Es hat schon was von einem Déjà-Vu-Erlebnis: Schon zum zweiten Mal bleibt eine wichtige Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs zu der Thematik Darlehenswiderruf aus, weil sich die Parteien noch kurz vor der Verhandlung außergerichtlich einigen.
Hätten die Karlsruher Richter im Sommer zur Verwirkung des Widerrufsrechts eine Grundsatzentscheidung fällen sollen, so wäre es am 15. Dezember um die treuwidrige Ausübung des Widerrufsrechts gegangen (XI ZR 180/15). Damals wie heute haben sich die Parteien allerdings noch kurz vor Verhandlungsbeginn außergerichtlich geeinigt.
Dass die Verhandlung vor dem BGH noch platzen würde, deutete sich bereits vor einigen Tagen an. Denn ursprünglich war der 1. Dezember als Verhandlungstermin geplant gewesen. Auf Wunsch der beteiligten Parteien wurde der Termin auf den 15. Dezember verschoben. Diese Zeit wurde nun offenbar für eine außergerichtliche Einigung genutzt.
Im Zentrum der Verhandlung hätte die Frage gestanden, ob die Motivation eines Verbrauchers den Widerruf zu erklären, Einfluss auf dessen Wirksamkeit hat. Denn in dem Fall hatte der Verbraucher ein Darlehen aufgenommen, um damit teilweise seine Beteiligung an einem geschlossenen Fonds zu finanzieren. Die Kapitalanlage erfüllte die Erwartungen nicht, so dass der Verbraucher Jahre später den Widerruf erklärte. Dadurch sollte sowohl der Darlehensvertrag als auch die Fondsbeteiligung rückabgewickelt werden.
Das OLG Hamburg erkannte zwar die fehlerhafte Widerrufsbelehrung. Allerdings habe der Verbraucher nur widerrufen, um sich von der unrentablen Fondsbeteiligung zu lösen. Damit habe er sein Widerrufsrecht treuwidrig ausgeübt.
Rechtliche Einschätzung der Kanzlei Kreutzer, München: Bisher hatte der Bundesgerichtshof in Sachen Darlehenswiderruf verbraucherfreundlich entschieden. Es kann angenommen werden, dass er dieser Linie treu geblieben wäre. Daher liegt die Vermutung nahe, dass die Banken derartige Grundsatzentscheidungen vermeiden wollen und deshalb hinter den Kulissen noch an außergerichtlichen Einigungen arbeiten. Gleichzeitig lässt das aber auch den Schluss zu, dass die Banken wissen, dass sie mit ihrer Argumentation auf wackeligen Füßen stehen und die Ablehnung eines Darlehenswiderrufs wegen Verwirkung oder treuwidrigen Ausübung des Widerrufsrechts nur in den seltensten Fällen haltbar ist. Insofern sind auch die ausgebliebenen Grundsatzentscheidungen des BGH ein deutlicher Beleg dafür, dass die Verbraucher gute Chancen haben, ihr Darlehen zu widerrufen, wenn die Bank eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet hat.