist gemäß § 58, § 24 Abs. 4 Satz 2 JAPrO die Rücknahme einer Prüfungsentscheidung bei Täuschungsversuchen ausdrücklich ausgeschlossen, wenn seit Beendigung der Prüfung mehr als fünf Jahre vergangen sind. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt nach § 195 BGB drei Jahre und die der Rücknahme der Zulassung zugrunde liegende Urkundenstraftat des Klägers verjährt bereits nach fünf Jahren (vgl. § 267 Abs. 1 i.V.m. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB).
36Hier lag zwischen dem Gebrauch der gefälschten Urkunde zur Zulassung zur Prüfung und der Rücknahme ein Zeitraum von ca. 18 Jahren, die Herstellung lag ca. 22 Jahre zurück. Dieser Zeitraum ist hier auch mit Blick darauf von besonderer Bedeutung, dass er eine Aussage trifft zu der Verfestigung der Rechtsposition des Klägers, der sein Studium erfolgreich abgeschlossen, alle geforderten Studienleistungen - soweit ersichtlich beanstandungsfrei - erbracht und auf dieser Grundlage in der Schweiz als Arzt gearbeitet hat. Das Interesse des Klägers am Erhalt dieser - auch grundrechtlich geschützten (vgl. Art. 2 Abs. 1 GG) - Rechtsposition und deren Fortbestand (vgl. dazu die Ausführungen unten) hat der Beklagte nicht mit dem ihm zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt, sodass sich die Rücknahmeentscheidung letztlich als unverhältnismäßig erweist.
37Soweit der Beklagte generalpräventive Überlegungen angestellt und darauf verwiesen hat, dass er dem Schutz der Allgemeinheit vor missbräuchlicher Erlangung eines Studienplatzes wegen der damit verbundenen Signalwirkung Vorrang vor den privaten Interessen des Klägers eingeräumt habe, lässt er bereits außer Acht, dass seine Entscheidung nicht die Erlangung bzw. die Entziehung des Studienplatzes betrifft, sondern die nachgelagerte Zulassung zur Prüfung. Die Zulassung zum Studium ist indes nicht zurückgenommen worden. Abgesehen davon hat der Beklagte vor allem auch verkannt, dass die Prüfungszulassung von der Entscheidung über das Bestehen der Prüfung zu trennen ist, die hier ebenfalls rechtlichen Bestand hat.
38Ist ein Prüfling wirksam und ohne Vorbehalt zur Prüfung zugelassen worden und erbringt er die vorgeschriebenen Prüfungsleistungen, so kann die Prüfung grundsätzlich nicht deshalb für nicht bestanden erklärt werden, weil eine Zulassungsvoraussetzung nicht erfüllt war (vgl. Senatsurteil vom 08.04.1988 - 9 S 708/87 -, NVwZ 1989, 382; s.a. Senatsbeschluss vom 12.02.1988, a.a.O.). Die ÄAppO 1987 unterscheidet zwischen den Zulassungsvoraussetzungen für die Ärztliche Vorprüfung (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ÄAppO 1987) und den Bestandteilen dieser Prüfung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1, § 14, § 15 ÄAppO 1987). § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ÄAppO 1987 bestimmt, dass bei der Meldung zur Ärztlichen Vorprüfung u.a. das Zeugnis über die Allgemeine Hochschulreife vorzulegen ist. Nach § 11 ÄAppO 1987 ist die Zulassung zu versagen, wenn der Prüfungsbewerber die vorgeschriebenen Nachweise nicht vorlegt. Nach diesen Regelungen ist die Hochschulzugangsberechtigung eindeutig - nur - Voraussetzung für die Zulassung zur Ärztlichen Vorprüfung und nicht deren Bestandteil. Die Ärztliche Vorprüfung selbst besteht nach dem klaren Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 1 ÄAppO 1987 aus einer schriftlichen und einer mündlichen Prüfung, deren Inhalt in § 14 und § 15 ÄAppO 1987 geregelt und die unter den in § 13 Abs. 3, § 14 Abs. 6 und § 15 Abs. 7 ÄAppO 1987 normierten Voraussetzungen bestanden ist. Auch die den zwingenden Inhalt von Hochschulprüfungsordnungen festlegende Vorschrift des § 51 Abs. 2 UG a.F. (vgl. auch § 32 Abs. 4 LHG) differenziert zwischen den Anforderungen in der Prüfung (Nr. 3), Art, Zahl und Umfang der Prüfungsleistungen (Nr. 4) sowie den Grundsätzen für die Bewertung der einzelnen Prüfungsleistungen und der Ermittlung des Prüfungsgesamtergebnisses (Nr. 10) einerseits und den Zulassungsvoraussetzungen (Nr. 6) andererseits. Die Zulassung ist auch keine bloße Verfahrenshandlung, sondern ergeht als gesonderte Zulassungsentscheidung mit Verwaltungsaktscharakter (vgl. Senatsurteil vom 08.04.1988, a.a.O.).
39Diese Unterscheidung hat der Beklagte unbeachtet gelassen und nicht berücksichtigt, dass die Täuschung des Klägers nicht die Ebene der Leistungserbringung in der Prüfung und auch nicht die Studienleistungen betraf. Er hat in der angefochtenen Verfügung ausgeführt, mit der Zurücknahme der Zulassung zur Ärztlichen Vorprüfung und zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung verlören alle im Rahmen der Ärztlichen Vorprüfung und des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung erbrachten Prüfungsleistungen ihre Gültigkeit. Dies trifft indes nicht zu. Die Entscheidung über das Bestehen der Prüfung ist ein weiterer, von der Zulassung zur Prüfung zu trennender Verwaltungsakt (Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 698; VG Berlin, Urteil vom 28.02.2013 - 12 K 102.12 -, juris). Diesen Verwaltungsakt hat der Beklagte nicht zurückgenommen. Die Rücknahme der Zulassung zur Prüfung umfasst nicht die Rücknahme des Bestehensbescheids. Auch in seinen Ermessenserwägungen hat sich der Beklagte nur auf die Rücknahme der Zulassung zur Prüfung bezogen und übersehen, dass von der Prüfungszulassung unabhängig das Bestehen der Prüfung festgestellt worden ist und der Kläger sich weiterhin auf die Wirkungen des bestandskräftigen Bestehensbescheids berufen kann. Auch mit Blick auf diese Umstände und den seit Zulassung zur Ärztlichen Vorprüfung vergangenen Zeitraum ist die Rücknahme der Zulassung im vorliegenden Einzelfall ermessensfehlerhaft.
40Auch die von dem Beklagten weiter angeführten Gründe ändern nichts an der Rechtswidrigkeit der Rücknahmeentscheidung. § 48 LVwVfG ist keine prüfungsrechtliche Sanktionsnorm und der Verweis des Beklagten auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.03.2012 (- 6 C 19.11 -, NVwZ 2012, 1188; die Entscheidung betrifft eine Sanktionsnorm, die eine unternommene Prüferbeeinflussung mit einem Bewertungsausschluss belegt; vgl. dazu auch Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 245) geht schon deshalb fehl. Auch darüber hinaus sind die generalpräventiven Erwägungen des Beklagten und seine Bewertung des öffentlichen Interesses an der Rücknahme nicht geeignet, eine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Der Beklagte hat im Übrigen auch nicht ausreichend berücksichtigt - und dies ist für das Gewicht des öffentlichen Interesses insbesondere im Hinblick auf den seit der Prüfungszulassung vergangenen Zeitraum und den erfolgreichen Studienabschluss des Klägers in der Schweiz von Bedeutung -, dass der Kläger nicht mehr im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland lebt und sich hier, wie der Beklagte selbst ausführt, nicht aufhalten darf. Die seiner Entlassung aus der Strafhaft im Jahr 2003 beigefügte Auflage gilt weiterhin. Nachdem der Kläger am 28.11.2012 im Bereich zur tschechischen Grenze festgenommen worden war, als er trotz des bestehenden Verbots in die Bundesrepublik Deutschland eingereist war, und anschließend zur weiteren Verbüßung der Freiheitsstrafe in Haft genommen worden war, verfügte die Strafvollstreckungsabteilung der Staatsanwaltschaft H. unter dem 23.04.2013, dass von der weiteren Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Jahren aus dem Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 15.03.2000 gemäß § 456a StPO zum Zeitpunkt der Abschiebung des Klägers aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland abgesehen wird. Zugleich wurde für den Fall der Rückkehr des Klägers in die Bundesrepublik Deutschland die Nachholung der Vollstreckung gemäß § 456a Abs. 2 Satz 3 StPO angeordnet. Der Kläger ist darüber belehrt worden, dass die Vollstreckungsbehörde die Nachholung der Vollstreckung für den Fall der Rückkehr in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bereits angeordnet hat und dass nach erfolgter Abschiebung hierzu ein Haftbefehl bzw. Unterbringungsbefehl erlassen werden wird.
41Dass der Kläger sein gefälschtes Abiturzeugnis auch der Universität ... vorgelegt hat und die Frage, ob er infolge seiner strafrechtlichen Verurteilung - die nicht das hier streitgegenständliche Verfahren betrifft - unwürdig wäre, in Deutschland den Beruf als Arzt auszuüben, sind jedenfalls keine maßgebenden Ermessensgesichtspunkte für die Rücknahme der Zulassung zur Ärztlichen Vorprüfung.
422. Ist danach die Rücknahme der Zulassung zur Ärztlichen Vorprüfung ermessenfehlerhaft und daher aufzuheben, so gilt nichts anderes für die Zulassung zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung ungeachtet des Umstands, dass der Kläger im hierauf bezogenen Zulassungsverfahren nicht getäuscht hat: Denn der Vorlage der Hochschulzugangsberechtigung bedurfte es hier nicht (vgl. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ÄAppO 1987) und über das Bestehen der Ärztlichen Vorprüfung hat der Kläger nicht getäuscht. Die vom Beklagten in Anspruch genommenen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 LVwVfG lagen im Übrigen auch deshalb nicht vor, weil die Zulassung zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung auch nicht rechtswidrig war; die Zulassungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ÄAppO 1987 waren erfüllt. Insbesondere hat der Kläger die Ärztliche Vorprüfung bestanden, und darauf konnte und kann er sich berufen. Der Bestehensbescheid über die Ärztliche Vorprüfung hat - wie auch der Bestehensbescheid über den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung - Bestand.
433. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
44Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben."
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Saeger
- Rechtsanwalt -
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Hiervon zu unterscheiden ist die öffentlich rechtliche Möglichkeit der Rücknahme.
Wie Sie VGH Mannheim, Urteil vom 19.06.2017 - 9 S 168/15 entnehmen können, bestehen gute Folgeaussichten, wenn Bachelor und Master schon längere Zeit legal geführt worden sind.
M.E. wird es schwer bei Zeiträumen ab 10 Jahren die für sich betrachtet legal erworbenen Abschlüsse zu entziehen.
MfG
D. Saeger
- RA -