Prüfung Kaufvertrag für Doppelhaushälfte
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Schröter,
wir stehen kurz vor der Entscheidung eine Immobilie (Doppelhaushälfte in Potsdam/Fahrland) zu kaufen. Da wir so eine weitreichende Entscheidung nicht ohne rechtliche Prüfung des Kaufvertrages durch einen Experten treffen wollen, möchten wir Sie bitten, den beigefügten Vertrag auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Bitte geben Sie uns Bescheid, wenn Sie noch weitere Unterlagen benötigen (z.B. Baubeschreibung, Grundbuchauszug).
Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne unter 0043 6804434435 oder 0043 1 9609566 zur Verfügung.
Wir freuen uns auf Ihre schnelle Antwort und verbleiben mit freundlichen Grüßen aus Wien.
Mathias Noth und Katrin Zentrich
PS: Wir sind Deutsche und kehren dieses Jahr nach Deutschland zurück.
Sollte das momentane Gebot (70 Euro) nicht reichen, geben Sie uns Bitte Bescheid.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Marcus Schröter
Sehr geehrte Ratsuchenden,
vielen Dank für Ihre Prüfungsanfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Angaben und des übermittelten Vertrages nachfolgend beantworte:
I. 1. Verkäufer
Verkäuferin ist die WBS Achtundzwanziste Wohnungsbau GmbH und Co. KG, die durch Herrn Weigelt als vollmachtsloser Vertreter vertreten wird. Da Herr Weigelt nicht mit einer entsprechenden Vollmacht ausgestattet ist, muss der Kaufvertrag durch die Verkäuferin nachgenehmigt werden. D.h der Kaufvertrag kommt erst mit der Nachgenehmigung zustande.
Die Gesellschaft wurde im Jahr 2007 gegründet. Die WBS Achtundzwanzigste Wohnungsbau GmbH & Co. KG ist in den Konzernabschluss der Wohnungsbaugesellschaft m.b.H. Th. Semmelhaack, Elmshorn, zum 31.12.2015 einbezogen und ist von der Pflicht zur Aufstellung eines Lageberichts sowie der Offenlegung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2015 befreit.
Insoweit ist der Jahresabschluss nicht öfentlich einsehbar, so dass hier keine Aussage zu den wirtschaftlichen Verhälntissen getroffen werden können.
Eine Bonitätsprüfung des Verkäufers könnte durch Ihre finanzierende Bank erfolgen.
2. Kaufgegenstand
Gegenstand ist der Erwerb des Flurstückes Nr. 947 mit 295 m² sowie ein Werkvertrag über ein schlüsselfertig ausgebautes Doppelhaus. Sie erwerben den Grundbesitz jeweils zu gleichen Teilen
Die Verkäuferin ist bereits Eigentümerin des zu bebauenden Grundstückes.
Das Grundstück ist in Abt. II lastenfrei.
In Abt. III ist ein Grundpfandrecht eingetragen. Die Verkäuferin ist zur Finanzierung des Bauvorhabens berechtigt noch Grundpfandrechte einzutragen. Die Vornahme der Lastenfreistellung ist Fälligkeitsvoraussetzung, so dass eingetragene oder noch einzutragende Grundpfandrecht bis zur Eigentumsübertragung zu löschen sind.
Bestandteil des Vertrages ist die Baugenehmigung und die Baubeschreibung, wonach die Baugenhemigung ngabegemäß erteilt wurde. Diese ist dem Kaufvertrag beizufügen.
Die Errichtung des Doppelhauses erfolgt nach der Bau- und Leistungsbeschreibung, die Plänen vorgeht. Die Baubeschreibung wird in dem Notartermin nicht verlesen, so dass diese vorher eingehend zu prüfen ist. Abweichungen von der Baubeschreibung sind nur zulässig, wenn dies aufgrund behörderlicher Auflagen, technischer Anforderungen oder einem sonstigen wichtigen Grund erforderlich ist.
Die Bezugsfertigkeit des Objektes wird mit dem 01.07.2017 angegeben. Die Energieeinsparverordnung EnEV ist Stand 2015. Die Kosten der Erschließung sind im Kaufpreis enthalten.
Eine Abweichung der Wohnfläche von bis zu 3 % entspricht der geltenden Rechtsprechnung.
3. Kaufpreis
Der Kaufpreis ist ein Festpreis inkl. der jeweils geltenden Umsatzsteuer. Der Kaufpreis umfasst das Grundstück, die Baukosten, die Erschließung sowie die Kosten der Anschlüsse an die Ver- und Entsorgungsleistungen.
Fälligkeitsvoraussetzungen für den Kaufpreis sind:
- Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch. Diese Auflassungsvormerkung sichert Ihnen den Eigentümsübertragungsanspruch ab.
- Freistellung durch den Verkäufer von allen grundpfandrechtlichen Belastungen in Abt. III des Grundbuches. Danach müssen für die Fälligkeit Löschungsbewilligungen der Banken vorliegen zu deren Gunsten Grundschulden eingetragen sind.
- Vorliegen der erforderlichen Genehmigungen u.a. die Nichtausübung des Vorkaufsrechtes.
4. Ratenzahlung
Eine Ratenzahlung wird nicht vereinbart. Offensichtlich ist der Bau bereits fortgeschritten.
Der Kaufpreis ist vor Übergabe auf ein Notaranderkonto zu hinterlegen. Der Notar wird angewiesen den Kaufpreis zunächst zur Ablösung der in Abt. III eingetragenen Gläubigerin zu verwenden
Der Verzugszinssatz mit 5 % über dem Basiszinsatz entspricht dem gesetzlichen Zinssatz.
5. Vier Wochen nach Abschluss des Kaufvertrages haben Sie der Verkäuferin einen Kapitalnachweis über den Kaufpreis zu stellen. Die Verkäuferin gestattet Ihnen das Grundbuch mit einer Grundschuld bereits vor Eigentumsübertragung zu belasten. D.h. zur Finanzierung des Kaufpreises kann Ihre Bank nach Abschluss des Kaufvertrages eine Grundschuld eintragen.
6. Der Vertragsgegenstand muss durch Sie ausdrücklich abgenommen werden. Die Verkäuferin hat Sie hierbei schriftlich mit einem Vorlauf von zwei Wochen zum Abnahmetermin einzuladen. Die Abnahme erfolgt in einer gemeinsamen Begehung in der auch ein Abnahmeprotokoll erstellt wird. Das Abnahmeprotokoll in dem noch bestehende Mängel erfasst werden, ist von Ihnen und der Verkäuferin zu unterschreiben. Auf Grundlage dieses Abnahmeprotokolls sind die aufgenommenen zu beseitigen. Kann bei der Abnahme und der Aufnahme der Mängel keine Einigung erzielt werden, ist ein Gutachter hinzuziehen
Aus meiner Sicht ist es hilfreich einen Sachverständigen oder einen Gutachter schon bei der Begehung hinzuziehen.
Eigenleistungen sind erst nach Übergabe des Grundbesitzes zulässig.
7. Nach der vertraglichen Regelung gehen bereits mit der Abnahme Nutzen und Lasten auf Sie über. Dies wäre dann in Ordnung, wenn Abnahme und Übergabe auf den gleichen Termin fallen. Aus meiner Sicht ist die Regelung dahingehend abzuändern, dass erst mit der Übergabe Sie in alle Rechten und Pflichten eintreten.
8. Mängelansprüche richten sich nach dem BGB, was eine Gewährleistungsfrist von 5 Jahren ab dem Datum der Abnahme auf die Werkleistungen bedeutet. Mängel an dem Grundstück werden ausgeschlossen, soweit dies zulässig ist
9. Eintragung von Dienstbarkeiten
Die Verkäuferin ist berechtigt zu Lasten des Grundbesitzes Grunddienstbarkeiten einzutragen, die erforderlich sind um Wege- Geh-, Leitungs- und Versorgungsrechte abzusichern.
10. Zur Absicherung des Übertragungsanspruches wird zu Ihren Gunsten eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Diese wird in Abt. II des Grundbuches eingetragen und wird gelöscht, sobald Sie als Eigentümer eingetragen sind.
11. Insgesamt ist der Vertrag in Ordnung und enthält keine überraschenden Klauseln, wobei der Kaufvertrag insgesamt verkäuferfreundlich gestaltet ist.
II. Wesentlicher Inhalt des Vertrages ist die Baubeschreibung. Diese sollten Sie eingehend prüfen, ob diese Ihren Vorstellung entspricht.
Laut Baubeschreibung sind die Kosten der Baugenehmigung un die daraus anfallenden Gebühren sowie die Bauherrenhaftpflichtversicherung inbegriffen.
Im weiteren ist die Baustelleneinrichtung als auch die Versorgung im Preis inbegriffen.
In der Baubeschreibung fehlt die Angabe des Herstellers der Heizungsanlage. Dies sollte die Verkäuferin nachreichen. Gleiches gilt für die Herstellerangaben der Heizkörper.
Bei den Sanitärobjekten sollten ebenfalls Herstellerangaben ergänzt werden.
Aus dem Kaufvertrag und der Baubeschreibung geht nicht hervor, welchen Gebäudetyp Sie erwerben. Dies sollte dahingehend ergänzt werden, ob das Doppelhaus einen Keller umfasst und welche Heizungsform (Gasheizung oder Nah- oder Fernwärem) eingerichtet wird.
Insgesamt ist die Baubeschreibung sehr allgemein, da sie für eine Vielzahlung von Immobilien gilt. Es ist aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtluch, welcher Haustyp erstellt wird. Insoweit bedarf es hier noch einer Konkretisierung.
Die angeführte Vollmacht kommt hier nicht zur Anwendung.
III. Folgende Punkte sollten noch geklärt bzw. ergänzt werden.
1. Prüfung der Bonität der Verkäuferin durch Ihre Bank.
2. Die Verpflichtung zum Nachweis der vorhandenen finanziellen Mittel erfolgt sehr früh, hier vier Wochen nach Abschluss des Kaufvertrages. Aus meiner Sicht sollte die vierwöchige Frist frühestens mit der Nachgenehmigung beginnen. Aufgrund des Nachweises der finanziellen Mittel wird keine Zwangsvollstreckungsklausel aufgenommen, wonach Sie sich hinsichtlich der Zahlung des Kaufpreises der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfen.
3. Da Sie bereits die finanziellen Mittel nach Abschluss des Kaufpreises nachweisen müssen, sehe ich keine Notwenigkeit, dass der Kaufpreis bereits zur Abnahme hinterlegt sein muss. Dies sollte gestrichen werden. Vielmehr ist die Hinterlegung sieben Tage vor Übergabe (nicht Abnahme) vorzunehmen.
4. Es fehlt eine Regelung für eine Vertragsstrafe. Bei einer Überschreitung der Bauzeit sollte pro Tag eine Vertragsstrafe von X EUR vereinbart werden ( in der Regel begrenzt auf 5 % der Bausumme).
5. Hinzuziehen eines Sachverständigen bei der Abnahme.
6. Befristetes und kostenfreies Rücktrittsrecht, wenn der Kaufvertrag nicht zeitnah (zwei Wochen) nachgehmigt wird.
7. Nachweis der Bauherrenhaftpflichtversicherung des Verkäufers.
Ich hoffe ich konnte Ihnen weiterhelfen und stehe bei Nachfrage gerne zur Verfügung.
Mit besten Grüßen
Marcus Schröter
Rechtsanwalt
Sie haben eine Frage im Bereich Immobilienrecht?
Raten Sie nicht weiter!
Unsere Rechtsanwält*innen geben Ihnen gerne eine kostenlose
Ersteinschätzung zu Ihrem Anliegen.
Jetzt kostenlose Ersteinschätzung einholen