Umsatzssteuerliche Behandlung eines betrieblichen PKWs für private Zwecke
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Christiansen,
ich habe mich unter anderem in der vergangenen Woche bereits an Sie bzgl. der Kontierung von GWGs und dem Reverse Charge Verfahren gewandt.
Ich bin in Deutschland Einzelunternehmer und erfülle die Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug.
Mein Einzelunternehmen hat im Jahr 2018 einen Neuwagen von einem deutschen Autohandler erworben und die in der Rechnung enthaltende Umsatzsteuer (19%) als Vorsteuer geltend gemacht. Das Fahrzeug wurde im Anlageverzeichnis des Unternehmens aufgenommen und wird linear über 6 Jahre abgeschrieben. Zusätzlich aufgenommen zum Anlagegut wurde ein Winterkompletträdersatz.
Neben betrieblichen Fahrten nutze ich das PKW auch privat und führe ein manipulationssicheres digitales Fahrtenbuch (Fleetize), welches den Anforderungen des Finanzamts genügt, um so klar zwischen betrieblichem und privatem Anteil trennen zu können.
Im Jahr 2018 und 2019 überwog mit mehr als 70% die betriebliche Nutzung des PKWs. Aufgrund der Corona-Pandemie und dem Wunsch meiner Kunden fast ausschließlich von Remote zu arbeiten, verlagert sich nun das Nutzungsverhältnis des PKWs: Es werden wohl im Jahr 2020 etwa 70% private Nutzung und 30% betriebliche Nutzung des PKWs werden, wenngleich die Jahresfahrleistung im Vergleich zu den Vorjahren wesentlich geringer ausfällt.
In diesem Jahr kommt erschwerend hinzu, dass die Umsatzsteuer vorübergehend von 19% auf 16% umgestellt wurde, woraus sich für mich Fragen bei der umsatzsteuerlichen Behandlung des betrieblichen PKWs für private Zwecke ergeben.
Für die Berechnung der Bemessungsgrundlage für die private PKW-Nutzung ziehe ich den AfA Auflösungsbetrag, laufende Kosten (z.B. Kraftstoff, Schmierstoffe), Reparatur/Wartung/Pflege, Versicherung, Kfz-Steuer und sonstige Kosten wie einen Schutzbrief und Verkehrsrechtschutz heran und teile diese in umsatzsteuerfreie und umsatzsteuerbehaftete Kosten auf. Anschließend habe ich den für die Privatnutzung fälligen umsatzsteuerfeien und umsatzsteuerpflichten Kostenanteil sowie die Umsatzsteuer auf die Privatnutzung (z.B. 28,25%) ausgerechnet. In der Regel ergaben sich so in etwa 2000€ zuzüglich ca. 380€ an Umsatzsatzsteuer für sonstige Leistungen nach § 3 Abs. 9a UStG, die ich jährlich an das Finanzamt abführen musste. Diesen Wert habe ich gezwölftelt (etwa 170€ als Bemessungsgrundlage zuzüglich ca. 32€ an USt.) und monatlich bei der Umsatzsteuer-Voranmeldung angegeben. Die exakten Kosten für die private Nutzung des betrieblichen PKWs habe ich dann über die Einnahmeüberschussrechnung und Umsatzsteuererklärung angegeben.
Da inzwischen absehbar ist, dass das Nutzungsverhältnis für den PKW im aktuellen Jahr wegen der Corona-Pandemie anders ausfällt als in den vergangenen Jahren, hänge ich so zu sagen mit den Umsatzsteuer-Vorauszahlungen "hinterher". Anstelle der üblichen jährlich fälligen Umsatzsteuer für die private KFZ-Nutzung von ca. 380€, werden es wohl in diesem Jahr eher ca. 900€ werden, obwohl die jährliche Fahrleistung niedriger ist. Zu Buche schlägt hier vor allem der umsatzsteuerbehafte AfA Auflösungsbetrag des PKWs.
Ich suche nun nach einer pragmatischen Lösung dieses Problem zu lösen: Einfach in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat November und Dezember statt 32€ nun ca. 300€ angeben und zusätzlich im Feld "Ergänzende Angabe zur Steueranmeldung" einen Hinweis zum Sachverhalt für das Finanzamt machen?
Wie oben geschrieben, war die Rechnung des PKWs im Jahr 2018 mit 19% USt. behaftet. Die unentgeltliche Wertabgabe des PKWs erfolgt jedoch mitunter in einer Zeit, in der temporär eine Umsatzsteuer von 16% gilt. Wird für den Zeitraum Juli bis Dezember 2020 für den privaten Anteil des AfA Auflösungsbetrags nun eine Umsatzsteuer von 16% oder 19% fällig? Daraus ergibt sich nämlich auch, ob in der Umsatzsteuer-Voranmeldung und -Erklärung dieser Betrag zum Steuersatz von 19% oder zu einem anderen Steuersatz (16%) anzugeben ist.
Darüber hinaus habe ich die Frage, ob ich das private Nutzungsverhältnis aufgrund der Änderung des Umsatzsteuersatzes anstelle für das gesamte Jahr, nun einmal für die ersten 6 Monate (z.B. 40% Privatnutzung) bezogen auf 19% Umsatzsteuer und einmal auf die letzten 6 Monate (z.B. 80% Privatnutzung) bezogen auf 16% Umsatzsteuer vornehmen muss?
Ich freue mich sehr, wenn Sie auch dieses Mal meine Fragen beantworten können.
Mit freundlichen Grüßen,
M. M.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Knut Christiansen
Guten Morgen und vielen Dank für die erneute Beauftragung bei yourXpert!
Ihre Fragen beantworte ich Ihnen gerne.
In der Praxis kommt es, wenn ein Fahrtenbuch zum Einsatz kommt, häufig vor, dass der private Nutzungsanteil zunächst monatlich geschätzt wird und dann im Rahmen der Steuererklärung der genaue Anteil ermittelt wird. So ist es z.B. theoretisch auch möglich, zunächst die 1%-Regelung anzuwenden und dann im Rahmen der Steuererklärung die Fahrtenbuchmethode anzuwenden. Man kann also schauen, welche der beiden Möglichkeiten steuerlich günstiger ist. Allerdings darf die 1%-Regelung grundsätzlich nur dann zur Anwendung kommen, wenn die betriebliche Nutzung über 50% liegt. Was ich nur damit sagen will: Abweichungen sind durchaus möglich und führen nicht automatisch zu einer Überprüfung durch das Finanzamt.
Für Sie heißt das konkret, dass Sie, wenn Sie schon jetzt "gegensteuern" wollen, die private Nutzung für die Monate November und Dezember erhöhen, um auf einen nahezu richtigen Wert zu kommen. Das müssten Sie auch im Rahmen der Voranmeldung nicht weiter erläutern. Hier können Sie auf Rückfragen des Finanzamtes warten, wobei ich nicht glaube, dass hier aufgrund der Voranmeldung Rückfragen kommen werden.
Ansonsten ist der Nutzungsanteil für das gesamte Kalenderjahr zu ermitteln. Sie rechnen also den gesamten Privatanteil (%) für 2020 aus und verteilen jeweils 1/12 pro Monat gleichmäßig auf die Monate Januar bis Dezember. Für 1-6/2020 berechnen Sie dann 19% USt, für 7-12/2020 dann 16%. Bzgl. des Steuersatzes ist es unerheblich, ob Sie bei Kauf 19% Vorsteuer geltend machen konnten, Sie können für das 2. Halbjahr 2020 trotzdem den Privatanteil mit 16% versteuern. Genauso müssten Sie z.B. bei einer Umsatzsteuererhöhung einen höheren Prozentwert ansetzen, auch wenn Sie einen geringeren Umsatzsteuersatz bei Kauf hätten abziehen können.
Bzgl. des wahrscheinlich zu geringen Ansatzes in den Monaten Januar bis Juni (19% USt) könnten Sie entweder eine Korrektur über die einzelnen Voranmeldungen vornehmen (Berichtigungen abgeben) oder Sie nehmen diese in der Jahreserklärung vor.
Ich hoffe Ihre Frage damit beantwortet zu haben, sonst stellen Sie gerne kostenfreie Rückfragen ein.
Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass dieses Forum eine ausführliche und persönliche steuerliche Beratung nicht ersetzen kann, sondern vor allem dafür gedacht ist, eine erste steuerliche Einschätzung zu ermöglichen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen könnte die rechtliche Beurteilung Ihres Anliegens anders ausfallen.
Mit freundlichen Grüßen
Knut Christiansen
Steuerberater
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Antwort des Experten: Vielen Dank für das Kompliment :-)
haben Sie vielen Dank für Ihre Erläuterungen. Insbesondere der Hinweis, dass für die Privatnutzung des PKWs für 7-12/2020 nur 16% USt. anfallen, obwohl das Fahrzeug mit 19% USt. gekauft wurde, ist sehr brauchbar.
Ich will gerne noch ein an die Realität angelehntes Beispiel bringen und bitte Sie mein Vorgehen zu überprüfen.
Gesamtfahrleistung 1-6/2020: 3.000km
davon privat gefahren: 1.200km (Privatanteil: 40%)
umsatzsteuerfrei: 1000€
umsatzsteuerpflichtig 19% (netto): 3000€
zzgl. Umsatzsteuer 19%: 570€
Gesamtfahrleistung 7-12/2020: 9.000km
davon privat gefahren: 7.200km (Privatanteil: 80%)
umsatzsteuerfrei: 1000€
umsatzsteuerpflichtig 16% (netto): 4000€
zzgl. Umsatzsteuer 16%: 640€
Gesamtfahrleistung im Jahr 2020:12.000km
davon privat gefahren: 8.400km (Privatanteil: 70%).
Umsatzsteuerfrei: 2000€
umsatzsteuerpflichtig 19% (netto): 3000€
umsatzsteuerpflichtig 16% (netto): 4000€
zzgl. Umsatzsteuer 19%: 570€
zzgl. Umsatzsteuer 16%: 640€
Meine Grundannahme war folgende gewesen, ich zahle in 1-6/2020 basierend auf meiner Privatnutzung 40% der angefallenen USt. sowie in 7-12/2020 basierend auf meiner Privatnutzung 80% der angefallenen USt.
USt. 19%: 570€ * 40% = 222,80€
USt. 16%: 640€ * 80% = 512€
gesamt zu zahlende USt. = 734,80€
Nach Ihren Ausführungen ist meine Rechnung jedoch falsch und muss stattdessen nach meinem Verständnis wie folgt aussehen (70% Privatnutzung auf das Jahr bezogen).
Umsatzsteuer 19%: 570€ * 70% = 399€
Umsatzsteuer 16%: 640€ * 70% = 448€
gesamt zu zahlende USt. = 847€
Und dann könnte es noch eine Variante geben:
Ich zahle monatlich 70% der tatsächlich angefallenen USt. aus Rechnungen für das Kfz zzgl. der USt. von 1/12 des AfA Auflösungsbetrags für das laufende Jahr. Stellt mir beispielsweise eine Kfz-Werkstatt im Monat 01/2020 eine Rechnung für eine Inspektion über 500€ netto zzgl. 95€ USt (19%) aus, muss ich auch 70% der USt. privat tragen (66,50€).
Welche von all diesen Varianten ist nun die richtige?
Vielen Dank,
M. M.
Die Berechnung wäre wie folgt:
Gesamtkosten mit Umsatzsteuer bzw. Vorsteuerabzug für 1-12/2020: netto 7.000 EUR gesamt (inkl. AfA)
Gesamtkosten ohne USt für 1-12/2020: 2.000 EUR
Privatanteil von 70% lt. Fahrtenbuch am 31.12.2020
Es wären dann folgende Privatanteile zu buchen:
1-6/20: 7.000 EUR x 6/12 x 70% x 19% = 2.450 EUR zzgl. 465,50 EUR USt
7-12/2020: 7.000 EUR x 6/12 x 70% x 16% = 2.450 EUR zzgl. 392 EUR USt
Kosten ohne USt: 2.000 EUR x 70% = 1.400 EUR
Ich hoffe das war so verständlich. Sonst melden Sie sich gerne noch einmal.
Schöne Grüße!