EÜR: Bezogene Fremdleistungen vs. EDV-Kosten, Werbekosten, Rechtsberatung etc.
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Christiansen,
ich bin als Einzelunternehmer bei einem deutschen Finanzamt gemeldet. Die Buchhaltung übernehme ich selbst, wobei ich nach DATEV SKR03 kontiere. Den rechnerischen Abschluss eines Wirtschaftsjahres erledige ich mit einer Einnahmeüberschussrechnung (EÜR).
Gerne will ich mir von Ihnen für die Anwendung in der Buchhaltung erklären lassen, wann eine Fremdleistung auch als solche zu buchen ist, und wann die Leistung eher einem anderen Buchungskoto zuzuschreiben ist.
1.)
Anfangen will ich gerne mit den zwei Automatikkontos, die ich für den Erwerbung von Leistungen aus dem EU-Ausland/Drittland nutze:
3123 - Sonstige Leistungen eines im anderen EU-Land ansässigen Unternehmers
3125 - Leistungen eines im Ausland (Drittland) ansässigen Unternehmers
In der Software "Wiso Mein Büro" werden die Buchungen auf eines der beiden Automatikkonten den bezogenen Fremdleistungen (Kennzahl 110) in der EÜR hinzugeschrieben.
Konkretes Beispiel:
Wenn ich über Google Werbung für meine Produkte schalte, erhalte ich als Unternehmer eine Rechnung von Google aus Irland mit einem Hinweis auf das Reverse Charge Verfahren. Ich nutze hier bisher das Automatikkonto 3123 in meiner Buchhaltungssoftware. Die Umsatz- und Vorsteuer werden so automatisch berechnet und den jeweiligen Buchungskoten hinzugeschrieben.
Meiner Ansicht nach handelt es sich bei der empfangenen Werbeleistung von Google aus Irland jedoch um Werbekosten (4600).
a.) Wie ist in meinem konkreten Beispiel hinsichtlich einer Buchung auf das Konto 3123 und 4600 zu verfahren?
b.) Genügt es, wenn die Werbekosten den bezogenen Fremdleistungen (EÜR, Kennzahl 110) zugeschrieben werden?
2.)
Wann ist bei dem Erwerb einer Fremdleistung aus dem Inland eine Buchung auf folgendes Konto vorzunehmen:
4909 Fremdleistungen (EÜR, Kennzahl 183)
und wann ist die erworbene Fremdleistung auf eines der beispielhaften Konten zu buchen:
4600 Werbekosten (EÜR, Kennzahl 224)
4806 Wartungskosten für Hard- und Software (EÜR, Kennzahl 228)
4950 Rechts- und Beratungskosten (EÜR, Kennzahl 194)
4964 Überlassung von Rechten, (Software-)Lizenzen, Konzessionen (EÜR - Kennzahl 183)
a.) Ich lasse mir eine Webseite von einem Unternehmen erstellen. Buche ich die entstanden Kosten auf das Konto Fremdleistungen (4909) oder auf Wartungskosten für Hard- und Software (4806)?
b.) Ich nutze eine kostenpflichtige App für ein Zeiterfassungssystem. Ich Grund genommen habe ich eine Softwarelizenz für die App erworben. Erfasse ich die Kosten auf dem Konto Fremdleistungen (4909) oder auf dem Konto Überlassung von Rechten/Lizenzen (4964)?
c.) Die Plattform yourXpert erbringt eine Vermittlungsleistung zu Ihnen als Steuerberater. Buche ich die Vermittlungsgebühr von yourXpert als eine Form der Nebenkosten auf das Konto Rechts- und Beratungskosten (4950) oder trenne ich hier und Buche die Vermittlungsgebühr als Fremdleistung (4909)?
3.)
In „Wiso Mein Büro“ ist das Konto Fremdleistungen (4909) den „übrigen unbeschränkten abziehbaren Betriebsausgaben“ (EÜR, Kennzahl 183) zugeordnet. Eventuell passt das nicht so ganz, und die Fremdleistungen (4909) sollten eher den bezogenen Fremdleistungen (EÜR, Kennzahl 110) zugeordnet werden.
Wann ist eine Fremdleistung in der EÜR den bezogenen Fremdleistungen (Kennzahl 110) und wann den übrigen unbeschränkt abziehbaren Betriebsausgaben (Kennzahl 183) zuzuschreiben?
Vielen Dank und viele Grüße
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Antwort von Steuerberater Knut Christiansen
Hallo und vielen Dank für die erneute Beauftragung!
Gerne beantworte ich Ihnen Ihre Fragen.
1a) Grundsätzlich haben Sie natürlich Recht. Es handelt sich im Grunde um Werbekosten. Sie könnten entweder auf 3123 mit Umsatzsteuerautomatik buchen oder, wenn bei der Wiso-Software möglich, auf 4600 mit entsprechendem Steuerschlüssel, so dass die Umsatzsteuer/Vorsteuer abenfalls automatisch gebucht wird (ich kenne den Steuerschlüssen bei Wiso aber leider nicht; ich meine in Datev wre es "94"). Alternativ buchen Sie den Nettowert auf 4600 (z.B. 4600 an 1200) und dann die Umsatzsteuer/Vorsteuer per 1577 an 1787 manuell.
b) Es wäre nicht verboten, wenn Sie die Werbekosten auf dem Konto Fremdleistungen in der EÜR ausweisen. Wichtig ist, dass ein Aufwandskonto gebucht ist und Sie die Umsatzsteuer/Vorsteuer korrekt melden. Sie könntes es also auch einfach auf 3123 belassen.
2a) Weder noch: sofern Sie eine Website erstellen lassen, handelt es sich um ein immaterielles Wirtschaftsgut. Daher wäre diese als Anlagegut zu aktivieren und über 3 Jahre abzuschreiben.
2b) Hier sollten Sie das Konto 4964 verwenden, da Sie quasi die Rechte für die Nutzung der Software bezahlen.
2c) Diese Kosten gehören unmittelbar zu den Beratungskosten und sollten daher auch dort verbucht werden.
3) Bezogene Fremdleistungen unter Kennzahl 110 sind im Grunde genommen Kosten, die im produzierenden Gewerbe oder im Handwerk anfallen. Wenn Sie z.B. ein Produkt herstellen, das verkauft wird, und neben eigenen Aufwendungen durch Materialeinkauf und Kosten für eigenes Personal werden z.B. noch Leistungen eines Subunternehmers beansprucht, der für dieses Produkt oder ein Projekt konkret eine Leistung erbringt, gehören diese Kosten dorthin. Fremdleistungen, die außerhalb der eigenen Leistungserstellung bezogen werden (z.B. im Vertrieb), dann gehören die Kosten auf Konto 4909.
Ich hoffe Ihre Fragen damit beantwortet zu haben, sonst melden Sie sich gerne noch einmal. Ansonsten wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende!
Viele Grüße!
Knut Christiansen
Steuerberater
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Ich glaube an meiner immer ähnlichen Einleitung haben Sie mich enttarnt oder können Sie meinen Namen bei yourXpert sehen? Ich habe noch einige andere Themen, die in den kommenden Tagen kommen werden :-)
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Rückfragen zu 2a.)
Ich habe meine Webseite im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags von einem anderen Unternehmen errichten lassen. Ich habe im Jahr 2021 in drei Monaten Rechnungen erhalten (insgesamt ca. 2000€ zzgl. 19% Ust).
Erstelle ich mit der ersten Rechnung ein neues Anlagegut "Website" und nutze das Anlagekonto „EDV-Software“ (0027) und mit jeder weiteren Rechnung gibt es dann einen Zugang zum Anlagegut, oder lege ich erst mit der letzten Rechnung das Anlagegut "Website" an und weise dem Analagegut den kumulierten Nettobetrag aller Rechnungen zu?
Neben der Webseite habe ich von einem anderen Unternehmen aus Österreich, ebenfalls im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags, einen Videokurs/Lernvideos mit IT-Inhalten aufzeichnen und nachbearbeiten lassen, den ich nun als Produkt über ein Nebengewerbe online verkaufe. Ich gehe nun davon aus, dass es sich bei dem Videokurs mit Lernvideos auch um ein immaterielles Wirtschaftsgut handelt, oder etwa nicht? Sofern der Videokurs als immaterielles Wirtschaftsgut zu bewerten ist, bitte ich Sie darum mir mitzuteilen welches Anlagekonto ich verwenden soll und über wie viele Jahre die Abschreibung für ein solches digitales Produkt läuft.
Vielen Dank und Grüße
Ihre Einleitung ist sehr einprägsam, daher die "Enttarnung". Namen kann ich hier nicht erkennen.
Sie können die Anzahlungen auf die Website bitte zunächst auf das Konto 0039 ( Geleistete Anzahlungen auf immaterielle Vermögensgegenstände) buchen. Bei Fertigstellung buchen Sie dann um auf Konto 0027 und aktivieren die Seite.
Zu dem Videokurs: buchen Sie diese Kosten bitte auf Konto 0025 (Ähnliche Rechte und Werte). Die Nutzungsdauer würde ich davon abhängig machen, wie lange Sie das Video voraussichtlich nutzen können.
Viele Grüße!
Knut Christiansen
Website:
Das Vorgehen bei der Ersterstellung der Webseite habe ich verstanden.
Sind zukünftige Erweiterungen/Zusatzmodule der Webseite als Zugang zur Anlage zu buchen, oder als Wartung?
Unter was ist die Wartung (z.B. Behebung von Softwarefehlern) der Website zu buchen -> 4806?
Videokurs:
Auch hier habe ich mehrere Rechnungen des Unternehmens erhalten, das die Videoaufzeichnungen angefertigt hat. Das liefernde Unternehmen kommt aus Österreich, das Reverse Charge Verfahren kam zum Einsatz.
Ist folgendes pro Rechnung zu buchen?
per 3123 an 1200
per 0025 an 3123
Wobei ich hier auch etwas wie 0039 (geleistete Anzahlungen) erwarten würde. Was meinen Sie?
Vielen Dank und Grüße
die Wartung (Behebung von Fehlern) können Sie auf 4806 buchen. Sollte die Website aber ggfs. um bestimmte Funktionen erweitert werden, wären diese Kosten nach zu aktivieren und auf Konto 0027 zu buchen.
Zum Videokurs: Die Buchung wäre grundsätzlich auch zunächst bis zur Fertigstellung auf 0039 zu machen(also 31230 an 1200 und dann 0039 an 3123), wobei Sie darauf achten müssten, dass die Umsatzsteuerautomatik bei der Umbuchung von 3123 auf 0039 deaktiviert wird. Sonst wird ggfs. die UStVA nicht mehr stimmen. Nach Fertigstellung buchen Sie dann auch hier um von 0039 auf 0025.
Viele Grüße!
Ich habe mir in diesem Jahr ein Logo für meine unternehmerische Webseite von einer Werbeagentur erstellen lassen und für die Benutzung des Logos eine lebenslange Lizenz eingeräumt bekommen, Kostenpunkt 950€ zzgl. USt.
Bin ich richtig der Annahme, dass es sich bei dem Logo um ein immaterielles Wirtschaftsgut handelt? Falls ja, über viele Jahre muss ich das Logo aktivieren?
Die Kosten für das Logo wären als immaterielles Wirtschaftsgut zu behandeln. Steuerrechtlich wird eigentlich eine Nutzungsdauer von 15 Jahren vorgegeben, es sei denn, man weist eine kürzere Nutzungsdauer nach. Ich persönlich würde an Ihrer Stelle max. 5 Jahre ansetzen (eher 3). Da die Kosten mit 950€ netto auch überschaubar sind, sollten Sie hier auch keine großen Probleme mit dem Finanzamt bekommen.
Viele Grüße und bis bald :-)