Angaben zum Fristbeginn und zur Fristdauer müssen direkt in der Widerrufsbelehrung zu einer Lebensversicherung bzw. Rentenversicherung zu finden sein. Ansonsten ist die Belehrung fehlerhaft und die Police kann noch Jahre nach Abschluss widerrufen werden. Das stellte das Oberlandesgericht Karlsruhe mit Urteil vom 19. Januar 2016 klar (Az.: 12 U 116/15).
Ähnlich wie bei Darlehensverträgen können auch Lebens- und Rentenversicherungen widerrufen werden, wenn der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über seine Widerspruchsmöglichkeiten belehrt wurde. Denn dann wurde die Frist zum Widerspruch nicht in Gang gesetzt und es gilt das „ewige“ Widerrufsrecht. Die Police kann dann auch Jahre nach Abschluss rückabgewickelt werden und der Verbraucher erhält die bereits geleisteten Prämien zurück.
In dem Fall vor dem OLG Karlsruhe hatte eine Frau auf Rückerstattung der geleisteten Prämien geklagt. Sie hatte 2004 eine fondsgebundene Rentenversicherung nach dem Policenmodell abgeschlossen. Rund zehn Jahre später erklärte sie den Widerspruch, den der Versicherer nicht akzeptierte. Schließlich hatten die Gerichte zu entscheiden. In erster Instanz blieb die Klage noch erfolglos, das OLG Karlsruhe gab der Klage jedoch statt.
Es entschied, dass der Versicherer eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet habe und die Widerrufsfrist deshalb nicht in Lauf gesetzt wurde. Daher sei der Widerspruch fristgerecht erfolgt. Das OLG stellte klar, dass eine Widerrufsbelehrung nur dann ordnungsgemäß erfolgt sei, wenn der Verbraucher schriftlich und in drucktechnisch deutlicher Form über sein Widerspruchsrecht, Beginn der Widerspruchsfrist und Dauer der Widerspruchsfrist belehrt wurde. Alle diese Angaben müssten direkt in der Widerrufsbelehrung zu finden sein. Entsprechende Angaben in den Verbraucherinformationen, so wie im vorliegenden Fall, seien hingegen nicht ausreichend. Daher hat die Klägerin Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Prämien zzgl. Zinsen. Beträge für den gewährten Versicherungsschutz, für die abgeführte Kapitalertragssteuer und Solidaritätszuschlag werden von dieser Summe abgezogen.
Rechtliche Einschätzung der Kanzlei Kreutzer, München: Das OLG Karlsruhe folgt mit diesem Urteil ganz der verbraucherfreundlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Demnach ist bei formalen oder inhaltlichen Fehlern in der Widerspruchsbelehrung die Rückabwicklung auch Jahre nach Vertragsschluss möglich. Für die Verbraucher ist der Widerspruch damit die lukrative Alternative zur Kündigung, da er sich nicht mit dem meist bescheidenen Rückkaufswert begnügen muss. Auch die Abschluss- und Verwaltungskosten dürfen nicht zu Lasten des Verbrauchers berechnet werden.