Beratung
Fragestellung
Kann eine Erbin die Schulden des Erblassers unterschlagen?
Was besagen die §§ 1980 und 1974 BGB?
Die 2. Frau meines Ex-Mannes hat als Alleinerbin dem Nachlassgericht 1/2 Haus als Erbe angegeben, die Schulden unterschlagen und das vorhandene Barvermögen falsch angegeben. Sie bekam einen Erbschein und hat sich mit diesem Erbschein ins Grundbuch eingetragen, in dem der Erblasser noch stand, weil die Bank sich trotz Aufforderung nicht gerührt hat.
Es geht um ein von mir bezahltes Darlehen meines Ex-Mannes. Die Forderung der Bank gegen den Darlehensnehmer ging am 4.2.04 mit meiner letzten Zahlung auf mich über. Bis zum Tod meines Ex-Mannes am 23.12.09 war die Verjährung gehemmt.
Die Erbin ist der Meinung, die Schulden hätten sich mit der Unterhaltszahlung erledigt.
Es existiert ein beeidetes (falsches) Nachlassverzeichnis.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Jan Wilking
Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
§ 1980 BGB setzt eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit voraus. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn die fälligen Zahlungspflichten nicht erfüllt werden können (§ 17 Abs. 2S. 1 InsO). Überschuldung bedeutet, dass die Schulden den Wert des Erbes übersteigen. Wenn in Ihrem Fall zum Zeitpunkt des Erbfalls der Wert des Hauses und das Barvermögen höher als die Schulden waren, dann dürfte § 1974 BGB nicht einschlägig sein.
§ 1974 BGB gibt dem Erben das Recht zur Einrede und damit Verweigerung der Erfüllung gegenüber Forderungen, die später als fünf Jahre nach dem Erbfall dem Erben gegenüber geltend macht werden. § 1974 BGB greift aber nicht, wenn dem Erben die Forderung vor Fristablauf bekannt geworden ist, egal auf welchem Wege.
Die Einrede ist auch gemäß § 2013 BGB ausgeschlossen, wenn der Erbe uneingeschränkt haftet. § 2005 BGB sieht eine unbeschränkte Haftung des Erben bei Unrichtigkeit des Inventars vor. § 2005 Absatz 1 BGB greift aber nur bei unvollständiger Angabe der Nachlassgegenstände sowie der Aufnahme in Wirklichkeit nicht bestehender Schulden, das Weglassen von tatsächlich vorhandenen Schulden ist dagegen nicht von der Vorschrift umfasst.
Da aber selbst bei unbeschränkter Haftung des Erben eine Verjährung der Forderung in Betracht kommt, sollten Sie sich unverzüglich an einen auf Erb- und Vertragsrecht spezialisierten Anwalt vor Ort wenden, wenn die Erbin die Erfüllung Ihrer Forderung weiterhin verweigert.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Wilking, Rechtsanwalt
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Dieser Punkt lässt sich nicht pauschal beantworten, weshalb ich in meiner Antwort nur auf den Fall des für Sie als Gläubigerin relevanten § 2005 BGB eingegangen bin. Dort ist das Unterschlagen von Schulden wie bereits geschrieben nicht relevant.
Grundsätzlich gilt: Bei Pflichtteilsansprüchen muss umfassend Auskunft gegeben werden. Das Nachlassverzeichnis muss also neben den Vermögenswerten (Aktiva) auch alle Verbindlichkeiten (Passiva, z.B. Geldschulden) enthalten, die zum Zeitpunkt des Erbfalles noch bestanden. Gleiches gilt bei der Anordnung einer Testamentsvollstreckung. In allen anderen Fällen genügt es, Auskunft über die Aktiva zu geben.
Der Erbe, der die Erbschaft angenommen hat, muss gemäß § 1980 BGB unverzüglich das Nachlassinsolvenzverfahren beantragen, sobald er Kenntnis der Überschuldung des Nachlasses erlangt. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, ist er den Gläubigern gegenüber schadensersatzpflichtig. Auf ein Verschweigen von Schulden gegenüber Dritten kommt es bezüglich des Schadensersatzanspruches nicht an, sondern nur, ob der Erbe von der Überschuldung wusste und dennoch keine Nachlassinsolvenz beantragt hat.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Wilking, Rechtsanwalt