Mehrwertsteuer, Innland und EU-Ausland
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Hiller,
ich habe eine Frage zur Mehrwertsteuer, im Grunde sind es zwei Fragen.
Ich bin selbständiger, freiberuflicher Designer, und entwerfe Schriften die ich dann als digitale Schriftdateien (Fonts) zum Verkauf anbiete. Diese Schriftdateien kann man über meinen Webshop http://www.L.type.de bestellen und werden dann automatisch verschickt. Der Kunde installiert die Schriften auf seinem Rechner und kann sie in jedem Programm benutzen (so wie die bereits vorinstallierten Schriften z.B. Times oder Arial). Der Kunde erhält zwar die digitale Schriftdatei, im Grunde erwirbt er mit dem Kauf aber nur die Lizenz zur Benutzung der Schrift, abhängig von der Nutzerzahl.
Beziehend auf § 12 UStG, Abs. 2, Artikel 7 c („die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben“) berechne ich derzeit den ermäßigten Mehrwertsteuersatz (7%). Da in erster Linie Unternehmen bei mir bestellen, berechne ich im EU-Ausland bei Angabe einer USt-IdNr. keine MwSt.
Nun meine Fragen:
1. Nach Lektüre von http://www.steuerlinks.de/richtlinie/ustr-2008/r168.html bin ich mir nicht mehr sicher ob es in meinem Fall zulässig ist, den ermäßigten Steuersatz zu berechnen.
2. Ich habe vor kurzem erfahren, dass ab 2015 bei „elektronisch erbrachte Leistungen“ an private Kunden der Mehrwertsteuersatz des jeweiligen EU-Landes, aus dem der Kunde bestellt, berechnet werden muss.
Nun ist es bei mir so dass private Bestellungen sehr selten vorkommen. Die Großzahl der Bestellungen kommen von Unternehmen.
Die Änderung des Mehrwertsteuersatzes im Bestellungvorgang wäre technisch kein großes Problem, allerdings scheint mir der Mehraufwand bezüglich Steuererklärung unverhältnismäßig (vierteljährliche Umsatzsteuervoranmeldung beim One-Stop-Shop, eventuell jährliche EU-Umsatzsteuererklärung?)
Nun die Frage: Ist es in meinem Fall überhaupt notwendig, den Mehrwertsteuersatz abhängig vom Land des Kunden zu machen, und wenn ja, was wäre die beste (einfachste) Vorhergehensweise für mich?
Vielen Dank und beste Grüße,
L. Ü.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Steuerberater Dipl. Finanzwirt Ulrich Hiller
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre an mich gerichtete Frage!
zu Ihrer Frage Nr. 1:
das von Ihnen zur Frage des auf Ihre Leistungen anzuwendenden Steuersatzes genannte Zitat aus den USt-Richtlinien ist genau genommen überholt, da die USt-Richtlinien (Verwaltungsanweisung) vor einigen Jahren durch den USt-Anwendungserlass (UStAE) ersetzt wurden. Allerdings findet sich auch im UStAE eine entsprechende Regelung wieder, die den Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG aus Sicht der Finanzverwaltung definiert (Abschn. 12.7 UStAE 2010).
Danach sehe ich Ihre Tätigkeit als Designer durchaus innerhalb dieses Anwendungsbereichs, da Sie in erster Linie schöpferisch und kreativ tätig sind und die (urheberrechtlich geschützten) Ergebnisse Ihrer Arbeit zum Kauf anbieten.
Ich sehe somit Ihre Tätigkeit im Bereich der Entwicklung und des Vertriebs von Schriftarten als eine dem ermäßigten Steuersatz (7%) unterliegende Leistung an.
zu Ihrer Frage Nr. 2:
Ab dem 1. 1. 2015 werden Telekommunikationsdienstleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie elektronisch erbrachte Dienstleistungen immer im Land des Dienstleistungsempfängers besteuert
unabhängig davon, ob es sich bei dem Dienstleistungsempfänger um ein Unternehmen oder einen Verbraucher handelt
unabhängig davon, ob der Dienstleistungserbringer seinen Sitz innerhalb oder außerhalb der EU hat.
Hintergrund ist das EU-Mehrwertsteuerpaket 2010, wodurch zum 1. 1. 2015 erneut Änderungen beim Ort von Dienstleistungen erfolgen. Eine Übernahme der entsprechenden Vorschriften in das deutsche Umsatzsteuergesetz ist im Jahr 2014 durch das so genannte "Kroatien-Anpassungsgesetz" erfolgt.
Betroffen ist die Besteuerung der Umsätze für Dienstleistungen der Bereiche Telekommunikation, Rundfunk und Fernsehen sowie elektronische Dienstleistungen an private Endabnehmer mit Wohnsitz im EU-Ausland. Diese Dienstleistungen werden künftig nicht mehr am Ort des leistenden Unternehmers, sondern am Wohnsitz des privaten Endabnehmers umsatzbesteuert. Damit müsste sich der leistende Unternehmer grundsätzlich in jedem einzelnen Land, in dem er Leistungen an Privatpersonen erbringt, umsatzsteuerlich registrieren lassen und dort gegebenenfalls seine jeweiligen Umsätze erklären.
Dies wird jedoch durch die kleine einzige Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer (sog. Mini-one-stop-shop – MOSS) vermieden. Der MOSS ermöglicht es den Unternehmern, sich für die obigen Umsätze nur in einem EU-Land für Umsatzsteuerzwecke registrieren zu lassen, unabhängig davon, in wie vielen anderen EU-Ländern Dienstleistungen erbracht werden. Das Land, in dem die Registrierung erfolgt ist, nimmt die Mehrwertsteuer nach dem im Land des Dienstleistungsempfängers geltenden Steuersatz für alle anderen Länder ein und leitet sie an diese weiter.
Sie haben daher nun bei Umsätzen an private Abnehmer im EU-Ausland ein Wahlrecht, das MOSS-Verfahren anzuwenden (Registrierung beim Bundeszentralamt für Steuern, BZSt, und Abgabe entsprechender Steueranmeldungen) oder sich für die jeweiligen Umsätze in den Wohnsitzstaaten Ihrer Kunden registrieren zu lassen.
Das MOSS-Verfahren dürfte in Ihrem Fall - Sie sagen selbst, dass Umsätze an private Abnehmer selten vorkommen - erheblich weniger Verwaltungsaufwand als die Registrierung in den einzelnen Ländern mit sich bringen.
Der Verzicht auf die Unterscheidung nach dem Wohnsitz des (privaten) Abnehmers ist allerdings nach der ab 1.1.2015 geltenden Rechtslage nicht (mehr) möglich, denn dies ist ja gerade Inhalt der gesetzlichen Neuregelung (§ 3a Abs. 5 UStG). Beachten Sie dies nicht, kann es im Rahmen einer Außen- oder Umsatzsteuer-Sonderprüfung des Finanzamts zu Problemen führen. Leider lässt das Gesetz oder die Ausführungsbestimmungen auch keine Ausnahmen wegen Geringfügigkeit - wie in Ihrem Falle - zu.
Ich kann Ihnen daher (leider) nur empfehlen, sich für das MOSS-Verfahren zu registrieren und entsprechende Steueranmeldungen beim BZSt einzureichen.
Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen weiterhelfen und verständlich genug sind. Sollte dies nicht der Fall sein, nutzen Sie bitte die kostenfreie Rückfragefunktion auf dieser Seite. Wenn Sie zufrieden sind, freue ich mich über eine gute Bewertung.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Hiller
Steuerberater
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vielen Dank für die ausführliche Antwort. Nur nochmal zur Klärung: Es handelt sich also bei meinen Schriftlizenzen in jedem Fall um "elektronisch erbrachte Dienstleistungen", obwohl ich ja in erster Linie die Nutzungsrechte verkaufe (und in diesem Zusammenhang natürlich die Schriftdateien versende)?
ja, in diesem Falle schon. Zum einen handelt es sich bei der Einräumung von Lizenzen um eine "Sonstige Leistung" im umsatzsteuerlichen Sinne. Zum anderen wird diese Leisung elektronisch erbracht, da die Transaktion über einen Webshop abgewickelt wird. Der Kunde lädt die Datei direkt herunter, nachdem er seine Daten und Zahlungsinfos eingegeben hat, ohne dass es eines Eingreifens durch Sie bedarf. Meines Erachtens ist dies ein Fall, der genau unter die gesetzliche Neuregelung passt. Änders sähe die Sache m.E. aus, wenn Sie die Datei auf telefonische Bestellung des Kunden auf einer Daten-CD (per Post) versenden; dies wäre keine elektronisch erbrachte Leistung.
Viele Grüße
Ulrich Hiller
Steuerberater
L.Ü.
UH