Sonderurlaub
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Ordemann,
eine Mitarbeiterin in unserer Praxis heiratet demnächst und sie würde gerne für den Tag der Hochzeit einen Tag Sonderurlaub in Anspruch nehmen.
Sind wir dazu gesetzlich verpflichtet Sonderurlaub zu geben?
Bei welchen weiteren besonderen Ereignissen wäre dies der Fall?
Sofern wir dazu verpflichtet sind würden wir dies gerne in unserem Arbeitsvertrag mit aufnehmen. Könnten Sie uns bitte ggf. eine entsprechende Klausel zur Verfügung stellen sodass wir dies ergänzen können.
Freundliche Grüße
T. S.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Uta Ordemann
Sehr geehrter Mandant,
vielen Dank für Ihre Anfrage, zu der Folgendes anzumerken ist:
Einem Arbeitnehmer steht nach § 616 BGB ein Anspruch auf bezahlte Freistellung bzw. bezahlten Sonderurlaub zu, wenn er aus einem anderen Grund als einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähgikeit vorübergehend verhindert ist, seiner Arbeitspflicht nachzukommen. Eine vorübergehende Verhinderung ist gegeben, wenn die Dauer der Verhinderung an der Erbringung der Arbeitsleistung im Verhältnis zur Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht von Bedeutung ist, die Verhinderung somit zeitlich "nicht erheblich" ist.
Das Gesetz bestimmt nicht näher, in welchen Fällen ein solcher Freistellungsanspruch gegeben ist und für wie viele Tage dieser Anspruch jeweils besteht. Es besteht aber die Möglichkeit, dies durch Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder einen Tarifvertrag zu regeln. Zwingend erforderlich ist dies aber nicht. Sofern es keinen vertraglich normierten Anspruch gibt, orientiert sich der Freistellungsanspruch nach der Rechtsprechung und den von den Gerichten hierzu entwickelten Grundsätzen. In einigen wenigen Fällen besteht der Anspruch nach der höchstrichterllichen Rechtsprechung zwingend und auch in einem bestimmten Umfang, in anderen Fällen, wie zum Beispiel bei einem Umzug, kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an.
Für die eigene Hochzeit besteht nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gemäß § 616 BGB ein Anspruch auf einen Tag bezahlte Freistellung. Darüber hinaus kann ein Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub bzw. bezahlte Freistellung auch in den folgenden Fällen in Frage kommen, wobei die Dauer dann in der Regel von den Umständen des Einzelfalls abhängt:
- Beerdigung / Todesfall eines nahen Angehörigen (bis zu 3 Tage)
- Arztbesuch für die Dauer der Wahrnehmung des Termins, sofern ein Arztbesuch aufgrund der Praxiszeiten nicht außerhalb der Arbeitszeit möglich ist
- Erkrankung von nahen Angehörigen (bis zu 5 Arbeitstage)
- Gang zur Behörde, sofern dieser nicht außerhalb der Arbeitszeit wahrgenommen werden kann
- Erfüllung staatsbürgerlicher Pflichten wie z.B. als Schöffe oder Tätigkeit im Katastrophenschutz
- Gerichtstermin z. B. bei Ladung als Partei oder Zeuge
- Umzug, Anspruch auf einen Tag bezahlten Sonderurlaub, wenn der Umzug aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen erforderlich ist
Da die Rechtsprechung hierzu Grundsätze entwickelt hat, in welchen Fällen und wie lange jeweils ein Anspruch auf unbezahlte Freistellung gemäß § 616 BGB besteht, ist es - wie ausgeführt - nicht unbedingt erforderlich, dies auch im Arbeitsvertrag zu regeln. Es kann dann vielmehr fallweise geprüft werden, ob ein Anspruch auf vorübergehende bezahlte Freistellung gemäß § 616 BG aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht und ggfls. wie lange.
Durch eine arbeitsvertragliche Regelung würden Sie sich hingegen rechtlich binden, wenn Sie den Freistellungsanspruch und auch die Anzahl der Tage von vornherein im Arbeitsvertrag festlegen würden. Es kommt häufig auf die Umstände des Einzelfalls, wie zum Beispiel bei dem Tod eines nahen Angehörigen an, wie lange dann dieser Freistellungsanspruch besteht. Bei dem eigenen Lebenspartner sind dies 3 Arbeitstage, bei anderen Familienmitgliedern kommt es immer darauf an, in welcher Beziehung diese Person zum Arbeitnehmer stand.
Daher kann ich nicht unbedingt empfehlen, hier eine starre Regelung in den Arbeitsvertrag mit aufzunehmen, die dann jeweils einen Rechtsanspruch begründet. Hinzu kommt, dass z.B. Arbeitnehmer, die aufgrund von Gleitzeitregelungen ihren Arbeitszeitplan weitgehend selbstständig gestalten können, ebenfalls keinen Anspruch auf Sonderurlaub haben, wenn sie ihren persönlichen Verpflichtungen außerhalb der Kernarbeitszeit nachkommen können.
Daher empfehle ich eher, keine starre Regelung in den Arbeitsvertrag aufzunehmen und dann jeweils fallweise zu prüfen und zu entscheiden, ob ein Rechtsanspruch auf bezahlten Sonderurlaub bzw. bezahlte Freistellung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht und falls ja, wie viele Tage im Einzelfall gewährt werden müssen.
Sofern Sie aber eine klare und verbindliche Regelungfür alle Arbeitnehmer in den Arbeitsvertrag mit aufnehmen möchten, kann ich Ihnen hierzu gern eine ergänzende Klausel übermitteln. Ich rege aber an, dass diese dann auch die anderen o.g. Fälle mit umfassen sollte.
Falls noch Fragen hierzu bestehen, melden Sie sich gern.
Freundliche Grüße
Uta Ordemann
Rechtsanwältin
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