Baurecht, Hessische Bauordnung §27
Fragestellung
Wir sanieren zur Zeit ein 200 Jahre altes Fachwerkhaus (kein Denkmalschutz). In der Wand zum Nachbargrundstück befand sich ein kleines Fenster (40x40cm), das wir erneuert und daneben ein zusätzliches eingebaut haben (40x60cm). Auf dem Nachbargrundstück soll ein neues Wohngebäude errichtet werden. Der Bauherr verweist auf die Hessische Bauordnung §27 (1), (2), (8) und fordert uns auf, aus Brandschutzgründen die "neu erstellten Öffnungen in der Brandwand" wieder zu verschließen.
Unsere Fragen: Ist diese Forderung bei einem so alten Haus, das in keinster Weise der heutigen Brandschutznorm entspricht, rechtlich korrekt? Besteht die Möglichkeit, die Fenster zu erhalten?
Im Anhang die Aufforderung des zukünftigen Nachbarn.
Freundliche Grüße
W. und S. Martin
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Antwort von Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:
Hier nochmals der Vollständigkeit und Übersichtlichkeit halber die vom Nachbar zitierte Norm in den relevanten Auszügen:
"§ 27 HBO – Brandwände
(1) Brandwände müssen so beschaffen sein, dass sie bei einem Brand ausreichend lang standsicher bleiben und die Ausbreitung von Feuer und Rauch auf andere Gebäude oder Gebäudeabschnitte ausreichend lang verhindern.
(2) Brandwände sind herzustellen
1.
zum Abschluss von Gebäuden (Gebäudeabschlusswand), bei denen diese Abschlusswände an der Nachbargrenze oder mit einem Abstand bis zu 2,50 m gegenüber der Nachbargrenze errichtet werden, es sei denn, dass ein Abstand von mindestens 5 m zu bestehenden oder nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden öffentlich-rechtlich gesichert ist, [...]
(3) Anstelle von Brandwänden nach Abs. 2 sind Wände zulässig, die die Anforderungen der Nr. 4.2 und 4.3 der Anlage 1 erfüllen.
[...]
(8) Öffnungen in Brandwänden sind unzulässig. Sie sind in inneren Brandwänden [Innere Brandwände sind zur Unterteilung in ausgedehnten Gebäuden vorzusehen, hier nicht] nur zulässig, wenn sie nach Zahl und Größe auf das für die Nutzung erforderliche Maß beschränkt sind; die Öffnungen müssen Feuerschutzabschlüsse entsprechend Nr. 4.4 der Anlage 1 haben."
(9) In inneren Brandwänden sind Verglasungen entsprechend Nr. 4.5 der Anlage 1 zulässig, wenn sie nach Zahl und Größe auf das für die Nutzung erforderliche Maß beschränkt sind."
Grundsätzlich muss nicht eine bestandskräftig genehmigte bauliche Anlage allen neuen Vorschriften entsprechen, auch nicht beim Brandschutz. Aber bei einer Gefahr für Leib und Leben beziehungsweise anderer wichtiger Rechtsgüter kann auch anderes gelten, vergleiche § 77 HBO – Anwendung auf bestehende bauliche und andere Anlagen und Einrichtungen.
Das lässt sich aber nur anhand des konkreten Einzelfalls festmachen, also anhand des konkreten Bauvorhabens des Nachbarn, so dass ich mich an Ihrer Stelle bei der Baubehörde erkundigen würden. Es ist also nicht ganz ausgeschlossen, dass die Öffnungen beseitigt werden müssen:
Aber es ist auch nicht so ausschließlich, wie es von Ihrem Nachbarn genannt wurde.
Schließlich darf man nicht vergessen, dass Sie zuerst bauen durften und gebaut haben und sich die Frage stellt, ob Sie nicht Kostenersatz von dem Nachbarn fordern können, es sei denn, Sie mussten unter regelmäßigen Umständen davon ausgehen, dass alsbald auch von dem Nachbarn gebaut werden würde. Dann würde das ausscheiden.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
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