Prüfung des Immobilienkaufvertrags
Beantwortet
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Dr. Andreas Neumann,
nach dem Vergleich aller zur Verfügung stehenden Anwälte scheinen Sie die beste Qualifikation für mein Anliegen zu haben, deshalb wende ich mich an Sie.
Ich bitte Sie um Prüfung des Immobilienkaufvertrags und würde mich freuen, wenn Sie mir diesbezüglich Ihre Hinweise und Vorschläge zu meiner Rechtssicherheit als Käufer unterbreiten würden.
Es handelt sich um eine Dreizimmerwohnung die sich im 2.OG und DG einer WEG befindet. Ursprünglich wurde die Wohnung mit 120m2 Wohnfläche zum Kauf angeboten. Nach meiner Überprüfung kam ich jedoch darauf, dass es sich bei dem Wohnraum im DG um eine reine Lagerfläche mit 40m2 handelt. Der Kaufpreis wurde jetzt entsprechend auf die 80m2 angepasst.
Der Dachstuhl (Lagerraum) ist mit Nut und Feder Brettern verkleidet und der Boden mit Laminat belegt. Außerdem befindet sich ein Sanitärraum mit 3,4m2 mit einer Dusche, WC und Waschbecken darin, was nach meiner Kenntnis in Lagerräumen zulässig ist. Außerdem sind 2 Dachfenster eingebaut und ein Gibelfenster.
Ich möchte keine Probleme seitens der Baubehörde haben. Deshalb ist mir wichtig, dass alles im Kaufvertrag festgehalten und richtig formuliert ist.
Ich wollte noch gerne den Teilungsplan ansehen und mit der Teilungserklärung vergleichen, dieser wurde bis jetzt aber noch nicht vorgelegt. Nach meiner Recherche gilt der Teilungsplan vor der Teilungserklärung!? Lediglich die Teilungserklärung liegt mir vor.
Bei Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen,
M. D.
Anlagen:
-Kaufvertragsentwurf
-Teilungserklärung
-Zwei Grundrisspläne
Mobil +49 (0)151 40002042
E-Mail: glaserei@M.-D..de
Burgstrasse 20a
82467 Garmisch-Partenkirchen
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort des Experten
Sehr geehrte/r Ratsuchende/r,
nochmals besten Dank für die Direktanfrage hier auf dem Portal. Sollte ein weitere Vorgehen insbesondere gegenüber den Behörden durch mich erwünscht sein, so kommt hier ein ordnungsgemäßes Mandat unserer Kanzlei Port7 Rechtsanwälte in Münster in Betracht.
Vorab zu Ihrer wichtigen Frage nach der Zulässigkeit der sanitären Anlagen im Lagerraum:
Es gibt insoweit keinen Automatismus nach dem Motto immer zulässig oder immer nicht zulässig. Es kommt vielmehr ganz entscheidend auf die erteilte(n) Baugenehmigung(en) an. Ich empfehle ausdrücklich eine Einsichtnahme in die Bauakte und Prüfung dieser Genehmigungen. Es kommt häufig vor, dass bauliche Veränderungen mit Eingriff in die Statik nicht ordnungsgemäß angezeigt werden, so dass ein Schwarzbau vorliegt. Diesen kann die Baubehörde jederzeit unter Androhung eines Zwangsgeldes, notfalls im Wege der Selbstvornahme beseitigen. Daher meine Idee mit einer Akteneinsicht und weiteren Recherchen, die gerne jederzeit möglich sind.
In der Tat ist der Aufteilungsplan maßgebend, sowie der Stellplatzplan. Auf den Aufteilungsplan wird ja auch in der Teilungserklärung an unzähligen Stellen verwiesen. Das bedeutet, dass Ihnen ohne diese Pläne lediglich unvollständige Unterlagen vorliegen. Für eine Checkliste der weiteren Bauunterlagen lesen Sie gerne meinen Fachaufsatz unter http://www.juraarchiv.de/dokumentation-herausgabe-von-bauunterlagen/
Im Nachhinein ist es oft schwierig, diese zu erhalten.
Zur Vollständigkeit gehört unbedingt auch eine Einsichtnahme in die Beschluss-Sammlung beim Verwalter. Hier erlebt man oftmals böse Überraschungen etwa im Hinblick auf bereits beschlossene Sonderumlagen. Informieren Sie sich insoweit bitte gründlich, da Sie nicht nur in die Teilungserklärung samt Gemeinschaftsordnung eintreten werden, sondern eben auch in sämtliche Beschlüsse.
Ferner existiert in Abteilung II des Grundbuchs eine Dienstbarkeit. Den Inhalt der Dienstbarkeit entnehmen Sie bitte der Bewilligungsurkunde in der Grundakte beim Grundbuchamt. Der Notar müsste insweit eine erweiterte Grundbucheinsicht nehmen und sich die Bewilligungsurkunde (einfache Kopie reicht) herausgeben lassen.
Es sind in Abteilung III zwei brieflose Grunschulden eingetragen, für dieselbe Bank. Bitte beachten Sie, dass die eingetragenen Beträge den Kaufpreis übersteigen. Es müsste daher unbedingt noch hinterfragt werden, wie hoch die Darlehen aktuell noch valutieren. Ansonsten droht das Notleiden des Kaufvertrags. Wenn nämlich die aktuell noch bestehenden Darlehen höher sind als der Kaufpreis, kann der Kaufvertrag möglicherweise nicht vollzogen werden.
Sie erwerben Alleineigentum. Die Instandhaltungsrücklage ist gesondert ausgewiesen, über die der Verkäufer allerdings streng genommen gar nicht verfügen kann, da die Instandhaltungsrücklage der Gemeinschaft gehört und nicht dem Verkäufer. Im Falle von mitverkauften beweglichen Gegenständen (hierzu gehört auch eine Einbauküche) sollten diese ebenfalls gesondert ausgewiesen werden, weil dadurch die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer gesenkt werden kann.
Sie kaufen von einer GbR, was für Sie nicht von Nachteil ist. Im Falle eines Rechtsstreits sind neben der GbR auch die beiden Gesellschafter in ein Rubrum aufzunehmen, zB mit zu verklagen, also sowohl die Gesellschaft als auch jeden einzelnen Gesellschafter persönlich. Aber darauf wird es ja hoffentlich gar nicht ankommen. Der Notar hat auf Seite fünf einige treffende Formulierungen aufgenommen, die den Kauf von der Existenz der GbR unabhängig machen.
Für die Fälligkeit des (im Verhältnis zu den eingetragenen Grundschulden wie oben erläutert geringen) Kaufpreises sind neben der unabdingbaren Vormerkung zu Ihren Gunsten auch die Löschungsbewilligungen der eingetragenen Bank erforderlich, die dem Notar unter Treuhandauflage übersandt werden. Die dadurch bedingten Mehrkosten hat wie üblich der Verkäufer zu tragen. Eine Verwalterzustimmung nach § 12 WEG ist laut Entwurf nicht erforderlich, auch in der Teilungserklärung konnte ich ein entsprechendes Erfordernis nicht finden, insbesondere nicht in § 11. Das wäre eine weitere Fälligkeitsvoraussetzung. Sicherheit haben Sie aber nur, wenn Ihnen auch der Grundbuchauszug vorgelegt wird, der hier ebenfalls noch fehlt.
Eines Negativattests bezüglich etwaiger Vorkaufsrechte bedarf es vorliegend aber nicht, siehe zu diesem Thema bei näherem Interesse meinen kleinen Fachartikel auf meiner Homepage unter https://immoanwalt.nrw/blog/rechtssicherheit-gegenueber-gemeindlichen-vorkaufsrechten-beim-immobilienkauf/
Verbindlich für die Zahlungen wird die Fälligkeitsmitteilung des Notars sein, die in der Regel aber auch von einer finanzierenden Bank geprüft wird (nach Abschnitt J wollen ja auch Sie noch eine Grundschuld bestellen).
Auf die Zwangsvollstreckungsunterwerfung in Abschnitt D sollte möglichst verzichtet werden, und wenn sie unverzichtbar sein sollte, dann sollten sich auch die Verkäufer wegen der Übergabepflicht entsprechend unterwerfen. Mit einer solchen Unterwerfung ist die Gefahr verbunden, dass nach Fälligkeit direkt ein Gerichtsvollzieher zB mit der Kontenpfändung beauftragt werden könnte. Das ist beim Kauf unter Privaten nach meinem Dafürhalten nicht erforderlich, und wenn dann aber bitte beiderseitig. Der Notar ist verpflichtet, ein ausgewogenes Vertragsverhältnis zu kreieren.
Die Regelungen zum Besitzübergang sind in Ordnung, zu Ihren Gunsten ist insbesondere eine Garantie bezüglich rückständiger Wohngelder aufgenommen. Diese sollte ggfls., falls eine Einsichtnahme in die Beschluss-Sammlung nicht erfolgen sollte, um Sonderumlagen ergänzt werden.
Wegen der Erschließungskosten erkundigen Sie sich bitte ebenfalls noch bei der Gemeinde, ob da irgendetwas noch nicht abgerechnet ist. Denn nach der vorgesehenen Regelung - der sogenannten Bescheidlösung - tragen Sie alle per Bescheid nach Übergabe geltend gemachten Kosten, unabhängig vom Zeitpunkt der Maßnahmen. Besser wäre die sogenannte Baubeginnslösung. Sprechen Sie dies gegebenenfalls auch noch an, insbesondere wenn Sie sich den Gang zur Gemeinde ersparen wollen. Nach der Baubeginnslösung werden alle bis zur Übergabe begonnenen Maßnahmen noch vom Verkäufer getragen. Natürlich besser für Sie. Ob die Verkäufer einverstanden sind, ist eine Verhandlungsfrage.
In Abschnitt G befinden sich die üblichen Haftungsausschlüsse, beim Gebrauchtimmobilienkauf üblich und zulässig. Bei der Vormerkung in Abschnitt H wird in den aktuellen Notarlehrgängen eigentlich immer die sogenannte auflösend bedingte Vormerkung gepredigt. Dies sollten Sie nicht ansprechen, da die vorgesehene Vollmachtslösung besser für Sie ist. Falls gewünscht kann ich Ihnen die Details noch näher erläutern, darauf kommt es hier aber nicht an.
Bei der Auflassung wählt der Notar die Bewilligungslösung, was auch meine favorisierte Lösung ist. Der Notar gibt danach nach Kaufpreisbestätigung (entweder durch die Verkäufer oder durch Ihre Bank) die Bewilligung zur Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt ab. Das ist anerkannt und rechtssicher.
Die notariellen Hinweise und Belehrungen mache ich mir zueigen. Auch alle übrigen Regelungen sind üblich, kurz und bündig. Der Makler erwirbt durch den Vertrag keinen eigenen Anspruch.
Ich hoffe, dass Ihnen meine Vertragsprüfung hilft. Wie eingangs angedeutet freue ich mich, wenn daraus ein längerfristiges Mandat unserer Kanzlei werden könnte.
Mit den besten Grüßen aus Münster in Westfalen
Dr. Andreas Neumann
Rechtsanwalt
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